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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Hintertür, um diese zu probieren. Sie war verriegelt, wie immer des Nachts.
    Nun kletterten sie, alles Geräusch vermeidend, auf den Wagen und krochen wieder so weit in das Grummet hinein, daß nur ihre Gesichter aus demselben hervorschauten.
    In der Stube und dem Schlafraum der Bäuerin war es dunkel. Dann aber wurde es plötzlich in dem letzteren licht, so plötzlich, daß dieses Licht bereits vorhanden gewesen sein mußte und nicht erst angebrannt wurde.
    „Schau, sie hat doch Licht und ist hier oben“, flüsterte der Sepp. „Siehst's, wo sie war?“
    „Ja, im Versteck. Sie kommt aus dem Schrank heraus.“
    Die Bäuerin stellte, als sie aus dem Schrank getreten war, das Licht auf den Tisch und beschäftigte sich mit einem kleinen Gegenstand, welchen sie in der anderen Hand gehabt hatte.
    „Siehst's, was sie hat?“ flüsterte der Sepp.
    „Ja, einen Revolver.“
    „Sie lädt ihn. Sappermenten, da hat sie wohl schlimme Absichten!“
    „Vielleicht braucht's ihn nur, um sich zu verteidigen, wann man sie fangen will.“
    „Möglich. Wollen weiter sehen.“
    Aber sie bekamen zunächst nichts zu sehen, denn die Bäuerin blies das Licht aus.
    „Sollt's schlafen gehen“, meinte Fritz.
    „Nein. Da hätt's sich vorher entkleidet. Der Bastian ist fort, ihr voran. Sie wird ihm folgen.“
    „Wollen wir ihr nach?“
    „Das weiß nicht noch nicht!“
    „Wann wir ihr folgen wollen, dann müssen wir jetzund vom Wagen herab, denn sie wird zu dera Hintertüren herauskommen. Da sind wir nachher gleich hinter ihr her.“
    „Gut, wollen also – halt! Wieder schnell hinein!“
    Sie hatten sich bereits mit dem Oberkörper aus dem Grummet erhoben, fuhren aber augenblicklich wieder tief hinein, denn die Bäuerin öffnete ihr Fenster und blickte heraus.
    Sie verharrte wohl fünf Minuten lang in ihrer lauschenden Stellung. Dann öffnete sie auch den anderen Fensterflügel. Sie ließ etwas zur Erde nieder und trat dann wieder zurück.
    „Was hat's herunterworfen?“ meinte Fritz.
    „Weiß es nicht. Der Schatten läßt's einem nicht genau sehen. Pst! Da ist sie wieder!“
    Jetzt sahen sie zu ihren Erstaunen, daß die Bäuerin aus dem Fenster stieg. Schnell und gewandt wie ein geübter Turner. Als sie sich außerhalb befand, zog sie die beiden Fensterflügel heran und glitt zur Erde nieder. Ein Rauschen wie von einem Strick, welcher sich an einem Balken reibt, war zu hören; die Fensterflügel öffneten sich ein wenig wieder, als ob etwas zwischen ihnen hindurchgezogen werde, und dann glitt die Bäuerin fort, am Haus hin, in den Scheunengang hinein und hinaus in den Garten.
    Das war so schnell geschehen, daß es kaum so schnell erzählt werden kann.
    „Sapperment! Wie ist sie denn da herabkommen?“ meinte der Fritz.
    „An einem Strick, wie es scheint.“
    „So muß es sein. Aber ich denk, wir wollen ihr nach?“
    „Das ist noch unbestimmt. Wenigstens muß ich sehen, wohin sie ist.“
    Er glitt blitzschnell vom Wagen herab, und Fritz folgte ihm. Sie eilten nach der Scheune und durch den Gang hinaus in den Garten. Da sahen sie eben die Bäuerin über den Zaun springen. Als sie an denselben gelangten und durch die Latten blickten, bog sie nach oben demselben Rain ein, welchem vorhin der Bastian gefolgt war.
    „Hab mir's denkt“, sagte der Sepp. „Sie macht ihm nach.“
    „Aber wohin?“
    „Wer kann das wissen!“
    „Wär es nicht gut, wann wir es zu derfahren suchten?“
    „Ja, das wär schon gut; aber wir werden's nicht derfahren.“
    „Warum nicht? Wir brauchten ihr ja nur zu folgen.“
    Der Sepp schaute nachdenklich durch die Latten hinaus, lachte leise vor sich hin und antwortete:
    „Da hast freilich recht. Also lauf ihr nach! Versuch's doch mal!“
    „Du nicht mit?“
    „Nein. So dumm bin ich nicht. Siehst denn nicht den Mondschein, daß es fast taghell ist? Wannst ihr nachlaufst, so braucht's sich nur mal umzuschauen, so sieht sie dich sofort. Dann ist's gefehlt.“
    „Man muß sich nur fern genug von ihr halten.“
    „Du wirst sie bald aus dem Aug verlieren, besonders wann sie an den Wald gelangt ist. Nachher stehst bei denen Bäumen, sperrst das Maul aufi und weißt nicht, wohinst gehen sollst, ob rechts, ob links oder gradaus.“
    „Hm! Das ist dumm! Aber du hast recht.“
    „Es ist also am besten, wir bleiben hier.“
    „Ich muß doch fort.“
    „Schon! Ist die Zeit bereits da?“
    „Es wird bald Mitternacht sein.“
    „So nimm dir wenigstens noch die Zeit, nochmals mit zurückzukommen. Wir

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