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7 Werwolfstories

7 Werwolfstories

Titel: 7 Werwolfstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Schelwokat
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nichts. Nach kur­z­er Zeit wird der Dok­tor sich ge­zwun­gen se­hen, sie zu un­ter­su­chen. Und dann …«
    »Sie wird den Wolf se­hen?« wie­der­hol­te ich. »Wirk­lich se­hen?«
    »Ja.«
    »Wann?«
    »Heu­te nacht, wenn du willst.«
    Ich nick­te lang­sam. Dann über­fie­len mich Zwei­fel. »Aber sie ist schon bei­na­he völ­lig mit den Ner­ven fer­tig. Sie wird sich zu sehr fürch­ten, in den Wald zu ge­hen.«
    »In die­sem Fall wird der Wolf zu ihr kom­men.«
    »Gut. Ich wer­de die Spu­ren ver­wi­schen, ge­nau wie heu­te früh.«
    »Ja. Und es wä­re bes­ser, wenn du heu­te nacht nicht in der Hüt­te blie­best. Du bist ein sen­si­bler Mensch, Charles. Es wür­de dir weh tun, die Pa­nik dei­ner Frau mit an­se­hen zu müs­sen.«
    Vio­lets Bild trat vor mei­ne Au­gen – das Bild ih­res angst­ver­zerr­ten Ge­sichts, ih­rer auf­ge­ris­se­nen Au­gen, ih­res Mun­des, der sich zu ei­nem gel­len­den Angst­schrei öff­ne­te, als das Un­ge­heu­er aus ih­rer Phan­ta­sie sich plötz­lich vor ihr zum Sprung duck­te. Ja, ge­nau­so wür­de es sich ab­spie­len, und zwar bald.
    Ich lä­chel­te.
    Li­sa lä­chel­te zu­rück. Als ich weg­ging, konn­te ich sie la­chen hö­ren, und mir kam der Ge­dan­ke, daß an ih­rer Hei­ter­keit et­was Un­na­tür­li­ches sei.
    Dann be­griff ich die Wahr­heit. Li­sa war selbst nicht ganz nor­mal.
     
    An die­sem Abend wech­sel­ten wir beim Es­sen kein Wort. Als der Mond über dem See auf­stieg, stand Vio­let auf und ließ die Rol­los her­un­ter, wo­bei sie das Ge­sicht ver­zog.
    »Was ist. Lie­bes? Ist es zu hell für dei­ne Au­gen?«
    »Ich has­se es, Charles.«
    »Aber es ist doch wun­der­schön?«
    »Nicht in mei­nen Au­gen. Ich has­se die Nacht.«
    Ich konn­te es mir leis­ten, groß­zü­gig zu sein. »Vio­let, ich ha­be nach­ge­dacht. Die­se Ge­gend hier ist nicht gut für dei­ne Ner­ven. Meinst du nicht, daß es für dich bes­ser wä­re, in die Stadt zu­rück­zu­fah­ren?«
    »Al­lein?«
    »Ich wür­de nach­kom­men, so­bald ich mit mei­ner Ar­beit fer­tig bin.«
    Vio­let strich sich ei­ne kas­ta­ni­en­brau­ne Lo­cke aus der Stirn. Es traf mich wie ein Schlag, als ich be­merk­te, daß der kupf­ri­ge Schim­mer ver­schwun­den war. Das Haar hat­te kei­nen Glanz mehr; es sah stumpf und leb­los aus.
    »Nein, Charles. Ich könn­te nicht al­lein fah­ren. Er wür­de mir fol­gen.«
    »Er?«
    »Der Wolf.«
    »Aber Wöl­fe ge­hen nicht in die Städ­te.«
    »Ge­wöhn­li­che Wöl­fe nicht. Aber die­ser …«
    »Wie­so denkst du, daß die­ser Wolf, den du – äh – siehst, kein ge­wöhn­li­cher ist?«
    Sie be­merk­te mein Zö­gern, aber ih­re Ver­zweif­lung war stär­ker als ih­re Zu­rück­hal­tung. Sie sprach has­tig wei­ter.
    »Weil er nur nachts kommt. Weil es hier kei­ne ech­ten Wöl­fe gibt. Weil ich das Bö­se spü­re, das von ihm aus­geht. Er läuft nur mir nach, Charles – er ver­folgt mich! Und nur mich al­lein. Er scheint dar­auf zu war­ten, daß et­was ge­schieht. Wenn ich fort­gin­ge, wür­de er mir fol­gen. Ich kann ihm nicht ent­kom­men.«
    »Du kannst ihm nicht ent­kom­men, weil er in dei­nem Ge­hirn ist«, schnapp­te ich. »Vio­let, ich ha­be sehr viel Ge­duld ge­habt. Ich ha­be mei­ne Ar­beit ver­nach­läs­sigt und mich um dich ge­küm­mert. Ich ha­be mir dei­ne Phan­tas­te­rei­en jetzt zwei Wo­chen lang an­ge­hört. Aber wenn du dir nicht selbst hel­fen kannst, dann müs­sen an­de­re es tun. Ich war heu­te nach­mit­tag so frei und ha­be dei­nen Fall mit Dok­tor Me­roux be­spro­chen. Er möch­te dich se­hen.«
    Un­ter der Wucht mei­ner An­schul­di­gun­gen und Be­haup­tun­gen schi­en sie zu­sam­men­zu­bre­chen.
    »Dann ist es al­so wahr«, flüs­ter­te sie. »Du glaubst wirk­lich, daß ich den Ver­stand ver­lo­ren ha­be …?«
    »Es gibt kei­ne Wer­wöl­fe«, sag­te ich. »Ich kann eher an ei­ne geis­ti­ge Ver­wir­rung als an ein über­na­tür­li­ches We­sen glau­ben.«
    Ich stand auf.
    »Wo gehst du hin?« frag­te Vio­let ent­setzt.
    »Zu Le­on«, sag­te ich. »Ich brau­che einen Drink. Die­se Sa­che geht mir auf die Ner­ven.«
    »Charles, laß mich nicht al­lein – heu­te nacht.«
    »Angst vor ima­gi­nären Wöl­fen?« frag­te ich sanft. »Na hör mal, mei­ne Lie­be! Wenn du

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