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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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so steht, komme ich erst gegen zwölf Uhr nach. Laßt ihn nicht eher fort. Und gib mir das Kleiderpaket, Max.“
    Er nahm das Päckchen aus Maxens Hand und huschte fort, in das Gäßchen hinein bis hinter den Hof des Juden. Dort ging er weiter bis an den Garten, in welchem sich Anita verstecken sollte. Dort lauschte er eine Weile, und als er sich überzeugt hatte, daß kein Beobachter zugegen sei, kroch er durch die Lücke der abgebrochenen Latten in den Garten.
    Hier rekognoszierte er genau. Er fand eine ganz dunkle Hinterecke, welche zwischen Strauchwerk mit dichtem, hohem Gras bewachsen war. Dahinein steckte er das Paket und kehrte sodann durch den Zaun nach dem Weg zurück.
    Er suchte eine entfernter liegende Restauration auf, in welcher er bis halb zwölf wartete. Dann ging er nach dem Gäßchen und nach dem Haus des Juden zurück.
    Alle Fenster waren dunkel. Die Laternen waren verlöscht. Man schien nicht der Mühe wert zu halten, hier in diesem Quartier den kostbaren Brennstoff zu vergeuden. Er tappte an der Tür und rechts und links von derselben herum und fühlte den Klingelzug.
    Als er an demselben zog, hörte er die Klingel leise erschallen. Sie befand sich nicht im Hausflur, sondern wohl in der Schlafstube des Besitzers.
    Es dauerte sehr lange, ehe er ein antwortendes Lebenszeichen verspürte. Endlich vernahm er schlürfende Pantoffelschritte, und durch die Ritzen der Tür war ein Lichtschein zu erkennen. Eine schnarrende, alte Stimme fragte von innen:
    „Wer ist draußen?“
    „Ein Bote“, antwortete der Sepp. „Ist Baruch Abraham daheim?“
    „Nein.“
    „Wo ist er denn?“
    „Was wollen Sie denn?“
    „Das werde ich ihm sagen.“
    „Wer sind Sie denn?“
    „Auch das wird nur er erfahren.“
    „Woher kommen Sie denn?“
    „Nun, ich bin aus Wien und komme geradenwegs von dort.“
    „Aus Wien. Gott der Gerechte! Sie sagen, Sie seien ein Bote. Wer sendet Sie denn?“
    „Der Baron von Stubbenau.“
    „Der Baron! Ach, gleich!“
    Er hörte einen Riegel zurückschieben und einen Schlüssel in das Schloß stecken, welches sich nur langsam öffnen ließ. Dabei hatte er Zeit zu dem Gedanken:
    „Wie ist mir denn? Max und Hans sagten, die Alte höre schwer, und hier hört sie doch alles so genau, obgleich wir nur halblaut sprechen. Dieses alte Laster weiß sich gut zu verstellen!“
    Da ging die Tür auf; die Alte öffnete, aber nicht völlig, und winkte ihn hinein. Er trat ein, und sie beleuchtete ihn. Als sie sein martialisches, soldatisches Äußere erblickte, machte sie einen ergebenen Knicks und sagte:
    „Willkommen, Herr! Also Sie kommen wirklich von dem Baron von Stubbenau?“
    „Ja.“
    „Und wissen auch, in welcher Angelegenheit?“
    „Natürlich!“
    „Haben Sie ein Schreiben mit?“
    „Nein.“
    „Warum nicht?“
    „Weil die Sache der Art ist, daß man sie nicht gern dem Papier anvertraut.“
    „Schön! Diese Vorsicht ist gut. Aber wenn Sie nichts Schriftliches haben, muß er Ihnen wenigstens das Erkennungswort gesagt haben.“
    Jetzt befand sich Sepp in großer Verlegenheit; aber er antwortete wacker drauflos: „Wir wurden gestört. Er sagte es mir zwar, aber ich achtete nicht darauf.“
    „Das ist schlimm, denn da wird mein Mann Ihnen keinen Glauben schenken.“
    „Das wäre sehr unangenehm. Stubbenau rief es mir noch nach, aber ich weiß nicht, ob ich es richtig verstanden habe.“
    „Nun, wie haben Sie denn verstanden?“
    „Es war ein Hauptwort.“
    „Allerdings.“
    „Ein Name.“
    „Ja, sein eigener, eigentlicher Name, den nur die Eingeweihten kennen.“
    Jetzt wurde dem Alten das Herz leicht. Diesen Namen kannte er ja. Er antwortete:
    „Sie mögen selbst beurteilen, ob ich richtig verstanden habe. Er rief mir das Wort ‚Salek‘ nach und bat, ich solle es nicht vergessen.“
    „Das ist richtig. Sie haben nicht falsch verstanden. Sie sind legitimiert und mein Mann wird Ihnen nun Glauben schenken.“
    „Wo ist er?“
    „In einer nahen Restauration, das dritte Haus rechts von hier. Die Tür steht die ganze Nacht hindurch offen. Gehen Sie aber nicht in die vordere Stube, wo nur Schnaps getrunken wird, sondern gleich in die hintere, in welcher nur die feinen Gäste sitzen. Dort werden Sie ihn mit zwei jungen Herren sehen.“
    „Schön! Ich danke Ihnen!“
    „Bitte! Sagen Sie ihm, er solle nicht lange fortbleiben. Ich schlief schon, als sie klingelten, und werde mich sogleich wieder schlafen legen. Da ist es sehr gut, wenn der Mann daheim ist. Wie geht es dem

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