7 Werwolfstories
beiden war. Ich verlor das Bewußtsein.
Als ich am folgenden Nachmittag zu mir kam, verband Dr. Meroux gerade Violets Wunde. Sie konnte schon wieder aufstehen und brachte mir etwas Suppe. Dann schlief ich wieder ein.
Am nächsten Morgen kam Meroux wieder. Ich fühlte mich kräftig genug, im Bett aufzusitzen und ihm Fragen zu stellen. Was er berichtete, beruhigte mich.
Allem Anschein nach hatte Dr. Meroux sehr weise gehandelt. Er hatte die Werwolf-Geschichte bestätigt, die tote Kreatur jedoch nicht als Lisa identifiziert. Mit Cragins Hilfe wurde die Sache vertuscht. Schließlich hätte eine weitere Untersuchung keinen Sinn gehabt. Um des allgemeinen Friedens willen war es für alle Beteiligten am besten, die Angelegenheit fallenzulassen.
Violet war fast wieder ihr altes Selbst.
Gestern nacht beichtete ich ihr alles.
Sie lächelte nur.
Vielleicht, wenn sie sich ganz erholt hat, wird sie in die Stadt zurückkehren und die Scheidung einreichen. Sie hat sich weder anmerken lassen, daß sie mir vergeben hat, noch hat sie sich irgendwie geäußert. Sie scheint unruhig und verstört zu sein.
Heute hat sie einen Spaziergang unternommen.
Ich habe den ganzen Nachmittag hier gesessen und diesen Bericht getippt. Ich denke, daß sie jetzt, da die Sonne untergegangen ist, zurückkommen wird. Falls sie nicht schon heimlich in die Stadt zurückgefahren ist. Aber da die Wunde erst halb verheilt ist, würde sie wahrscheinlich noch keine Reise unternehmen.
Über dem See steigt der Mond auf, aber ich will ihn nicht sehen. Ich kann nichts ertragen, was an die vergangenen Ereignisse gemahnt. Indem ich dies schreibe, hoffe ich, mich von den Erinnerungen zu reinigen.
Vielleicht werde ich irgendwann einmal wieder Frieden finden. Ich bin jetzt davon überzeugt, daß Violet mich haßt, aber sie wird sich scheiden lassen, und ich werde weiterleben.
Ja. Sie sah aus, als hasse sie mich. Weil ich einen Werwolf schickte, der sie töten sollte …
Aber ich schweife ab. Ich darf nicht daran denken. Nein.
Und doch muß ich an etwas denken. Ich will noch nicht mit dem Schreiben aufhören. Dann wäre ich gezwungen, allein hier zu sitzen, während die Nacht sich als Grabtuch auf eine tote Erde herniedersenkt. Ja, ich würde hier sitzen müssen und dem Schweigen lauschen. Ich würde ansehen müssen, wie der Mond über dem See aufsteigt, und auf Violets Rückkehr warten.
Wo mag sie heute wohl hingegangen sein? Mit der Halswunde ist es nicht gut für sie, weit zu gehen.
Die Wunde in ihrem Hals – wo Lisa sie gebissen hatte.
Da ist etwas, woran ich mich in diesem Zusammenhang zu erinnern versuche. Aber ich kann nicht klar denken. Doch ich weiß, daß ich mir etwas über die Wunde ins Gedächtnis zurückrufen will. Das hat auch mit meiner Furcht vor dem Mondlicht und vor dem Alleinsein zu tun.
Was war es nur?
Jetzt weiß ich es wieder!
Ja. Ich erinnere mich.
Und ich bete darum, daß Violet nie wiederkommt.
Sie war unruhig heute, und sie ging allein in den Wald. Ich weiß, weshalb sie wegging.
Die Wunde übt ihren Einfluß aus.
Ich erinnere mich an Lisas Worte, als ich ihr sagte, daß die kleine Yvonne tot sei. Sie hatte Gott gedankt. Weil Yvonne, wenn sie den Biß überlebt hätte, auch ein …
Violet war gebissen worden. Violet war nicht gestorben. Jetzt kann das Gift in ihrem Körper arbeiten. Und der Mond steht hoch, hoch über dem See. Violet, die durch den Wald rennt, ist ein …
Da! Draußen vor dem Fenster – ich kann sie sehen!
Ich kann es sehen.
Während ich das schreibe, schleicht es auf die Hütte zu. Ich kann es im Mondlicht sehen, das das glatte Rückenfell aufschimmern läßt. Das Mondlicht glänzt auch auf der schwarzen Schnauze und auf den spitzen, scharfen Zähnen.
Violet haßt mich.
Violet kommt zurück. Aber nicht als – Frau.
Habe ich die Tür
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