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77 Tage

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Titel: 77 Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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Bestatter, die in den letzten vier Jahren die Beerdigungen der verblichenen Kunden Ihres Pflegedienstes übernommen haben«, informierte ich Elsbeth van Pels.
    Notarzt und Sanitäter waren abgerückt, Hedi und Anna Willms hatten Feierabend gemacht und der Hausverwalter war fluchend im Treppenhaus verschwunden. Elsbeth van Pels und ich blieben in der Wohnung zurück, um die Formalitäten des Totentransports zu regeln. Draußen war es längst dunkel. Ein batteriebetriebener Baustrahler beleuchtete das Wohnzimmer und die Tote im Sessel. Den Strahler hatte der Hausverwalter zur Verfügung gestellt, damit der anrückende Leichenentsorger seine Arbeit zügig erledigen konnte.
    »Der fünfte Todesfall. Das darf alles nicht wahr sein.« Die sonst toughe Geschäftsfrau verwirbelte mit beiden Händen ihren sonst bundeswehrtauglichen Bürstenhaarschnitt. »Das darf nicht wahr sein.«
    »Können Sie mir die besorgen?«, wiederholte ich, weil mir unsere Auftraggeberin offensichtlich nicht zugehört hatte.
    »Wie bitte?«
    »Eine Liste der Bestattungsunternehmen. Sie müssen doch Unterlagen darüber haben?!«
    Sie kniff die Augen zusammen. »Natürlich.«
    Die Geschäftsführerin musterte meine ausgewaschene, weiße Pflegebluse. Im gleichen Moment zuckten ihre Augenbrauen in die Höhe, ihre Augen wurden größer. Als hätte der dienstliche Schlabberlook sie auf eine Idee gebracht. Schade, dass ich Gedanken nicht in Gesichtern lesen konnte wie Hedi. »Wieso interessiert Sie das? Haben Sie eine Vermutung?«
    »Uns interessiert alles.«
    »Haben Sie schon einen Anhaltspunkt für eine Unstimmigkeit im Pflegebereich?«
    Oha! Gemeine Falle!, begriff ich gerade noch rechtzeitig.
    »Es gibt verschiedene Richtungen, in die wir zurzeit ermitteln. Einige Vermutungen konnten wir bereits ausschließen«, erklärte ich hastig. Aus Ärger über die neue Leiche erst mal die unfähige, kleine Möchtegernschnüfflerin zusammenzuscheißen, das konnte die van Pels sich abschminken. Nicht mit mir!
    »Und welche Richtung ist das, in die Sie gerade ermitteln?«, versuchte mich die Geschäftsführerin festzunageln.
    »Finanzielle Vorteile. Deshalb benötige ich die Bestatterliste. Sofort. Wenn Sie weitere Informationen über den Ermittlungsstand möchten, müssen Sie sich an meinen Chef Herrn Danner wenden«, blockte ich ab.
    Elsbeth van Pels musterte mich mürrisch: »Ich bringe Ihnen die Liste morgen früh ins Büro.«
    »Ich brauche sie heute noch. Am besten schicken Sie sie mir per E-Mail.«
    »Dann muss ich ja zurück in die Dienststelle.«
    Richtig. Das ließ ich mal so stehen.
    »Entschuldigen Sie, ich bin Ingelore Schramm, die Schwägerin von Karin Küppers.« Eine leicht zittrige Frauenstimme unterbrach unsere Auseinandersetzung. »Haben Sie mich angerufen?«
    Eine zierliche, kleine Dame in einem Mantel stand, auf ihren Regenschirm gestützt, im hell erleuchteten Treppenhaus. Sie lugte durch die offen stehende Wohnungstür in den düsteren Flur der Gruft.
    »Ah, guten Abend, Frau Schramm.« Die Pflegedienstchefin setzte eine geschäftsmäßig-besorgte Miene auf, wie eine Maske. Keine Spur mehr von der Wut über die nächste, ihren Ruf gefährdende Tote.
    »Elsbeth van Pels, vom Pflegedienst Sonnenschein. Mein Beileid.« Strammen Schrittes marschierte sie über den quatschnassen Flurteppich auf die Dame zu.
    Ich war froh, sie los zu sein. Die dominante Zicke! Ich spürte meine Wut in mir kochen. Zusammenfalten wollte sie mich, weil sie mich für eine doofe, kleine Blondine hielt! Und diese unechte Mitleidstour, mit der sie jetzt die kleine Oma einlullen wollte, gefiel mir auch nicht.
    »Meine Mitarbeiterinnen haben Ihre Schwägerin gefunden. Der Notarzt war schon da, sie scheint friedlich im Sessel entschlafen zu sein. Der Bestatter ist bereits informiert.«
    »Ist sie – ist sie da noch drin?« Ingelore Schramm deutete in die überschwemmte Gruft.
    Elsbeth van Pels nickte. »Sie müssen aber nicht …«, wollte die Geschäftsführerin die alte Dame zurückhalten.
    »Doch«, erklärte die kleine Frau entschlossen, »ich muss.«
    Sie trippelte an der stämmigen Geschäftsführerin vorbei und trat zu mir ins Wohnzimmer.
    »Hallo«, nickte ich ihr zu.
    Im grellen Licht des Baustrahlers war gut zu erkennen, dass sie eine schöne Frau war, wenngleich sie auf die neunzig zugehen musste. Ihrem Gesicht sah man an, dass sie gelacht hatte in ihrem Leben, ihre Lippen hatte sie passend zum Altrosa ihres Mantels geschminkt, sie hielt sich gerade und trug den

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