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7 Werwolfstories

7 Werwolfstories

Titel: 7 Werwolfstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Schelwokat
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ei­ne Krank­heit. Wir sind nicht un­s­terb­lich. Vor lan­ger Zeit muß es Mu­ta­tio­nen ge­ge­ben ha­ben, bei de­nen die Zir­bel­drü­se ak­ti­viert war; aber kei­ne der Ar­ten über­leb­te, au­ßer den Wer­wöl­fen, und die Wer­wöl­fe sind Be­ses­se­ne – wie ich. Wir ster­ben aus.
    Ei­nes Ta­ges wird es wie­der ei­ne Mu­ta­ti­on ge­ben, bei der die Ak­ti­vi­tät der Zir­bel­drü­se in an­de­re Bah­nen ge­lenkt ist, und dann wer­den al­le Men­schen ih­re Ge­stalt ver­än­dern kön­nen, oh­ne da­für die­sen schreck­li­chen Kan­ni­ba­lis­mus als Stra­fe auf sich neh­men zu müs­sen. Aber für uns, die Ly­kan­thro­pen, die le­ben­den Irr­tü­mer der Evo­lu­ti­on, gibt es kei­ne Hoff­nung.
    Es ist nicht gut, wenn ein Mensch von Land zu Land wan­dern muß, im­mer wis­send, daß er in den Au­gen sei­ner Mit­menschen ein Mon­s­trum und von sei­nem Gott auf ewig ver­flucht ist – wenn er über­haupt einen Gott hat. Ich bin durch Eu­ro­pa ge­reist, ha­be Kon­zer­te ge­ge­ben und da­mit an­de­ren Freu­de be­rei­tet, ich ha­be für an­de­re Kom­po­si­tio­nen ge­schrie­ben, ha­be Men­schen ken­nen­ge­lernt und Freund­schaf­ten ge­schlos­sen, und im­mer gab es frü­her oder spä­ter Ge­flüs­ter, selt­sa­me Bli­cke und auf­kei­men­den Schre­cken.
    Ob ich nun als das Scheu­sal ge­jagt wur­de, das ich war, oder ob es sich nur um einen lang­sam wach­sen­den Ab­scheu han­del­te – man hat mich ver­trie­ben. Haß, Sil­ber, Kru­zi­fi­xe – das ist im Grun­de ge­nom­men al­les das­sel­be.
    Manch­mal konn­te ich ein paar Mo­na­te un­ge­stört an ei­nem Ort blei­ben, und dann be­kam mein Le­ben den An­strich ei­nes nor­ma­len Da­seins. Ich konn­te mich der Mu­sik wid­men und Men­schen um mich ha­ben, die ich gern hat­te, und – sel­ber Mensch sein. Dann blüh­te die Wolfs­blu­me wie­der, und die Luft trug ih­ren Blü­ten­staub, und wenn das Licht des Mon­des auf die­se Blu­me fiel, dann koch­te in mei­nem Blut die­ses Et­was, das ich in mir tra­ge.
    Und dann mach­te ich mei­nen Freun­den ge­gen­über Aus­flüch­te und ging nach Schwe­den, wo Lund­gren leb­te, und wo es viel spä­ter Früh­ling wur­de. Ich hat­te Lund­gren sehr gern, und ich glaub­te, er hat nie et­was ge­merkt bis vor­ges­tern abend; ich war im­mer sehr vor­sich­tig.
    Ein- oder zwei­mal reis­te ich nicht nord­wärts, und dann häm­mer­ten die Leu­te, die mei­ne Freun­de ge­we­sen wa­ren, hin­ter mei­nem Rücken Sil­ber und war­te­ten an dunklen Ecken auf mich. Nach­dem das jah­re­lang so ge­gan­gen war, woll­te man mich nicht mehr in Mit­tel­eu­ro­pa. Gleich­zei­tig mit mei­nem Ruhm als Kom­po­nist und Pia­nist ver­brei­te­ten sich dunkle Ge­rüch­te, von de­nen kei­nes die Wahr­heit traf, aber na­he ge­nug her­an­kam.
    Städ­te, in de­nen ich nie zu­vor ge­we­sen war, ver­schlos­sen mir ih­re Pfor­ten. Die Kon­zert­sä­le wa­ren auf vie­le Mo­na­te vor­aus ge­bucht, so daß ich kei­nen Ter­min be­kom­men konn­te, Gast­hö­fe und Ho­tels wa­ren auf un­be­stimm­te Zeit be­legt, nie­mand hat­te mehr Zeit, mit mir zu spre­chen, mei­nem Spiel zu lau­schen, mir einen Brief zu schrei­ben.
    Ich war auch ver­liebt, aber – dar­über kann ich nicht spre­chen.
    So ging ich nach Ame­ri­ka. Dort glaubt nie­mand an Wer­wöl­fe. Ich such­te nach wis­sen­schaft­li­cher Hil­fe, worum ich Lund­gren nie ge­be­ten hat­te, weil ich fürch­te­te, ihm zu scha­den. Aber ich hoff­te drü­ben je­man­den zu fin­den, der mit dem fer­tig wer­den konn­te, was aus mir ge­wor­den war. Ich pfleg­te zu sa­gen, ich sei wäh­rend ei­ner Jagd auf Graf Hrut­kais Be­sit­zun­gen ge­bis­sen wor­den und hät­te im Herbst dar­auf den ers­ten An­fall ge­habt.
    Aber al­les schlug fehl. Gleich­gül­tig, wo­hin ich ge­he, der pri­mi­ti­ve Haß ge­gen das, was ich bin, ist im Her­zen der Men­schen ge­nau­so ver­an­kert wie in den Her­zen der Hun­de. Es gab kei­ne Hil­fe für mich.
    Ich bin ge­kom­men, um zu bit­ten, daß end­lich ein En­de ge­macht wird.«
    Lang­sam roll­ten Trä­nen über Do­ris’ Wan­gen. Die Stim­me schwand da­hin. Sie schi­en nicht zu ver­stum­men, son­dern sich in ei­ne pri­va­te Höl­le

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