9 SCIENCE FICTION-STORIES
Sekunden konnte man nicht fliehen. Seine Hand bewegte sich auf den roten Knopf zu. Das war es also.
Der Flugkörper flammte jetzt heller auf. Er wirkte wie eine Miniatursonne. Und er jagte mit Kreischen und Dröhnen durch die Atmosphäre.
»Er ist am Ende«, sagte French leise. »Er wird verglühen.«
»Staatsgebiet New York. Zwölf Uhr. Geschoß über uns. Mein Gott! Seht euch das an!«
Der ganze Schirm schien aufzuglühen.
Das blaue Telefon läutete.
»Zentrum«, sagte French.
Er wartete. Dann legte er den Hörer wieder auf. Die Leitung war verstummt.
»Blitzmeldung!« sagte Conelrad. »Das feindliche Geschoß hat im Süden New Yorks eingeschlagen. Vor fünfzehn Sekunden konnten Beobachter der zivilen Verteidigung ein gewaltiges Aufblitzen sehen. Bis jetzt keine Detonation. Weitere Nachricht – Schallmessungen ergeben, daß die Hauptstadt der Nation getroffen wurde. Unser Regierungssitz ist zerstört!« Eine kurze Pause. Dann hörte man eine leise Stimme. »Mein Gott – all die armen Teufel!«
Das rote Telefon klingelte. French nahm den Hörer ab.
»Zentrum«, sagte er.
Jemand brüllte in den Hörer.
»Wer sind Sie?« fragte French ruhig. Er wartete. Dann lief sein Gesicht rot an. »Hauptmann, für wen halten Sie sich eigentlich? Ich nehme vom Boß meine Befehle entgegen – von niemandem sonst. Und jetzt verschwinden Sie aus der Leitung. Ach so, ich verstehe. Dann habe ich also die Verantwortung? Gut, ich übernehme sie – und nun lassen Sie mich in Frieden.«
Er legte den Hörer vorsichtig auf. Kleine Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn. Das war eine Situation, wie er sie nie erträumt hatte. Der Präsident war tot. Die Leute des Generalstabs waren tot. Er war auf sich selbst angewiesen, bis eine Übergangsregierung gebildet war.
Sollte er warten und die Russen zuerst handeln lassen? Oder sollte er zuschlagen? Seltsamerweise kam ihm der Gedanke, was jetzt sein Gegenüber auf der russischen Seite machte. War er stolz auf seinen Schlag – oder hatte er Angst? French lächelte bitter. Wenn er in der Haut des Russen steckte, säße ihm die Angst in den Knochen! Er zitterte. Zum erstenmal seit Jahren fühlte er das ganze Gewicht seiner Verantwortung.
Das rote Telefon klingelte wieder.
»Zentrum – hier French. Wer ist am Apparat? Ja natürlich, Herr Präsident. Ja, Sir, es ist schrecklich. Was ich getan habe? Nichts, Sir. Eine einzige Rakete wie diese – ich weiß nicht. Ich warte noch, was nachkommt … Ja, Sir, ich weiß – aber möchten Sie die Verantwortung haben, wenn die ganze Welt vernichtet wird? Was ist, wenn die Russen unschuldig waren? Haben Sie daran schon gedacht? … Ja, Sir, meiner Meinung nach sollten wir noch warten … Nein, Sir, ich glaube nicht. Wenn es der Russe war, wird er weitermachen, und dann handle ich sofort. Nein, Sir, das nehme ich nicht auf mich … Ja, ich weiß, daß Washington zerstört ist, aber wir haben keinen Beweis von der Schuld der Russen. Unsere Langstreckenaufklärer haben nichts von einer russischen Aktivität gesehen. Tut mir leid, Sir, ich kann Ihnen nicht beipflichten – und Sie können mich erst um sechzehn Uhr ablösen. Ja, Sir, ich weiß genau, was ich tue. Gut, Sir, wenn Sie wollen, danke ich um sechzehn Uhr ab. Bis später.«
French ließ den Hörer auf die Gabel fallen und wischte sich über die Stirn. Er hatte soeben seine Karriere aus dem Fenster geworfen, aber auch das konnte man nicht ändern. Der Präsident war jetzt hysterisch. Vielleicht beruhigte er sich später.
»Blitzmeldung«, kam eine Stimme aus dem Lautsprecher. »Radio Moskau bestreitet, daß die Waffe, die Washington zerstörte, russischer Herkunft sei. Man behauptet, es sei ein Trick der Imperialisten, um Rußland für den dritten Weltkrieg
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