9 - Die Wiederkehr: Thriller
ich. Aber begeistert war er nicht gerade. Er will, dass du dich noch heute in der Apotheke blicken lässt. Das ist das Wichtigste. Aber er will auch, dass du in den Laden vom Amerikaner gehst und euer… euer krummes Geschäft da beendest. Aarón, steh sofort auf und fahr zur Apotheke. Es ist deine letzte Chance. Dein Job steht auf dem Spiel.«
»Ich kann heute nicht hier weg, heute findet der vierte Überfall statt und …«
»Geht das schon wieder los?«, unterbrach sie ihn.
»Drea, hör mir zu. Du verstehst das nicht. Ich kann heute nicht aus dem Haus. Ich erledige das morgen. Morgen fange ich wieder an. Ich verspreche es dir.«
»Pssst«, versuchte sie ihn zum Schweigen zu bringen.
»Ich kann heute nicht aus dem Haus«, beharrte er. »Ich habe den Überfall mit Davo zu den anderen dazugerechnet, das war mein Fehler …«
»Hör auf! Bitte, hör auf damit«, jammerte sie und seufzte tief. Aarón stellte sich vor, wie sie die Luft durch den Mund ausstieß und ein großes O mit den Lippen formte.
»Ich leg auf.«
»Heute ist der vierte Überfall. Heute bin ich an der Reihe.«
»Aarón«, sagte sie. Es klang fast dem Weinen nahe. »Also wenn ich jetzt in die Apotheke fahren muss, um für dich den Kopf hinzuhalten, wenn ich jetzt deine krummen Geschäfte mit dem Amerikaner in Ordnung bringen muss …«
»Aber was denn für krumme Geschäfte?« Diesmal ließ er sie nicht ausreden, »Moment mal. Du? Wieso solltest du das machen?«
»Aarón, bitte, kapier es doch endlich. Die schmeißen dich raus!«, rief sie in dem Versuch, eine Durchsage in irgendeinem Stockwerk des Einkaufscenters zu übertönen. »Wenn du nicht hingehst, geh ich. Ich lass mir irgendwas einfallen. Ich sag einfach, dass es dir immer noch mies geht, Aarón … was weiß ich. Aber ich schwör dir, wenn …«
»Andrea.« Er stand vom Bett auf und lief, die freie Hand in die Hüfte gestemmt, durchs Zimmer. »Andrea, hör mir zu. Du fährst auf keinen Fall zur Apotheke und erst recht nicht zum Open. Du kannst da nicht hingehen. Und du wirst auch nicht hingehen, verstehst du?«
»Und was soll ich bitte tun? Tatenlos zusehen, wie du dir alles kaputt machst? Ich bin sehr …« Sie zog den Vokal in die Länge, um das Wort zu betonen. »… wütend auf dich, aber ich werde nicht zulassen, dass du dir derart dein Leben ruinierst.«
»Schon gut.« Aarón hob die Hand. »Schon gut. Ich fahre hin. Ich fahre zur Apotheke, noch heute. Aber versprich mir, dass du dich da nirgendwo blicken lässt. Ich kümmere mich um meinen Chef und auch um den Amerikaner, du fährst weder zur Tankstelle noch zur Apotheke. Versprich es mir.«
Er hielt den Hörer mit beiden Händen fest.
»Und versprich du mir, dass du wirklich hinfährst. Ich kann dir da nicht mehr vertrauen«, sagte sie und dachte an Rebeca.
»Werd ich. Versprochen.«
»Das will ich dir auch geraten haben. Dein Job und deine Wohnung stehen auf dem Spiel. Nicht meine. Du hast schon …« Sie brachte den Satz nicht zu Ende.
Aarón wusste, was sie sagen wollte.
»Ich fahre hin«, wiederholte er. Andrea verstand die Liebeserklärung nicht, die in diesem Satz verborgen war.
Dieses Schwein von Schicksal hat an alles …
»… gedacht«, murmelte Aarón.
»Was sagst du?«
»Dass du dir keine Sorgen mehr machen musst. Ich werde dort sein. Ich fange noch heute wieder an zu arbeiten«, sagte er.
Dann fiel ihm der Schlüssel ein, den er aus dem Fenster geworfen hatte.
»Übrigens«, fügte sie mit einer Stimme hinzu, die vor Freude vibrierte. Ein Klang, den einzig und allein Andrea Sandiego hervorbringen konnte. »Davo geht es langsam besser. Er hat zwar noch nicht die Augen aufgemacht, aber die Ärzte sagen, dass er langsam wieder zu sich kommt. Er wird wieder gesund! Ich hoffe, du gehst ihn jetzt mal besuchen.«
»Mach ich«, sagte er. »Ganz klar, er musste ja wieder gesund werden«, fügte er hinzu.
Er lächelte, da sich jetzt bestätigt hatte, dass der Überfall mit Davo lediglich eine Finte gewesen war. Niemand hatte dabei sterben müssen.
»Ich rufe dich heute Abend an, um zu hören, ob du in der Apotheke warst und das mit dem Amerikaner geklärt hast.«
»Wir sprechen uns heute Abend. Und wenn nicht …«
Vergiss niemals …, hatte Aarón sagen wollen. Aber Andrea hatte schon aufgelegt, und seine Worte lösten sich in dem trockenen, bitteren Speichel auf, wie er einem nach einer schlaflosen Nacht im Mund liegt. Aarón atmete tief durch. Fast konnte er den Duft von Kamille riechen. Er ließ
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