9 SCIENCE FICTION-STORIES
verschiedenen Farben – rot, blau und weiß – und einer blitzblanken Kunststoffplatte, aus der eine Reihe weißer Tasten ragten. Sie gruppierten sich um einen Knopf, dessen rote Farbe an frisches Blut erinnerte.
Ein dicker Teppich, ein eigenartig konstruierter Stuhl mit breiten Armlehnen und ein Aschenbecher vervollständigten die Einrichtung. Warme, mit Feuchtigkeit angereicherte Luft strömte aus verborgenen Gittern in Bodenhöhe. Die Wände waren in einem ruhigen, sanften Grau gehalten, das die indirekte Beleuchtung dämpfte. Die Tür bestand aus Stahl und war mit einem Zeitschloß versehen.
Der genaue Ort, an dem sich dieser Raum und seine Versorgungszentrale befanden, war das bestgehütete Geheimnis der westlichen Welt. Der Russe hätte einen guten Teil seiner Steuergelder ausgegeben, um mehr darüber zu erfahren, ebenso wie die westliche Welt alles daransetzte, die Lage des russischen Zentrums ausfindig zu machen.
Obwohl der Ort sehr abgelegen war, stand der Mann hinter dem Pult in enger Verbindung mit jedem militärischen Brennpunkt des Westens. Das rote Telefon stellte einen direkten Kontakt zum Weißen Haus her. Die blaue Leitung führte zum Hauptquartier des Generalstabs und zum Sitz der Ausweichregierung in den Bergen von West-Virginia. Und das weiße Telefon verband ihn mit jedem militärischen Punkt der Welt, der unter Alliierten-Kontrolle stand.
General French war der einsame Mann, über den Fernseh-Conférenciers oft ihre Witze rissen, weil sie nicht wußten, daß es ihn tatsächlich gab.
French kannte seine Verantwortung, und er nahm sie ernst. Er war von Natur aus ein ernster Mann, aber nachdem er drei Jahre lang mit dieser höchsten Verantwortung gelebt hatte, stellte sie nicht mehr die erdrückende Last dar wie damals, als die Psychologen ihn als einen der stabilsten Charaktere der Erde für diese Aufgabe ausgewählt hatten.
Er war sonst nicht gerade ein glücklicher Mensch. Dafür sorgten seine Aufgabe und die immer bedrohlicher werdende Weltlage. Aber dieser Tag bildete eine strahlende Ausnahme.
Der Wintermorgen war von besonderer Schönheit gewesen, und French liebte Schönheit mit der Leidenschaft eines Künstlers. Ein flammender Sonnenaufgang hatte den ganzen östlichen Himmel vergoldet, und die kalte, prickelnde Luft belebte seine Sinne. Es war viel zu schön, um an Krieg oder Tod zu denken.
Wie jeden Tag seit drei Jahren öffnete er die Tür um Punkt acht Uhr. Er sah, wie der rundliche Mann mit den rosigen Wangen sich von seinem Stuhl erhob. Ihm kam der Gedanke, daß Kleinmeister weder wie ein General noch wie der potentielle Vernichter der halben Welt aussah. Eher wie Sankt Nikolaus ohne Bart. Aber der Schein trog. Hans Kleinmeister konnte ohne Bedauern die halbe Welt töten, wenn er es für nötig hielt. Die beiden Männer gaben sich die Hand, eine allmorgendliche Zeremonie, die die Wachablösung begleitete. Dann ließ sich French in den Stuhl vor dem Pult gleiten.
»Es ist ein herrlicher Tag draußen, Hans«, sagte er, während sich der Stuhl automatisch auf seine Körperformen einstellte. »Ich beneide dich.«
»Ich dich nicht, AI«, sagte Kleinmeister. »Ich bin froh, daß es wieder für vierundzwanzig Stunden vorbei ist. Das Warten geht auf die Nerven.«
Kleinmeister grinste, als er den Raum verließ. Die Stahltür glitt zu, und das Zeitschloß rastete ein. Während der nächsten acht Stunden war French allein.
Er seufzte. Es war zu schade, daß er an einem Tag, wie es dieser zu werden versprach, hier eingesperrt war. Aber er konnte es nicht ändern. Er rekelte sich behaglich in seinem Stuhl. Es war der bequemste Stuhl, den ein menschliches Gehirn erfunden hatte. Er mußte es sein.
Weitere Kostenlose Bücher