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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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denn in der Höhle?“
    „Nicht zum Besten. Ich habe noch selten solche Not und Mühe mit den Hexen gehabt.“
    „So weißt du ja, was zu tun ist!“
    „Meinst du Prügeln?“
    „Ja. Hunger und Hiebe!“
    „Schon gut, aber ich unterlasse es doch lieber, denn darunter leidet das Aussehen der Ware, und dann wird weniger gezahlt. Diese verdammte, bayrische Fratze macht mir viel zu schaffen.“
    „Bayrisch?“ fragte der Jude, indem er den Finger an die Stirn legte, zum Zeichen, daß er nachdenke. „Haben wir eine Bayerin?“
    „Natürlich! Die Schmuckste von allen.“
    „Ah, ich besinne mich! Sie ist eine Müllerstochter?“
    „Ja. Sie läßt sich Paula nennen anstatt Pauline. Sie hat mir eine förmliche Verschwörung angezettelt, welche gestern zum Ausbruch kommen sollte. Zum Glück waren andere so gescheit, nicht mitzumachen und es mir zu verraten. Sie wollten nicht frei sein; sie sehnen sich nach Kalifornien, nach dem Goldland, wo sie steinreiche Männer bekommen, diese albernen Weibsen.“
    Er lachte zynisch vor sich hin. Der Jude aber sagte in warnendem Ton:
    „Laß ihnen diese Gedanken! Mache sie ja nicht kopfscheu. Sie werden ja später erfahren, was mit ihnen geschieht.“
    „Natürlich, natürlich! So klug bin ich selber schon. Aber glaubst du denn, daß es mir an das Leben gehen sollte?“
    „Unmöglich!“
    „Ja, an das Leben. Die Mädchen wollten ausbrechen, mit Gewalt, allerdings möglichst ohne Blutvergießen, aber wenn wir beide, ich und mein Bruder, uns widersetzten, sollten wir erschlagen werden.“
    „Sollte man das glauben!“
    „Von solchen Mädels! Aber die Bayerin hatte es angestiftet und gesagt, daß sie selbst mich unbedingt erschlagen werde, wenn ich Widerstand leiste.“
    „Du hast sie natürlich unschädlich gemacht? Donnerwetter! Das ist ja ein couragiertes Frauenzimmer! Sie ist doch keine Riesin!“
    „Die Bayerinnen sollen alle so sein.“
    „So ist es gut, daß wir selten welche haben. Aber wenn ihnen auch der Plan geglückt wäre, wie hätten sie von der Insel kommen wollen?“
    „Auf unserm Segelboot.“
    „Wissen sie denn das Versteck desselben?“
    „Nein; das ist eben das Gute. Sie haben geglaubt, wir binden es am Landungsplatz an.“
    „Da hätten sie allerdings ratlos dagestanden. Du hast aber doch wenigstens dieser Müllerstochter die Peitsche gegeben?“
    „Mein Bruder wollte, ich aber war dagegen. Was konnte es uns nützen? Ich habe sie gefesselt und abseits gesteckt. Aber als vorhin der Steuermann kam, erzählte ich es ihm. Er lachte in seiner grimmigen Weise und versprach mir, daß sie auf dem Schiff die neunschwänzige Katze bekommen solle. Bis sie nach Amerika kommt, sind dann die Narben geheilt, so daß es keinen Schaden macht.“
    „Das mag besser sein. Hast du noch etwas zu sagen?“
    „Nein.“
    „So gehe jetzt! Man weiß nicht, wer kommt, und es ist gut, man sieht uns nicht beisammen.“
    „Also um zwei?“
    „Ja.“
    „Und vor der Einschiffung bekomme ich mein Geld?“
    „Natürlich! Ich gebe die Mädels ohne Bezahlung nicht her. Stück für Stück hundert Gulden, für die Schönheiten aber noch mehr.“
    „So will ich gehen. Aber sei vorsichtig!“
    „In welcher Beziehung?“
    „Du bist betrunken. Rede dort mit den beiden Kerls nicht etwa von Dingen, die –“
    „Unsinn! Hältst du Baruch Abraham für einen Dummkopf, für eine Plaudertasche?“
    „Nein; aber der Wein macht redselig.“
    „Mich nicht. Je mehr ich trinke, desto verschwiegener werde ich. Bei euch Italienern ist es freilich anders.“
    „Oho! Bei den beiden Brüdern Petruccio ist nichts herauszulocken, nicht einmal durch Champagner; das wissen alle Leute in Barcola.“
    „Wollen es hoffen. Also gute Nacht bis auf zwei Uhr morgens.“
    „Gute Nacht!“
    Der Jude taumelte nach seinem Platz zurück, und nach kurzer Zeit entfernte sich der Italiener.
    Die Uhr zeigte jetzt ein wenig über zwölf Uhr. Der Sepp zog einen kleinen Zettel aus der Tasche und schrieb mit Bleistift darauf:
    ‚Die Kleider für Anita liegen in dem Garten, hinterste Ecke links unter den Büschen. Sie mag sie anlegen, während sie dort wartet.‘
    Diesen Zettel steckte er in die Tasche, so daß er ihn leicht zur Hand hatte. Dann stand er auf und schritt langsam an den Tisch, an welchem der Jude saß.
    „Verzeihung“, sagte er, „ich suche Herrn Baruch Abraham hier.“
    „Der bin ich“, antwortete der Genannte, indem er höflich aufstand.
    „Bitte bleiben Sie sitzen, und erlauben Sie mir

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