9 SCIENCE FICTION-STORIES
geistesabwesend auf die Papiere.
Die Fahnen kamen in drei Exemplaren an – eine Kopie für Ninheimer, eine für Baker und eine dritte mit der Aufschrift ›Original‹. Ninheimer und Baker korrigierten unabhängig voneinander und trugen die Verbesserungen nach einem eingehenden Vergleich in die dritte Fahne ein. Sie machten es schon seit drei Jahren so, und es hatte bisher immer geklappt.
Baker, jung und mit einer unterwürfig säuselnden Stimme, hatte seine Fahnenkopien in der Hand. Er sagte eifrig:
»Ich habe das erste Kapitel fertig. Es enthält ein paar hübsche Druckfehler.«
»Das ist beim ersten Kapitel immer so«, sagte Ninheimer geistesabwesend.
»Wollen Sie sie jetzt vergleichen?«
Ninheimer drehte sich um und sah Baker ernst an.
»Ich habe mit den Fahnen noch gar nicht angefangen, Jim. Ich glaube, ich werde mir die Mühe nicht machen.«
»Die Mühe nicht machen?« Baker sah ihn verwirrt an.
Ninheimer preßte die Lippen zusammen.
»Ich habe mich erkundigt, wann die – äh – Maschine arbeitet. Man hat einen Stundenplan ausgearbeitet. Schließlich wurde sie ursprünglich zum – äh – Korrekturlesen angestellt.«
»Die Maschine? Sie meinen Easy?«
»Ich glaube, das ist der dämliche Name, den man dem Ding gegeben hat.«
»Aber Doktor Ninheimer! Ich dachte, Sie wollten nichts damit zu tun haben?«
»Ich scheine der einzige zu sein. Vielleicht sollte ich seine – äh – Vorteile auch ausnutzen.«
»Ach so. Hm, dann habe ich meine Zeit mit dem ersten Kapitel verschwendet.« Der junge Mann sah enttäuscht auf seine Blätter.
»Aber nein. Wir können die Arbeit der Maschine mit Ihrer Arbeit vergleichen. Eine gewisse Sicherheit will ich schon haben.«
»Gut, wenn Sie wollen, aber …«
»Ja?«
»Ich kann mir kaum vorstellen, daß Easy einen Fehler macht. Bis jetzt hat noch niemand etwas auszusetzen gehabt.«
»Tatsächlich?« fragte Ninheimer trocken.
Ninheimer fühlte sich unbehaglich, als er zum erstenmal dem Roboter gegenüberstand. Fast automatisch, so als stünde er einem Menschen gegenüber, fragte er:
»Gefällt dir deine Arbeit?«
»Sehr, Herr Professor Ninheimer«, sagte Easy feierlich. Die Fotozellen seiner Augen leuchteten tief rot wie immer.
»Du kennst mich?«
»Aus der Tatsache, daß Sie in den Originaltext etwas einfügen wollen, folgt, daß Sie der Autor sind. Und der Name des Autors steht natürlich auf jeder Druckfahne.«
»Ach so. Dann kannst du also – äh – Schlußfolgerungen ziehen.« Er konnte der Frage nicht widerstehen. »Sag mal, was hältst du bis jetzt von dem Buch?«
»Ich finde es angenehm, es bearbeiten zu dürfen«, sagte Easy.
»Angenehm? Das ist ein komisches Wort für einen – äh – Mechanismus ohne Gefühle. Wenigstens sagte man mir, daß du keine Gefühle hättest.«
»Die Worte in Ihrem Buch sind für meine Stromkreise leicht zu bearbeiten«, erklärte Easy. »Sie lösen wenige Gegenpotentiale aus. Mein Gehirn kann diese Tatsache mit einem Wort wie ›angenehm‹ übersetzen. Die gefühlsmäßige Bedeutung dieses Wortes ist reiner Zufall.«
»Ich verstehe. Weshalb empfindest du das Buch als angenehm?«
»Es handelt von Menschen, Herr Professor, und nicht von anorganischen Stoffen oder mathematischen Symbolen. Ihr Buch versucht die Menschen zu verstehen und das menschliche Glück zu steigern.«
»Und da das auch deine Aufgabe ist, empfindest du es als angenehm. Habe ich das richtig verstanden?«
»Ja, Herr Professor.«
Die Viertelstunde war vorbei. Ninheimer verließ den Raum und ging in die Universitätsbibliothek, die gerade schließen wollte. Man wartete noch, bis er einen Band über elementare Roboterwissenschaften
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