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9 - Die Wiederkehr: Thriller

9 - Die Wiederkehr: Thriller

Titel: 9 - Die Wiederkehr: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Pen , Nadine Mutz , Hanna Grzimek
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Teleskop in die Waagerechte.
    »Gehen wir«, sprach ihm Leo nach.
    Er überlegte, seinem Vater den Arm um die Hüfte zu legen, hielt sich aber zurück. Zu beiden Seiten des Körpers formte er die Hände zur Faust. So lief er neben Amador her und wünschte sich, der morgige Tag möge nie kommen.
    Im fahlen Licht des abnehmenden Monds gingen sie über den Balkon. Amador zog den Kopf ein, um sich nicht am Rollladen zu stoßen. Leo folgte dicht hinter ihm und hob drinnen den Blick zur Decke. Amador tat es ihm nach. Im Zimmer, das sonst abgesehen von ein paar silbrigen Pfützen im Dunkeln lag, schimmerten in Form von grünen Punkten die Sterne an der Decke, die tagsüber das Licht der Sonne und nachts – wenn er heimlich las – das Licht der Glühbirne in sich aufsogen. Lächelnd erinnerte sich Amador an den Tag, als sie die Sterne zusammen aufgeklebt hatten, daran, wie Leo jedes Mal wütend geworden war, wenn Amador einen Stern an der falsche Stelle angebracht hatte.
    »Sieht du, Kleiner? Da sagst du, du hättest nie eine Sternschnuppe gesehen, dabei schläfst du seit Jahren unter der hier.«
    Amador ging in die Hocke und hob den ausgestreckten Zeigefinger in Richtung eines sechseckigen Sterns mit gebogenem Plastikschweif. Leo musste Amadors Finger nicht folgen, um ihn zu finden.
    »Das ist nicht dasselbe. Außerdem ist der Himmel hier nicht vollständig.«
    Amador war überrascht.
    »Haben wir ihn nie zu Ende gemacht?«, fragte er. »Ich hatte dir doch versprochen, dass wir die fehlenden Sterne kaufen, damit es genauso aussieht wie in dem Buch, das ich dir gekauft habe«, erinnerte er sich laut.
    Der Widerhall von Leos Lachen damals, als Amador fast das Gleichgewicht verloren hätte und von der Leiter gefallen wäre, erklang in seinem Kopf fast ebenso deutlich wie der Gesang der Grillen, die draußen immer noch zirpten.
    »Du hast auch behauptet, das sei ein schwarzes Loch.«
    Amador allerdings musste Leos Zeigefinger folgen, um die Stelle an der Decke zu finden, ein eher graues statt schwarzes Loch, wo schlicht keine Sterne mehr aufgeklebt waren. Er erkannte den letzten leuchtenden Punkt wieder, den er damals schon mit einem Ziepen im Rücken angebracht hatte. Ihm fiel wieder ein, wie Leo mit den Fingernägeln auf der vergeblichen Suche nach einem letzten Stern die leere Plastikschachtel ausgekratzt hatte. Und was er für ein Gesicht gemacht hatte, vom Sternenhimmel in seinem Buch zu der leeren Stelle aufblickend, die Vater und Sohn jetzt von Neuem in Augenschein nahmen.
    Noch immer aus der Hocke, fasste Amador den ausgestreckten Arm seines Sohnes. Sanft nahm er ihn herunter und drehte dabei Leos ganzen Körper so, dass er ihm in die Augen blicken konnte.
    »Sollen wir ihn heute noch vervollständigen, möchtest du?«
    Leo strahlte plötzlich in der Dunkelheit. Für Amador war es wie das Schimmern der Sterne an der Decke. Einen kurzen Augenblick lang lächelte Leo.
    »Du hast doch gesagt, ich müsste gleich zu Abend essen und ins Bett. Morgen …«
    » … fängt die Schule wieder an«, beendete Amador den Satz. »Ich weiß. Aber ich habe auch gesagt, dieses Jahr wird alles anders. Und es soll für dich mit einem kompletten Himmel über dem Bett beginnen.« Er klang so aufgeregt wie ein Kind, das gleich etwas ausfressen wird, das im Laden hinter dem Rücken der Mutter Süßigkeiten stibitzt. »Wir sagen Linda, sie soll die Hähnchenschnitzel ein bisschen später machen«, fügte er hinzu.
    »Panierte Schnitzel?«, fragte Leo und grinste dabei über das ganze Gesicht.
    »Was hast du denn gedacht?«
    Nach langer Zeit konnte Leo wieder einmal richtig lachen. Mit einem Satz erhob sich Amador und tastete nach dem Schalter an der Wand. Beide mussten sie blinzeln, als die Glühbirne aufleuchtete und das gesamte Universum mit einem Mal auslöschte. Leo hatte gerade seine Turnschuhe unter dem Bett ausfindig gemacht, als sein Vater mit beiden Daumen gen Decke zeigte und fragte:
    »Die habe ich im Laden vom Amerikaner gekauft, stimmt’s, Commander?«
    Mit vorgebeugtem Oberkörper, den rechten Fuß noch nicht ganz im Schuh, erstarrte Leo zu Eis. Dann sah er seinen Vater an.
    »Leo.«
    Dessen ernster Tonfall und der strenge Blick machten jede weitere Erklärung überflüssig.
    Seine Hände zitterten. Er versuchte sie zu verbergen. Als wären seine Muskeln einen ganzen Winter über steif gefroren gewesen und jetzt erst wieder in Bewegung gekommen, zog sich Leo die Schuhe an. Er sagte lieber nichts, denn er wusste gar nicht, ob er

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