80 Days - Die Farbe des Verlangens: Band 4 Roman (German Edition)
Chey wegen seiner ständigen Abwesenheit, der abgesagten Verabredungen, der gebrochenen Versprechen.
Eines seiner ersten Geschenke, am Ende unseres Karibik-Urlaubs, war eine wunderbare, fein in Edelstahl gefasste Bernsteinbrosche. Ich trug sie täglich. Später hatte er mir dann die Schlüssel seiner Wohnung in der Gansevoort Street im Meatpacking District gegeben. Es handelte sich um einen alten Backsteinbau, der früher als Lagerhalle gedient hatte und beim Umbau in große Räume unterteilt worden war. Allein sein Badezimmer war größer als meine bescheidene Bude in Brooklyn.
Die Wohnung, eine Sinfonie in Schwarz und Weiß, schien direkt der Vorstellungswelt eines minimalistischen Designers entsprungen. Die eleganten Möbel, die Haushaltsgeräte, insbesondere die gut ausgestattete Küche aus schimmerndem Edelstahl, wirkten wie aus einem Hochglanzmagazin. Sie sahen hochwertig und teuer aus. Zum ersten Mal fragte ich mich, woher Cheys Geld stammte. So einträglich konnte das Bernsteingeschäft nun auch wieder nicht sein.
Trotz aller romantischen Anwandlungen war ich im Grunde Realistin. Es musste ihn auch ein Vermögen gekostet haben, mich aus einer Laune heraus in die Dominikanische Republik einfliegen zu lassen.
Chey hatte gesagt, ich sei ihm jederzeit willkommen, doch wenn ich ihn spontan besuchte, war er allzu oft nicht da. Einmal hatte ich mich nackt ausgezogen und aufreizend in sein riesiges Bett gelegt, um auf ihn zu warten. Doch irgendwann war ich eingeschlafen und am Morgen, noch immer allein, von der Sonne geweckt worden. Ich kam mir ganz schön dämlich vor.
Tief gekränkt schlüpfte ich in eines seiner makellos gebügelten Hemden und machte mich daran, die Wohnung zu erkunden, nur um festzustellen, dass außer den Schubladen und Schränken, in denen er seine aberwitzig teuren Anzüge, Hemden, Krawatten und Schuhe aufbewahrte, alles abgeschlossen war. Was meine Neugier noch mehr reizte.
Doch es war einfacher, weiterhin die Augen vor allem zu verschließen und den Moment zu genießen. Wann immer wir zusammen waren, hatten wir fantastischen Sex, und trotz all der Dinge, die Chey mir verschwieg, war er ein Mann, wie ich ihn immer gewollt hatte: stark, aufmerksam, humorvoll und entschieden.
Eines Tages konnte Jean-Michel in der Konditorei mal wieder seine Hände nicht bei sich behalten, und wir hatten eine hitzige Auseinandersetzung. Mir blieb nichts anderes übrig, als zu kündigen. Ich hatte allerdings keine Lust, mit einem Kaffeebecher in der Hand bei Chey aufzukreuzen, mich trösten oder mir finanziell aus der Patsche helfen zu lassen. Ein Mädchen hat seinen Stolz. Es hätte auch nichts genützt, denn er war mal wieder verreist, und das so lange wie noch nie.
Als ich ihn zuletzt gesehen hatte, lagen wir zusammen im Bett. Mir waren die leicht geschwollenen, blauen Knöchel seiner rechten Hand aufgefallen, aber ich hatte nichts gesagt, ich wusste ja, dass er dichtmachen würde. Auch in der Karibik hatte er geschwiegen, als ich ihn nach der Herkunft der Narben auf seinem Rücken und nach der Bedeutung des rätselhaften Leoparden-Tattoos gefragt hatte. In russischen Gefängnissen sind die schweren Jungs über und über mit Tattoos verschiedenster Bedeutungen geschmückt, aber so sah seines nicht aus.
Dennoch faszinierten mich seine Narben und Tätowierungen immer mehr, und ich zeichnete sie beim Sex mit den Fingern nach, ein aussichtsloser Versuch, sie zu kartografieren und ihre Bedeutung zu entschlüsseln. Ach, wie gern erforschte ich seinen Körper, die glatte Haut, die geschmeidigen Muskeln darunter und das Zusammenspiel seiner Körperteile, das ihn für mich zu einer perfekten Liebesmaschine machte, die mit jeder Faser meinen inneren Rhythmus aufnahm, wenn er sich mit seinen wilden Stößen tief in mich grub, seinen steifen Kolben in mir versenkte und mir dabei seinen aromatischen Atem ins Gesicht blies.
Endlich konnte ich all die plumpen und ahnungslosen russischen Jungs abhaken. Chey war ein Mann, dem man nicht sagen musste, wie man eine Frau hielt und lenkte und im richtigen Moment die Zügel schießen ließ, um zuzuschauen, wie sie den Gipfel der Lust bis zur erschöpfenden Befriedigung erklomm.
Ich liebte es, wenn seine Finger über meine Haut wanderten, mich neckten, mit mir spielten, mir sogar wehtaten und mich bis an den Rand des magischen Moments führten, an dem ich endlich ganz loslassen konnte. Mit ihm fühlte ich mich wie eine Blume, und ich öffnete mich für ihn wie niemals
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