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72 Tage in der Hoelle

72 Tage in der Hoelle

Titel: 72 Tage in der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nando Parrado , Vince Rause , Sebastian Vogel
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bald auf«, antwortete er. Enrique und Armando erwarteten uns mit einem Frühstück am Lagerfeuer. Zu uns gesellten sich noch Sergio und ein paar Polizisten, und während wir aßen, hörten wir eine näher kommende Menschenmenge. Sekunden später sahen wir zu unserem Entsetzen, wie eine ganze Horde von Reportern den Weg zur Hütte hinaufgelaufen kam. Als sie uns sahen, stürmten sie los.
    »Sind das die Überlebenden?«, riefen sie. »Roberto? Fernando?«
    Kameras klickten, Mikrofone wurden uns unter die Nase gehalten, Zeitungsreporter kritzelten auf Notizblöcke und versuchten, sich gegenseitig mit ihren Fragen zu übertönen.
    »Wie lange sind Sie gewandert?«
    »Wer ist sonst noch am Leben?«
    »Wie haben Sie es in der Kälte ausgehalten? Was haben Sie gegessen?«
    Verstört blickte ich zu Roberto hinüber. »Wie haben die uns denn gefunden?«, murmelte ich. »Und wie konnten sie schneller hier sein als die Hubschrauber?«
    Die Journalisten um uns herum kamen von Zeitungen und Fernsehsendern aus der ganzen Welt. Ihre unerwartete Ankunft verblüffte uns, und wir waren durch ihre bohrenden Fragen ein wenig verunsichert, aber wir gaben uns alle Mühe, ihnen zu antworten; die heikleren Tatsachen behielten wir dabei allerdings für uns. Der Polizeihauptmann ließ die Fragesteller eine Zeit lang gewähren, aber dann nahm er uns beiseite.
    »Es herrscht immer noch dichter Nebel«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass die Hubschrauber heute noch kommen. Ich werde Sie nach Puente Negro bringen lassen, dort können Sie auf die Rettungsmannschaft warten. Es ist einfacher, dort zu landen.«
    Wir nickten. Kurz darauf saßen Roberto und ich auf Pferden und folgten zwei berittenen Polizisten den Pfad hinunter. Die Presse war uns dicht auf den Fersen. Plötzlich blieb der ganze lärmende Zug stehen, und alle starrten in den trüben Himmel. Über uns bewegte sich die Luft, und wir hörten außer dem Pfeifen des Windes auch das Knattern kraftvoller Motoren. In dem dichten Nebel konnten wir die Hubschrauber nicht landen sehen, aber auf unseren Pferden folgten wir dem Lärm bis zu einer rund vierhundert Meter entfernten Stelle. Dort, auf einer flachen Wiese nicht weit von den Hütten, hatten gerade drei riesige Hubschrauber der chilenischen Luftwaffe aufgesetzt.
    Wir stiegen von den Pferden. Sanitäter und Besatzungsmitglieder sprangen aus den Hubschraubern und kamen auf uns zugelaufen, um uns zu untersuchen. Roberto brauchte dringend ihre Hilfe, ich lehnte es ab, mich untersuchen zu lassen. Stattdessen wandte ich mich an die beiden Hubschrauberpiloten Carlos Garcia und Jorge Massa und versuchte ihnen begreiflich zu machen, dass wir unbedingt sofort losfliegen mussten.
    Kapitän Garcia schüttelte den Kopf. »In diesem Nebel können wir auf keinen Fall fliegen«, sagte er. »Wir müssen warten, bis er sich hebt. Aber bis es so weit ist, können Sie mir schon einmal etwas über die Lage der Absturzstelle sagen.«
    Noch einmal beschrieb ich unsere Wanderung durch die Anden. Garcia hörte mir mit skeptisch gerunzelter Stirn zu, dann holte er eine Flugkarte aus dem Hubschrauber und breitete sie auf der Wiese aus. »Können Sie es mir auf der Landkarte zeigen?«, fragte er. Dabei zeigte er mit dem Finger auf die Karte und erklärte: »Wir sind jetzt hier.« Einen Augenblick lang starrte ich auf die Karte, und nachdem ich mich orientiert hatte, konnte ich ohne weiteres in umgekehrter Richtung den Weg nachzeichnen, den Roberto und ich zurückgelegt hatten.
    »Hier«, sagte ich und tippte auf die Stelle, wo das Tal am Fuß des Berges endete, den ich Mount Seler getauft hatte. »Sie sind auf der Rückseite dieses Berges.«
    Massa und Garcia tauschten zweifelnde Blicke aus.
    »Das ist Argentinien«, sagte Garcia. »Die Hochanden. Von hier sind das fast hundertzwanzig Kilometer.«
    »Wir müssen uns beeilen«, sagte ich. »Unsere Freunde sterben.«
    Massa sah Garcia stirnrunzelnd an. »Er ist durcheinander«, erklärte er. »Sie können nicht zu Fuß quer durch die Anden gelaufen sein. Unmöglich!«
    »Sind Sie sicher, dass Sie die Karte richtig verstehen?«, wollte Garcia von mir wissen.
    »Ganz sicher«, erwiderte ich. »Wir sind diesen Berg heruntergekommen und durch dieses Tal gegangen. Hier gabelt sich das Tal, wir sind diesem Zweig gefolgt und hier angekommen! Das Flugzeug liegt dort, genau hinter diesem Berg, auf einem Gletscher über einem breiten Tal, das sich nach Osten erstreckt.«
    Garcia nickte und faltete die Karte zusammen. Ich

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