80 Days - Die Farbe des Verlangens: Band 4 Roman (German Edition)
ist unmöglich, meine Liebe. Ich hab das in ein paar Stunden arrangiert. Hoffentlich bist du gut in Form?«
»Besser denn je.«
Mein Herz schlug schneller. Die alte Luba war wieder zurück. Und wenn ich ehrlich zu mir war, konnte ich nicht sicher sagen, ob das an der Aussicht lag, den geheimnisvollen Dominik zu treffen oder vor Publikum von Tango gefickt zu werden.
9 TANZ DER VEREINIGUNG
Der Tag des Sant Jordi in Barcelona entsprach meiner Vorstellung vom Paradies. So in etwa jedenfalls.
Die Ramblas nördlich der Plaça de Catalunya waren von Ständen gesäumt, an denen Bücher und Blumen feilgeboten wurden. Überall lag der Duft von Rosen und Papier in der Luft, und buntes mediterranes Treiben füllte die Straßen. Ältere und jüngere Paare spazierten durch die geschäftigen Alleen. Wohin man auch schaute, ringsum drückten sich Frauen rote Rosen an den Busen, um die zarten Blütenblätter im Gedränge und Geschiebe zu schützen. Von Weitem sah es aus, als wäre ganz Barcelona Amors Pfeilen zum Opfer gefallen und liefe nun mit blutenden Herzen umher.
Ohne die Menschenmassen und die langsam dahintrottenden Touristen, die mich am Vorankommen hinderten und fast zum Wahnsinn trieben, wäre es ein perfekter Tag gewesen. Aber ich hatte es bald satt, in der sengenden Sonne Schlange zu stehen und dem Geplapper der Fans irgendwelcher Schriftsteller zuzuhören. Die besonders dreisten drängten sich vor, blätterten kurz in den Büchern und warfen sie verächtlich auf den Stapel zurück, direkt vor den Augen der Autoren, die dann ein finsteres Gesicht machten. Zumindest so lange, bis der nächste lächelnde Verehrer vor ihnen auftauchte.
Schriftsteller, die sich nicht von Anfang an ein dickes Fell zulegen, haben einiges zu leiden. Eine Tanzdarbietung war wenigstens etwas Vergängliches, einen kleinen Patzer bei einer Bewegung oder im Timing vergaßen die Zuschauer schnell. Jedenfalls war ich sehr dankbar, dass meine Schnitzer nicht für alle Zeit zwischen Buchdeckeln verewigt waren.
Endlich entdeckte ich Dominik. Aber die Schlange vor seinem Büchertisch war lang und bewegte sich noch langsamer voran als viele andere.
Offenbar war ich nicht die einzige Frau, die sich mit seiner Heldin identifizierte und gern einmal den Mann sehen wollte, der sie erschaffen hatte. Ich drückte mich eine Weile an einem Nachbarstand herum und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie Dominik mit einer der vielen Leserinnen plauderte, die sich zu ihm vorgekämpft hatte. Sie war schlank und hatte ihr langes Haar aufgesteckt. Die lose aus der Frisur hervorlugenden Ringellöckchen gaben ihr einen Zigeunerlook, zu dem ihre Sandalen und das dünne, locker fallende Baumwollkleid passten. Als sie sich vorbeugte, um das Buch signieren zu lassen, das sie gerade gekauft hatte, fielen ihr fast die Brüste aus dem tiefen Ausschnitt. Dominik entging nicht, was sie ihm so freizügig darbot. Er lächelte etwas gequält und schaute rasch in eine andere Richtung.
Dieser Mann war offensichtlich nicht durch Aufdringlichkeit zu gewinnen.
Aus dem Veranstaltungsprogramm wusste ich, dass er noch einige Stunden an verschiedenen Ständen anzutreffen sein würde. Und wenn überhaupt, konnte ich hier höchstens ein paar Minuten seine Aufmerksamkeit erlangen, bis er sich wieder für seine Leser und seinen Verlag ins Getümmel stürzen musste. Da ich aber von so weit angereist war und es sogar auf mich genommen hatte, noch einmal mit Tango aufzutreten, nur um mehr über diesen faszinierenden Dominik zu erfahren, wollte ich meine Chance nicht mit ein paar belanglosen Augenblicken inmitten einer Horde von anderen Frauen vertun.
Ich trug Baumwollshorts, darüber eine lockere Bluse und an den Füßen Sandalen. Dennoch war mir heiß, und die Kleider klebten mir am Leib. Langsam schlenderte ich zur Plaça de Catalunya zurück, ließ mich auf einem der Metallstühle des Café Zurich unter einem Sonnenschirm nieder und bestellte einen Espresso. Das war viel bequemer, als in der Menge zu stehen. Hier konnte ich in aller Ruhe die Leute beobachten und Gedankenspiele anstellen, welche Geheimnisse sie wohl hinter ihrer ehrbaren bürgerlichen Fassade verbergen mochten. Eine junge Frau in einem gelben Etuikleid und dazu passenden Pumps, die sich eine rote Rose ins blonde Haar gesteckt hatte, eilte an mir vorüber – vielleicht in die Obhut ihrer überbehütenden Eltern, verspätet nach einem Rendezvous mit einem nicht standesgemäßen, aber schrecklich süßen Postbeamten oder mit
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