72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen
Herrn Baron?“
„Danke! Nach Verhältnis leidlich.“
„Wird er uns bald wieder Mädels senden?“
„Ja.“
„Und anderes? Juwelen?“
„Auch.“
„Prächtig! Ich ahne, daß Sie so etwas bringen?“
„Ich darf natürlich noch nichts verraten.“
„Ganz recht. Also schlafen Sie wohl!“
„Gute Nacht!“
Sie machte abermals einen Knicks, ließ ihn hinaus und verschloß und verriegelte die Tür.
„Alle Teufel, war das ein Glück!“ murmelte er. „Da habe ich das richtige ‚Sesam, Sesam, tue dich auf‘ – entdeckt! Also ‚Salek‘ ist das Wort, das Erkennungszeichen. Das ist ja sehr gut!“
Er schlenderte nun nach der Kneipe.
Diese sah gar nicht so aus, als ob sie anständige Leute zu beherbergen vermöge. Sie war ein niedriges, hölzernes Gebäude, dessen Türinschrift jetzt in der Dunkelheit nicht zu lesen war. Im offenstehenden Flur brannte ein Lämpchen, welches in einer Glasglocke hing.
Er schritt an der Tür vorüber, welche nach der vorderen Gaststube führte. Als er die zweite öffnete, strömte ihm eine dicke, von Rauch und allerlei penetranten Gerüchen geschwängerte Luft entgegen, die ihn beinahe zurückwarf.
Dennoch trat er ein.
Die Stube war klein. Von den vier da befindlichen Tischen waren nur zwei besetzt. An dem einen, dem hintersten, saßen Max, Johannes und der Jude. Sie hatten bereits ein halbes Dutzend leere Flaschen neben ihrem Tisch stehen. Der Jude dampfte aus seiner Zigarre wie ein Stadtsoldat; es kostete ihn ja nichts.
Sepp setzte sich an den dritten Tisch und bestellte sich eine Flasche Wein. Den an dem zweiten Tisch sitzenden Männern schenkte er zunächst keine Aufmerksamkeit.
Das Lokal hatte das Aussehen einer Gaunerkneipe, und auch der Wirt, welcher schläfrig hinter dem Ofen hockte, machte diese Ansicht keineswegs zuschanden.
Es war dem Juden deutlich anzusehen, daß der Wein bei ihm bereits seine Wirkung getan hatte. Er blickte ziemlich stier vor sich hin, und dann, wenn einer seiner beiden jungen Gesellschafter auf ihn sprach, raffte er sich mit Gewalt zu einer Antwort auf. Dann wurde er für einige Augenblicke lebhaft, schwatzte schnell und viel durcheinander und versank dann wieder in stumpfes Schweigen.
Als Sepp Max den fragenden Blick zuwarf, nickte ihm dieser zu und machte, so daß es weiter niemand sah, mit der rechten Hand die Bewegung des Türaufschließens. Das sollte das Zeichen sein, daß er den betreffenden Schlüssel besitze.
Sepp wartete noch eine Weile und stand dann bereits im Begriff, zu dem Juden hinzugehen, als er Grund bekam, dies zu unterlassen.
Es trat nämlich ein Kerl ein, welcher sich schnell umsah. Als er den Juden erblickte, glitt ein Zug der Befriedigung über sein Gesicht und er setzte sich an den vierten Tisch, welcher, wie bereits erwähnt, noch leer stand.
Aus seiner Miene war zu bemerken gewesen, daß er den Juden suche. Darum blieb Sepp noch sitzen, zumal sein Tisch ganz in der Nähe des vierten stand.
Er nahm eine der ausliegenden, schmutzigen Zeitungen in die Hand und tat so, als ob er sich ganz in dieselbe vertiefen wolle.
„Was trinken Sie?“ fragte der Wirt von seinem Stuhl aus den neuen Gast.
„Ein Glas Salek“, antwortete dieser, indem er das letztere Wort scharf und laut betonte.
„Dieses Getränk kenne ich gar nicht.“
„So geben Sie ein Glas Sizilianer Weißen!“
Der Wirt brachte das Bestellte.
Baruch Abraham hatte den Eintretenden gar nicht bemerkt. Als er aber das scharf hervorgehobene Wort Salek hörte, blickte er auf. Ein Zug des Erkennens glitt über sein altes Gesicht. Er wartete, bis der Mann sein Glas erhalten und der Wirt sich wieder gesetzt hatte; dann stand er auf und trat schwankenden Schrittes auf den Mann zu.
„Petruccio, du“, fragte er. „Kommst du aus Zufall hierher?“
„Nein“, antwortete der Gefragte. „Setz dich!“
Er hatte einen italienischen Namen und auch seine Züge bestätigten, daß er ein Italiener sei, jedenfalls der niedrigsten Klasse.
Der Jude setzte sich und fragte:
„Wußtest du, daß ich hier bin?“
„Ja.“
„Von wem?“
„Von deiner Frau.“
„War sie denn noch wach?“
„Nein. Ich habe sie herausgeklingelt. Sie hatte schlechte Laune, denn sie war bereits einmal geweckt worden, wie sie sagte.“
„Von wem?“
„Das weiß ich nicht, ich habe sie nicht gefragt.“
„Bist du in Geschäften hier, oder kommst du direkt zu mir?“
„Direkt. Der Steuermann war gegen Abend bei mir; er hat warten müssen, weil ich nicht daheim war.
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