80 Days - Die Farbe des Verlangens: Band 4 Roman (German Edition)
bereit und zu haben war – zumindest fürs Schwanzlutschen –, standen sie Schlange. Einige wollten sich damit nicht zufriedengeben und forderten mehr, doch ich hatte meine Regeln und setzte sie durch. Mein Körper gehörte mir und sollte ein Geheimnis bleiben; jeder Versuch, diese Grenze zu überschreiten, führte unverzüglich dazu, dass ich meine Gunstbeweise einstellte. Natürlich probierten sie es auch weiterhin, doch ich blieb hart. Ich lutschte ihnen den Schwanz, mehr nicht. Und ich gestattete selbstverständlich auch keinem von ihnen, mich zu berühren.
Die jungen Russen, die ich traf, waren durchweg so unattraktiv, dass man meinen konnte, sie wären alle aus dem gleichen Holz geschnitzt. Fremde hingegen sollten, so ging das Gerücht, von ganz anderem Kaliber sein. Nina, eine der Älteren, hatte einmal das Glück gehabt, bei einer kurzen Tournee als zweite Besetzung mit dem Corps de Ballet ins Ausland zu reisen. Sie hatte uns Mädchen im Schlafsaal berichtet, dass die Männer dort nicht nur die größeren Schwänze hatten, sondern auch dichten konnten.
Für mich in meiner Naivität war das Ziel damit klar. Wie falsch ich doch lag! Unangenehm wurde es für mich auch deshalb, weil ich inzwischen einen schlechten Ruf hatte und nur noch schwer Freundinnen fand. Die anderen Mädchen waren neidisch auf mich, und gleichzeitig hatten sie Angst, ich könnte ihnen den Freund abspenstig machen. So komisch denken junge Frauen manchmal.
An die Gesichter meiner unartigen russischen Jungs kann ich mich nicht mehr erinnern, an die Schwänze, die ich im Interesse meiner weltlichen Ausbildung bediente, hingegen schon. Wenn ich daran denke, muss ich schmunzeln, so verderbt man das vielleicht auch finden mag. Ach, meine bösen Buben! Aber recht bald hatte ich sie satt mit ihrer Einfallslosigkeit, ihrer primitiven Sprache und der Grobschlächtigkeit, und ich sehnte mich nach bösen Kerlen.
Ich beschloss, die erstbeste Gelegenheit zu ergreifen und ins Ausland zu gehen.
Ohne Valja, die mir – wie zuvor Jungs – Männer hätte besorgen können, kam meine sexuelle Entdeckungstour erst einmal zum Erliegen, als ich St. Petersburg verließ.
Bis ich Chey traf.
Meinen ersten richtigen Liebhaber. Der Erste, der in mich eindrang und mich besaß.
Er war ein Mann, kein Junge wie die aus der Eisdiele. Er wusste etwas mit seinem Schwanz anzufangen, aber vor allem mit mir. Nach der Erfahrung mit ihm wurde ich egoistisch im Bett, und andere, weniger raffinierte Männer langweilten mich.
Die Beziehung zu Chey hatte mich geprägt, und die Spuren, die sie hinterließ, waren so dauerhaft wie die der winzigen rauchenden Pistole, die ich mir später wenige Zentimeter von der Scham entfernt in die Haut stechen ließ – an einer Stelle, die bei den meisten Frauen ein Geheimnis bleibt und nur die engsten Freunde und Geliebten kennen. Da ich mittlerweile Nackttänzerin geworden war, zeigte ich Cheys Pistole jedoch Abend für Abend einem ganzen Raum voller Menschen. Und ich sah, dass sie die Augen zusammenkniffen, dass ihre anfängliche Neugier und ihre Vermutung, es sei eine Blume, in Erschrecken umschlug, sobald sie erkannten, dass ich eine Waffe als Brandzeichen trug – zumal ihr Lauf auf die mächtigste Waffe überhaupt wies, auf meine Möse. Voller Begierde deuteten Männer und manchmal auch Frauen sie als Hinweis, dass ich zu haben war, eine leichte Beute, im Bett gefährlich oder auf Schmerz aus. Also ein böses Mädchen.
Aber das war ich nicht. Ich gehörte Chey.
Ich weiß noch genau, wie wir uns kennenlernten. Ich war neunzehn und ganz neu in New York.
Unterstützt von einer mir wohlgesonnenen älteren Lehrerin hatte ich mich im Jahr zuvor mit einem Video für ein Stipendium bei der School of American Ballet im Lincoln Center beworben.
Doch ich wurde abgelehnt.
Man nahm ein anderes Mädchen aus meinem Jahrgang. Sie stammte aus einem reichen Elternhaus, denn ihr Vater hatte während des wirtschaftlichen Zusammenbruchs Ende der achtziger Jahre, als der Rest der russischen Bevölkerung oft hungern musste, für läppische Summen ganze Stahl- und Düngemittelfabriken aufgekauft und damit ein riesiges Vermögen gemacht.
Ihr Gesicht war ausdruckslos und ihre Beine streichholzdünn, sie besaß jedoch Anmut und eine außerordentliche Biegsamkeit und hatte die Juroren offenbar durch die erstaunliche Präzision ihrer Bewegungen von sich überzeugt.
Ich schrieb mir ihre Adresse auf, die ich später nach meiner Abschlussprüfung in meinem
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