711 N. Chr. - Muslime in Europa
islamischer Glaubensvorstellungen – setzten von Nordafrika auf die Iberische Halbinsel über und übernahmen Schritt für Schritt die Macht in al-Andalus. Schon im Mai 1146 waren die ersten Heerscharen im Süden Spaniens angelangt, wo sie alsbald die Herrschaft in Sevilla und Córdoba sowie anderen wichtigen Stützpunkten übernahmen. Zwar stießen sie mancherorts auf den erbitterten Widerstand ihrer Glaubensbrüder, doch behielten die neuen Invasoren am Ende die Oberhand. Bis 1172 brachten sie al-Andalus nahezu vollständig unter ihre Kontrolle. Bereits zuvor hatten sie Marokko erobert und die Almoraviden 1147 aus der Hauptstadt Marrakesch vertrieben. Überhaupt betrachteten sie ihre almoravidischen Glaubensgenossen als den größten Feind, gegen die der Dschihad unerbittlich vorangetrieben werden musste. Nach Auffassung der Almohaden führte die allzu lockere Auslegung der koranischen Bestimmungen durch die Almoraviden zu moralischem und sittlichem Verfall. Es ist wenig erstaunlich, dass angesichts der Bedrückung und Verfolgung durch fanatisierte Vertreter der eigenen Religion zahlreiche Muslime die Auswanderung in eines der christlichen Reiche bevorzugten. Die strenge Auslegung religiöser Bestimmungen betraf auch das
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-Recht. Im Gegensatz zu den bisherigen Gepflogenheiten und jahrhundertealten Traditionen im Umgang mit Andersgläubigen erachteten die Almohaden den Schutz von Leib und Leben sowie die religiöse Freiheit, die den »Völkern des Buches« gegen Tributzahlung gewährt worden waren, für null und nichtig. Übertritt zum Islam oder Tod – so lautete die Devise.
|111| Maimonides – ein jüdischer Gelehrter auf der Flucht
Der bedeutende Religionsphilosoph und Gelehrte Moses ben Maimon, genannt Maimonides oder nach den Anfangsbuchstaben seines Namens auch RaMbaM, wurde vor 1140 in Córdoba geboren. Nachdem die strenggläubigen Almohaden die Herrschaft über die Stadt übernommen und alle »Ungläubigen« vor die Wahl gestellt hatten, den Islam anzunehmen oder zu sterben, floh er mit seiner Familie 1148 nach Fez. Obwohl Marokko ebenfalls unter almohadischer Herrschaft stand und die Bedrückung von Juden wie Christen erheblich gewesen sein muss, bewahrten die Flüchtlinge von der Iberischen Halbinsel ihre jüdische Identität. Maimonides verbrachte seine Jugend in Fez, wo er eine gründliche Ausbildung erfuhr. Im Jahre 1165 reiste er von dort ins Heilige Land, das zu dieser Zeit von den Kreuzfahrern beherrscht wurde. Nach kurzem Aufenthalt ließ er sich schließlich in Fustat nahe Kairo nieder. Seit 1170 praktizierte er als Arzt im Umfeld des Sultanshofes und behandelte später auch Saladins Sohn. Die ärztliche Tätigkeit, die Maimonides so lange zugunsten seiner religiösen Studien hatte ruhen lassen, sicherte fortan den Lebensunterhalt der Familie. Zuvor hatte sein Bruder David für ein Auskommen gesorgt, denn aus der Auslegung des Glaubens, so die religiösen Bestimmungen, sollte niemand finanziellen Nutzen ziehen. David war Fernhändler. Der Handel mit den Gütern aus dem fernen Indien war lukrativ, aber auch gefährlich – auf einer seiner Reisen ertrank David nach einem Schiffbruch im Indischen Ozean.
Im Jahre 1174 wurde Maimonides Vorsteher der jüdischen Gemeinde von Kairo. Mit seiner literarischen Tätigkeit setzte er Marksteine der mittelalterlichen Religionsphilosophie. Sein umfangreiches Werk umfasst medizinische und philosophische Traktate ebenso wie Kommentare zu religiösen Bestimmungen. Zu seinen herausragenden Schriften gehört der »Führer der Unschlüssigen«, in den neben biblisch-talmudischem auch aristotelisches Gedankengut eingeflossen ist. Nach seinem Tod in al-Fustat 1204 wurde Maimonides in Tiberias am See Genezareth beigesetzt.
|112| Das traf vor allem die Juden, die im islamischen Herrschaftsbereich weit zahlreicher waren als die Christen. In Massen verließen sie ihre angestammte Heimat. Einige siedelten sich in einem der benachbarten christlichen Königreiche an, andere gingen nach Nordafrika und von dort weiter in die Gebiete der islamischen Welt, in denen das
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-Recht auch weiterhin uneingeschränkt galt. Der wohl bedeutendste jüdische Flüchtling war der große Gelehrte Moses Ben Maimon (gest. 1204), genannt Maimonides.
Die christlichen Könige unterschätzten keineswegs die Gefahr, die von den Almohaden ausging. Solange die Berber sich im Krieg mit ihren Glaubensgenossen zerfleischten, nutzten sie die Gunst der Stunde. So gelang es 1164, Évora im
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