9 SCIENCE FICTION-STORIES
ausgewählt hatte. Er nahm das Buch mit nach Hause.
Bis auf wenige Einfügungen, die Ninheimer aufgrund neuen Materials machte, gingen die Fahnen zwischen Easy und den Verlegern ohne Reklamationen hin und her. Anfangs prüfte der Professor noch alles nach, doch später kümmerte er sich nicht mehr darum.
Baker fühlte sich nicht ganz wohl in seiner Haut.
»Ich komme mir ziemlich nutzlos vor«, bemerkte er einmal.
»Weshalb? Sie können sich jetzt um neue Projekte kümmern«, sagte Ninheimer, ohne von den Aufzeichnungen aufzusehen, die er in die laufende Nummer der Zeitschrift Abstrakte Sozialwissenschaften machte.
»Ich bin es noch nicht gewohnt. Ich mache mir um die Fahnen Sorgen, obwohl ich natürlich weiß, daß das Unsinn ist.«
»Und ob es Unsinn ist!«
»Kürzlich holte ich mir sogar ein paar Fahnen, bevor sie Easy an den …«
»Was!« Ninheimer sah stirnrunzelnd auf. Die Zeitschrift rutschte vom Tisch. »Haben Sie die Maschine bei der Arbeit gestört?«
»Nur für eine Minute. Alles war in Ordnung. Oh, er hat ein Wort ausgetauscht. Sie benutzten das Adjektiv ›kriminell‹. Er schrieb statt dessen ›leichtsinnig‹. Ich fand, daß das zweite Adjektiv besser in den Zusammenhang paßte.«
Ninheimer wurde nachdenklich.
»Fanden Sie wirklich?«
»Ich ließ es stehen. Ich war ehrlich davon überzeugt, daß es besser war.«
Ninheimer drehte sich um und blickte seinen jungen Mitarbeiter an.
»Hören Sie, es wäre mir lieber, wenn Sie das nicht wieder tun. Wenn ich die Maschine benutze, dann will ich – äh – alle ihre Vorteile genießen. Wenn ich Ihre – äh – Arbeitskraft dadurch verliere, daß Sie die Maschine überwachen, obwohl es nicht – äh – nötig ist, dann gewinne ich nichts. Verstehen Sie mich?«
»Ja, Dr. Ninheimer«, sagte Baker kleinlaut.
Die Aushängebogen des Buches kamen am achten Mai in Dr. Ninheimers Büro. Ninheimer sah sie kurz durch und las hin und wieder einen Absatz. Dann legte er die Blätter weg.
Wie er später erklärte, vergaß er sie. Acht Jahre lang hatte er daran gearbeitet, aber jetzt wurde er von anderen Dingen gefesselt, während ihm Easy die Last der Korrektur abnahm. Er dachte nicht einmal daran, der Universitätsbibliothek die übliche Kopie zur Verfügung zu stellen.
Selbst Baker, der sich seit jenem Tadel mit eigenen Dingen beschäftigte, erhielt keine Kopie.
Am sechzehnten Juni geschah es dann.
Ninheimer erhielt einen Anruf. Er sah überrascht das Gesicht auf dem Bildschirm.
»Speidell! Sind Sie in der Stadt?«
»Nein, Sir. Ich bin in Cleveland.« Speidells Stimme zitterte vor Erregung.
»Was soll dann der Anruf?«
»Ich habe mir Ihr neues Buch angesehen. Ninheimer, sind Sie wahnsinnig geworden? Das ist doch Verrücktheit im höchsten Grade!«
Ninheimer versteifte sich.
»Ist etwas nicht in – äh – Ordnung?« fragte er erschrocken.
» Nicht in Ordnung? Ich erinnere Sie an Seite 562. Wie in aller Welt kommen Sie dazu, mein Werk so auszulegen? Wo in dem zitierten Artikel behaupte ich, daß der Kriminelle nicht existiert und daß die Gerichte die eigentlichen Verbrecher sind? Einen Moment, ich zitiere …«
»Halt, warten Sie«, rief Ninheimer und suchte nach der Seite. »Das muß ich sehen. Das muß ich sehen … Du liebe Güte!«
»Nun?«
»Speidell, ich kann mir nicht erklären, wie das geschehen ist. Ich habe das nie geschrieben.«
»Aber es steht gedruckt da. Und es ist nicht die schlimmste Verzerrung. Sehen Sie sich Seite 690 an. Dann können Sie sich vorstellen, was Ihnen Ipatiew erzählen wird. Hören Sie, Ninheimer, das Buch ist voll von solchem Zeug! Ich weiß nicht, was Sie sich dabei gedacht haben – aber Sie können nichts anderes tun, als das Buch wieder vom Markt zu nehmen. Und bereiten Sie für das
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