9 - Die Wiederkehr: Thriller
Andrea eine Weile zu, wie sie ein königliches Frühstück vorbereitete. Bis sie seine Anwesenheit bemerkte. Sie stellte die Pfanne auf dem ausgeschalteten Cerankochfeld ab und kam auf ihn zu. Trotz des vom Schlaf und von den Tränen geschwollenen Gesichts verbreitete sie jenes einzigartige Leuchten, das nur Andrea eigen war. Es gab keinen Morgenkuss. Nur ein zärtliches Streicheln über sein stacheliges, seit mehreren Tagen unrasiertes Gesicht.
»Da bist du ja. Wie geht’s dir heute Morgen?«, erkundigte sie sich und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Nicht so gut. Schau, ich hab uns ein kleines Frühstück gemacht.« Sie stieß einen bebenden Seufzer aus. »Ich dachte, dein Magen kann bestimmt was vertragen. Vielleicht habe ich es auch ein bisschen übertrieben. Schau dir die Berge an. Jetzt wollte ich gerade noch eine Tortilla machen.«
Sie betrachtete den gedeckten Tisch wie ein Künstler, der zum ersten Mal das in Trance entstandene Werk erblickt. Dabei hob sie drei Finger zum Mund wie eine Mutter, die ihren Sohn gerade an seinem wundesten Punkt getroffen hat. Sie zuckte entschuldigend mit den Achseln, eine Geste, die Aarón ziemlich bezaubernd fand.
»Ich kann die Sache mit Davo immer noch nicht glauben.« Andrea hatte das Verbotene ausgesprochen und wartete auf eine Reaktion. »Es ist schon elf, und ich würde gern ins Krankenhaus fahren. Komm, lass uns schnell frühstücken. Meinst du, sie lassen uns heute zu ihm?«
Sie packte Aarón am Arm und schob ihn zum Tisch.
»Zu ihm?«, entfuhr es Aarón.
»Klar, was sonst.« Sie schob Aarón einen Stuhl hin und setzte sich ihm gegenüber. »Ich will ihn sehen. Ich will wissen, wie es ihm geht.« Und als antwortete sie auf eine imaginäre Frage, sagte sie entschieden: »Ja.«
Aaróns Bewegungen waren langsam, wie in Zeitlupe. Er war erstaunt, sich plötzlich am Tisch wiederzufinden, den Blick auf den Grund der Tasse gerichtet, als handelte es sich nicht um Kaffee, sondern um einen tiefen Ozean. Das Echo seiner eigenen inneren Stimme übertönte Andreas Worte.
Es ist deine Schuld.
»Aarón, was ist los mit dir?«
Andrea legte ihre Hand auf seine. Sie konnte die rasche Kontraktion seiner Pupillen beobachten, als seine Augen die Oberfläche der braunen Brühe fokussierten.
»Ich muss nur schnell was essen, das ist alles.«
Er versuchte zu lächeln, aber es gelang ihm nur mit einer Mundhälfte. Als Andrea die Hand wegzog, wollte er sie festhalten. Was er tatsächlich festhielt, war seine Tasse. Die große weiße, die sie bei Ikea gekauft hatten. Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee und schluckte ihn mit einer großen Menge Speichel hinunter.
»Ich war schon beim Pförtner unten und habe ihn nach der Zeitung gefragt. Ich wollte wissen, ob schon was drinsteht.«
»Und?«
Eine Welle der Eifersucht überkam ihn bei dem Gedanken, dass der notgeile Alte mit den behaarten Ohren Andrea so zu Gesicht bekommen hatte, wie sie ihm jetzt gegenübersaß. In dem viel zu großen T-Shirt mit dem Pi-Symbol vorne drauf, das sie immer als Nachthemd benutzte, wenn sie bei ihm war.
»Er hat mir die Zeitung netterweise ausgeliehen. Es täte ihm leid, hat er gesagt.« Sie atmete tief ein, und ihre Brustwarzen zeichneten sich deutlich unter dem grauen Stoff ab. »Mittlerweile weiß es bestimmt schon die ganze Stadt. Das wird die Schlagzeile des Jahres in Arenas.«
Andrea reichte ihm die Zeitung, die auf der entsprechenden Seite aufgeschlagen und in der Mitte gefaltet war. Auf dem Schwarz-Weiß-Foto, das den Laden des Amerikaners zeigte, erkannte Aarón Héctors Dienstwagen, der zusammen mit einem anderen Polizeiauto auf der Einfahrt stand. Er begann hektisch zu lesen, die Augen flogen über die Zeilen, einige Wörter übersprang er.
»Hast du das gelesen? Hier steht, dass vor dreißig Jahren schon mal etwas Ähnliches passiert ist, an genau demselben Ort.« Aarón zeigte aufgeregt auf eine Stelle in der Mitte des Textes. »Damals war dort nur eine Tankstelle. Bei dem Überfall ist ein junger Mann ums Leben gekommen. Das war, bevor der Amerikaner den Laden gekauft hat, oder? Der Mann, der hier zitiert wird, ist selber bei dem Überfall dabei gewesen.«
»Ich wollte es lieber doch nicht lesen«, erwiderte Andrea. »Ich halte es nicht aus, Davos Name in Initialen zu sehen.«
Tatsächlich stand in dem Artikel, dass sich R. Palmer in der Uniklinik von Arenas gut erhole, während der Zustand des jungen D.M. weiterhin »sehr kritisch« sei.
Andrea biss in ihren
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