760 Minuten Angst
war. Dort musste des Rätsels Lösung liegen.
Jake wurde nicht enttäuscht.
Die hölzerne Tür zum Abstellraum war nur angelehnt, wodurch er sie ohne Probleme öffnen konnte. Wie erwartet, befanden sich keine Habseligkeiten der Vorbesitzer in dem kleinen abgetrennten Raum. Zumindest ging Jake nicht davon aus, dass der einzige Gegenstand, der sich direkt in der Mitte befand, ihnen gehörte.
Es handelte sich dabei um einen beigefarbenen Schuhkarton. Darauf lag eine ebenso schmucklose, im selben Farbton gehaltene Postkarte, auf deren Vorderseite sein Name geschrieben stand. JAKOB. Sie erinnerte ihn stark an den Briefumschlag von vorhin.
Es war eindeutig der neue Hinweis von »C«. Bald würde er herausfinden, was das alles zu bedeuten hatte und warum er seine Frau nicht erreichen konnte. Zumindest hoffte er das.
Trotzdem zögerte er.
Jake wusste, dass er keine Wahl hatte, als nach den Regeln des Psychopathen zu spielen, aber andererseits akzeptierte er dadurch gleichzeitig, dass dieses abstruse Kinderspiel Realität wurde. Irgendwie konnte und wollte er das nicht. Doch was sollte er sonst tun?
So schritt er voran, blieb vor der Schachtel stehen und nahm die Postkarte an sich. Auf der Rückseite befand sich die neue Nachricht von »C«.
Lieber Jakob,
dieses Päckchen habe ich ganz alleine für dich zusammengestellt. Du darfst es keiner anderen Person zeigen. Ich hoffe, du hast verstanden. Wenn das Signal ertönt, beginnt es.
Viel Spaß, »C«
Dann war also alles wahr?
Er war wirklich in die Fänge eines Irren geraten und musste diese höllische Schnitzeljagd mitspielen? Hatte »C« tatsächlich seine Familie in seiner Gewalt? Konnte Jake sie überhaupt noch retten?
Hey, so darf ich nicht denken. Natürlich kann ich sie retten. Ich werde das Spiel gewinnen und dann werden wir wieder zusammen sein. Ganz bestimmt!
Doch er brach abermals zusammen.
Er musste sich auf den kalten Betonboden setzen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Daraufhin stützte er mit den Armen seinen Kopf, der sich viel zu schwer anfühlte. Er bekam keine Luft. Er hyperventilierte. Seine ganze Zuversicht schien ihn verlassen zu haben. Seine Gedanken fraßen ihn von innen heraus auf.
Wie lange werde ich das noch durchstehen? Wie lange werden meine Nerven dieses kranke Spiel mitmachen? Ich verstehe das einfach nicht. Warum ich? Warum meine Familie? Wir sind doch niemand. Ich hab doch keinem etwas getan und meine Frau erst recht nicht. Ich versteh das alles nicht!
Während Jake in seiner Gedankenwelt versank, verstrich die Zeit um ihn herum wie im Flug.
Dann erwachte die Musik!
Obwohl er wie ein Besessener gerannt war, kam ihm der kurze Rückweg wie eine Ewigkeit vor. Aus einer Minute wurde eine Stunde und aus einem Gedanken ein ganzes Leben. Währenddessen hatte Rick jede Sekunde an Rocko und Klara gedacht.
Endlich erreichte er die Schillerstraße in Prüfening, wo bereits das Wohnhaus in sein Blickfeld trat. Die verputzte, gelbgestrichene Fassade erhob sich zwei Stockwerke in den Himmel, doch Rick dachte nur an seine Wohnung … und Klara.
Die letzten Meter waren für ihn zur Höllenqual geworden. Die Ungewissheit brachte ihn Schritt für Schritt um den Verstand. Er musste endlich herausfinden, was hier gespielt wurde und was mit Rocko passiert war.
Rick erhoffte sich, sämtliche Antworten in seiner Wohnung zu finden. Er hatte die Nachricht zwar nur überflogen, aber für ihn war klar, dass dieser Irre mit dem Rätsel nur seine Wohnung meinen konnte. Etwas anderes war ihm, um ehrlich zu sein, auch gar nicht eingefallen.
Kaum stand Rick vor der Haustür zum Treppenhaus, drückte er sie ein und wäre dabei fast gegen sie gelaufen, da die Tür verschlossen war.
Verdammte Scheiße! Welcher Vollidiot hat mal wieder den Riegel umgelegt und diese gottverdammte Tür geschlossen?! Ich könnte diese …
Doch Rick musste sich zusammenreißen. Er hatte jetzt wichtigere Dinge zu tun, als sich über seine Mietnachbarn aufzuregen. Der passende Zeitpunkt hierfür würde schon noch kommen … nur eben nicht jetzt.
In Windeseile zog Rick den Schlüsselbund aus der rechten Tasche seiner schwarzen Jogginghose und steckte den passenden Schlüssel ins Schloss. Nachdem die Tür offenstand, rannte er die Stufen zum zweiten Stock hinauf, ehe er vor seiner Wohnungstür zum Stehen kam.
Er war leicht außer Atem und musste erst mal Luft holen, ehe er sich weiter konzentrieren konnte. Nachdem sein Gehirn wieder ausreichend mit Sauerstoff versorgt
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