9 - Die Wiederkehr: Thriller
als er die Tür zugemacht hatte. Unbewusst lächelte er, als er ihn herauszog. Dann schlug er die Tür zu. Mit ruhiger Hand steckte er den Schlüssel von innen ins Schloss. Er drehte ihn viermal um. Und legte auch die Kette vor. Dann zog er den Schlüssel wieder heraus und umschloss ihn zusammen mit den anderen fest mit der linken Hand. Er wandte sich um und ging zum großen Fenster im Wohnzimmer. Mit einem Arm riss er an dem Gurt, um den Rollladen hochzuziehen. Dabei fuhr ihm ein stechender Schmerz in die Schulter. In Erwartung des Sonnenlichts senkte er die Lider. Als er in eine von einem zunehmenden Mond und den Straßenlaternen in Orange getauchte Dunkelheit blickte, blieb ihm der Mund offen stehen. Er öffnete das Fenster und fühlte die warme Luft auf der Haut. Irgendwo wurde gegrillt. Ohne zu zögern, als gehörte das alles zu einem alltäglichen Ritual, ließ Aarón die Faust mit dem Schlüsselbund zurückschnellen und schleuderte diesen dann mit aller Kraft aus dem Fenster.
»Mich kriegst du nicht!«, rief er.
Er hörte die Schlüssel auf dem Asphalt auftreffen. Das Geräusch klang wie aus weiter Entfernung.
Der Geruch nach Gegrilltem weckte seinen Hunger, aber sein gepeinigter Magen wollte nichts davon wissen. Aarón wandte sich Richtung Bett.
Keiner kriegt mich hier raus, dachte er.
Er holte Münzen, Handy und die Karte der Apothekerkammer aus den Hosentaschen und legte sie auf den Nachttisch. Dann ließ er sich in Kleidern rücklings auf das Bett fallen. Er war müde.
Erst als er sah, dass der Morgen dämmerte, begriff er, wie abwegig der Gedanke gewesen war, einschlafen zu können. Aarón hatte bereits mehrere Stunden im Bett verbracht und zugesehen, wie das Morgenlicht die Schlafzimmerwand emporkroch, als das Telefon klingelte.
Es war der Festnetzapparat. Er ließ es klingeln. Irgendwann trat Stille ein. Dann begann sein Handy auf dem Nachttisch zu vibrieren. Er streckte den Arm danach aus und hielt es sich vor das Gesicht, um zu sehen, wer es war.
»Drea«, versuchte er zu sagen, aber seine Stimme funktionierte nicht, wie sie sollte, das Wort klang nach Schleim im Rachen.
»Aarón?«
»Drea?« Beim zweiten Mal klang es besser. »Ich bin’s. Ich bin zu Hause.«
»Aber da habe ich dich doch gerade angerufen.«
»Ich bin im Bett«, sagte er und bereute es auf der Stelle. Und erst recht, als er sie am anderen Ende seufzen hörte.
»Drea, du glaubst nicht, was ich herausgefunden habe. Ich hatte recht.«
Mit einer raschen Bewegung setzte er sich auf die Bettkante und stützte beide Unterarme auf die Oberschenkel. Der eigene Körpergeruch gemahnte ihn daran, dass er seit vierundzwanzig Stunden die gleiche Kleidung trug.
»Ich hatte mich verrechnet.«
»Davon will ich nichts wissen«, erwiderte sie. »Nichts, hörst du? Ich sollte dich gar nicht anrufen. Es ist wegen der Apotheke.«
»Der Apotheke?« Er schluckte den bitteren Geschmack in seinem Mund hinunter und rümpfte die Nase. »Was ist denn?«
»Die wollen dich rauswerfen«, sagte sie. Sie machte eine Pause, die gleiche, die sie gemacht hätte, um genüsslich sein Gesicht zu betrachten, wenn sie jetzt vor ihm stünde. »Du warst seit vier Wochen nicht mehr dort. Seit vier Wochen! Dein Chef hat bei mir angerufen. Du gehst ja nicht mal ans Telefon.«
»Ich gehe nicht ans Telefon?« Es sollte überrascht klingen, aber ihm fielen die vielen Anrufe in Abwesenheit ein, die er auf seinem Handy vorgefunden und die er unbeantwortet gelassen hatte. »Wo bist du? Ich höre Leute.«
»Im Westcenter, einkaufen. Aarón, hör mir zu. Du wirst deinen Job verlieren, kapierst du? Wie willst du die Wohnung bezahlen? Und deine Rechnungen? Willst du wegen dieses Zettelwusts auf deinem Tisch alles aufs Spiel setzen?«
»Wegen dir habe ich eine Wunde am Auge«, sagte er.
Er strich sich über das schmerzende Lid.
»Eine Wunde?« Andreas Stimme schien etwas milder werden zu wollen, aber sie ließ es nicht zu. »Wenn du wüsstest, wie sauer dein Chef ist. Seit einem Monat bedient er allein in der Apotheke. Er hat die ganze Zeit gewartet, wegen der Sache mit David, aber jetzt hat er endgültig die Nase voll. Du hast keine Entschuldigung mehr. Zu allem Übel ist dann auch noch die Frau von Señor Palmer in der Apotheke aufgetaucht und hat sich beschwert, dass du ihrem Mann seine Medikamente nicht mehr bringst oder irgendsowas. Er weiß jetzt also, dass du ihm immer Medikamente bringst und dafür umsonst tankst.«
»Und was geht ihn das an?«
»Was weiß
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