80 Days - Die Farbe der Lust
Schöneres vorstellen konnten, als sich mit Leib und Seele aufzugeben, aber das galt nicht für mich.
Victor lächelte, unverkennbar zufrieden mit sich selbst. Dieser Schuft. Mit widerlicher Herablassung tätschelte er mir den Hintern. »Ja, das stimmt.«
Die beiden Männer beachteten mich nicht weiter. Ich kam mir vor wie ein Möbelstück, oder als wäre ich unsichtbar.
»Sie wird einen guten Preis erzielen«, meinte einer der beiden. Wer, bekam ich nicht genau mit, weil ich inzwischen vor Wut schäumte.
Da packte mich Victor am Handgelenk. Ich kam wieder zu Sinnen und wandte mich zu ihm um.
»Du wirst tun, was man dir sagt, Summer! Hast du verstanden? Ich weiß, dass du innerlich wegen all dem zerrissen bist, und das kann ich sogar nachvollziehen. Ich weiß aber auch, dass du gegen deine ureigene Natur ankämpfst. Irgendwann wird der Moment kommen, da du diesen Teil von dir akzeptieren kannst, dieses Verlangen, öffentlich als Hure benutzt zu werden. Das ist dein wahres Ich, das macht dich lebendig und ermöglicht dir, bisher ungekannte Empfindungen zu erleben. Dein Widerstand dagegen ist nur Ausdruck altmodischer Moral und Erziehung. Dein Daseinszweck ist das Dienen, und in dieser Rolle erstrahlst du am meisten. Ich möchte nichts weiter, als deine wahre Schönheit zum Ausdruck bringen. Du sollst blühen und deine Veranlagung annehmen.«
Ich fand Victors Worte äußerst verstörend, erkannte aber, dass sie auch einige Körnchen Wahrheit enthielten. Denn wenn es zum Exzess kam, wollte mir mein Körper nicht mehr gehorchen. Dann lockte die Droge der Unterwerfung, und es zeigte sich mein offenbar wahres Ich: ungeniert, geil, schamlos, eine Seite von mir, die ich auskostete, aber auch fürchtete. Denn ich wusste nicht, ob sie mich nicht eines Tages dazu verleitete, so weit zu gehen, dass die Verlockungen des Risikos größer sein würden als mein Bedürfnis nach Sicherheit. Das Animalische in mir suchte nach dieser sexuellen Selbstvergessenheit, während mein Verstand meine Motivation hinterfragte. Die meisten Männer seien schwanzgesteuert, heißt es; ich wurde zwar von der Gier meiner Möse getrieben, doch paradoxerweise spürte ich diese Gier auch in meinem Bewusstsein. Allerdings nicht in der Form, dass ich von einem Mann oder einem ganz bestimmten Mann besessen oder benutzt werden wollte. Ich sehnte mich nach etwas anderem, nach einem Bereich des Nirwana, den ich nur im Augenblick des hemmungslosen Sex, der Degradierung oder Demütigung erreichte und in dem ich mich so lebendig fühlte wie nirgends sonst. Vielleicht hätte ich mich besser auf Freeclimbing verlegen sollen.
Ich war mir dieser Widersprüche in meinem Inneren bewusst und akzeptierte sie. Doch meinen eigenen Weg zu finden, fiel mir deswegen nicht leichter.
Als ich aus meinen Gedanken auftauchte, machte sich im Raum eine nervöse Unruhe breit, und wortlos kam man überein zu beginnen.
Flankiert von Victor an meiner einen Seite und dem Fremden im Smoking an meiner anderen, führte man mich zu der kleinen Bühne an der hinteren Wand und zog mich rasch splitternackt aus. Kurz dachte ich daran, wie unvorteilhaft ich aussehen musste, als man mir die wenig schmeichelhafte Strumpfhose bis zu den Knöcheln hinunterrollte, doch alles geschah so schnell, dass ich gar nicht dazu kam zu protestieren.
Der Fremde, der bei dieser eigenartigen Veranstaltung als Zeremonienmeister fungierte, machte eine großspurige Geste und verkündete: »Dies ist die Sklavin Summer aus dem Besitz von Master Victor. Es handelt sich, wie Sie alle zugeben müssen, um ein herrliches Exemplar. Blasse Haut …« – er zeigte auf mich – »… und ein köstlich gerundeter Arsch.« Auf seine Anweisung hin musste ich mich umdrehen und dem Publikum meinen Hintern präsentieren. Ich hörte, dass einige tief Luft holten. Offenbar hatte ich bereits neue Verehrer.
Er klopfte mir auf die Schulter und signalisierte mir damit, dass ich mich wieder den Zuschauern zuwenden sollte. Das Publikum bestand vorwiegend aus Männern, aber hier und da standen auch einige Frauen in schicken Abendkleidern. Alles wirkte völlig normal; wie es aussah, war ich die einzige Sklavin.
Der Zeremonienmeister fuhr mir mit der Hand unter die linke Brust und hob sie ein wenig an, bot sie dar und verwies auf ihre Form. »Klein, doch auf ganz eigene Weise sinnlich«, erklärte er. Seine Finger wanderten weiter, um auf meine schmale Taille und die dadurch betonten Rundungen meiner Brüste und meines Hinterns zu
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