80 Days - Die Farbe der Lust
es aus: »Würdest du mir einen riesigen Gefallen tun?«
»Natürlich. Was immer du willst.«
»Könntest du Dominik anrufen und ihm sagen, wo ich bin?«
»Mehr nicht?«
»Nein, nur das.«
Die Würfel waren gefallen. Wie würde Dominik reagieren?
12
EIN MANN UND SEIN BLUES
Sie hatten regelmäßigen, aber keinen besonders aufregenden Sex.
Dominik hatte eine starke Libido, doch wenn es die Umstände erforderten, konnte er ohne Weiteres auf fleischliche Genüsse verzichten und sich auf anderes konzentrieren, auf Forschungsarbeiten oder eines der vielen literarischen Projekte, die ihn ständig beschäftigten.
Nachdem Summer fort war, wusste er seine Zeit also für wichtige Dinge zu nutzen. Seine Vorlesungen hatte er schon seit Langem fix und fertig ausgearbeitet, war aber stets auf Abwechslung bedacht und bemühte sich, nicht in Routine zu verfallen. Er hatte immer genügend Notizen und Material zur Hand und war geistig beweglich, sodass er mittlerweile nur wenig Zeit für seine Vorbereitung brauchte. Auch improvisierte er gern über jedes beliebige Thema.
Abgesehen von ihren universitären Leistungen waren seine aktuellen Studentinnen ein langweiliger Haufen. Es war keine dabei, die ihn näher interessierte. Nicht dass er tatsächlich etwas mit einer Studentin angefangen hätte, das war ihm zu riskant. Dieses Feld überließ er moralisch skrupellosen Professoren wie Victor, der sich gerade in Windeseile aus dem Staub gemacht und eine kurzfristig ausgeschriebene neue Stelle in New York angetreten hatte. Natürlich war auch er ein Mann und konnte die Mädchen nicht übersehen, die seine Blicke auf sich lenkten und ihn einladend anlächelten, wenn er in ihre Richtung sah. Aber er reagierte nicht weiter darauf, zumindest nicht vor Ende des Semesters.
Eigentlich hatte sich Dominik auf eine sexuelle Auszeit eingestellt, eine Art Trockenphase, um Summers plötzliche Abreise zu verdauen. Und in gewisser Hinsicht hatte er sich darauf gefreut und sich genüsslich ausgemalt, dass er sich an einsamen Abenden dem vernachlässigten Lektürestapel widmen würde, einer ganzen Ladung Bücher, die eindeutig spannende Lesestunden versprochen hatten, als sie Wochen zuvor per Post von einem Händler eingetroffen waren. Aber dann hatten sie Staub angesetzt, während er seine ganze Energie darauf verwendet hatte, sich neue Szenarien für Summer auszudenken.
Und dann war Charlotte auf der Bildfläche erschienen, auf einer seiner Abendveranstaltungen im City Lit. Dominik glaubte keine Sekunde, dass sie zufällig in seinen Kurs geraten war, nachdem sie praktisch über Nacht ein brennendes Interesse an der Literatur der 50er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts entwickelt hatte. Natürlich hatte sie ihn aufgespürt, weil er ihren Stolz verletzt hatte, als er bei der Party, auf der er Summer rasiert hatte, so wenig begeistert auf ihre Anmache reagierte. Es überraschte ihn immerhin, dass sich Charlotte tatsächlich die Mühe gemacht hatte, eines seiner Bücher aufzutreiben und zu lesen. Aber er war nicht geschmeichelt. Für Dominik war ganz klar, dass sie etwas wollte und losgezogen war, es sich zu holen.
Sie waren in eine Affäre geschlittert, in der sie hauptsächlich ihren sexuellen Appetit aneinander stillten. Weder Dominik noch Charlotte hatte dieses Arrangement je in Worte gefasst und damit in ein vorgegebenes Schema gepresst. Manchmal wunderte er sich, was sie von ihm wollte. Geld konnte es nicht sein, davon hatte sie selbst genug. Sex war es auch nicht, er wusste, dass sie sich gelegentlich mit Jasper und vermutlich regelmäßig auch mit anderen Männern traf. Was ihn nicht weiter störte. Fast sah es für ihn so aus, als wollte Charlotte ihn einfach nur ärgern, ihn verspotten und dafür sorgen, dass er Summer nicht aus dem Kopf bekam.
Es entging ihm nicht, dass sie sich inzwischen regelmäßig einem Intim-Waxing unterzog, sodass er jedes Mal, wenn er sie nackt sah, automatisch an Summers einst frisch rasierte Scham denken musste, an dieses Ritual, das in seiner Vorstellung so perfekt gewesen war, ein absoluter Höhepunkt in ihrer Sinfonie der Lust, ein Akt der Verderbtheit, der ihm jedoch irgendwie außer Kontrolle geraten war; seine Fantasie hatte sich gegen ihn gewendet und sie auseinandergebracht statt näher zusammen.
Aus diesem Grund bumste er Charlotte gröber und nahm sie, wann immer ihm der Sinn danach stand, obwohl sie natürlich stets willig war und es zu genießen schien. Hingegen leckte er sie nie, was er sonst
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