9 SCIENCE FICTION-STORIES
nächste Treffen unserer Vereinigung ein paar gute Entschuldigungen vor!«
»Speidell, hören Sie doch …«
Aber Speidell hatte mit solcher Vehemenz aufgelegt, daß man sein Bild noch fünfzehn Sekunden danach sah.
Erst jetzt nahm Ninheimer das Buch zur Hand und begann ganze Passagen mit einem roten Stift zu bearbeiten.
Er hatte sich bemerkenswert gut in der Gewalt, als er Easy wieder gegenübertrat. Nur seine Lippen waren blaß.
Er reichte Easy das Buch und sagte:
»Könntest du die angestrichenen Passagen auf Seite 562, 631, 664 und 690 lesen?«
Easy sah sich die markierten Stellen kurz an.
»Ja, Herr Professor Ninheimer.«
»Das stand nicht in den Originalfahnen.«
»Nein, Sir. Sie haben recht.«
»Hast du den Text so verändert, wie er gedruckt wurde?«
»Ja, Sir.«
»Weshalb?«
»Sir, die Passagen Ihrer Version taten gewissen Menschengruppen Unrecht. Ich hatte das Gefühl, man müßte sie abändern, um diesem Personenkreis zu seinem Recht zu verhelfen.«
»Wie konntest du es wagen, so etwas zu tun?«
»Herr Professor, das erste Gebot besagt, daß ich nicht untätig bleiben darf, wenn einem menschlichen Wesen Unrecht geschieht. Und wenn man Ihren Ruf unter den Soziologen und die weite Verbreitung Ihres Werkes betrachtet, muß man zu dem Schluß kommen, daß das Buch besagter Personengruppe großen Schaden zufügen würde.«
»Hoffentlich merkst du, daß du jetzt mir einen Schaden zufügst.«
»Ich mußte die Lösung wählen, bei der weniger Menschen Schaden erleiden.«
Professor Ninheimer ging wutschnaubend davon. Für ihn stand es fest, wer ihm den Schaden bezahlen mußte: Die US-Roboter-GmbH.
Auf der Verteidigerbank herrschte einige Aufregung, die sich noch verstärkte, als der Anklagevertreter fortfuhr:
»Der Roboter EZ-27 informierte Sie, daß der Grund für sein Tun im ersten Gebot für Roboter lag?«
»Das ist richtig, Sir.«
»Daß er keine andere Wahl hatte?«
»Ja, Sir.«
»Daraus folgt, daß die Roboter-GmbH einen Roboter konzipierte, der ein Buch notwendigerweise so umarbeitet, daß es seinen eigenen Anschauungen von Recht und Unrecht entspricht. Könnte man es so ausdrücken?«
Der Verteidiger erhob sofort Einspruch und gab zu bedenken, daß man von dem Zeugen eine Entscheidung verlangte, die er aus Kompetenzgründen gar nicht treffen könne. Der Richter ermahnte den Anklagevertreter mit den üblichen Worten, aber es bestand gar kein Zweifel daran, daß der Dialog Eindruck gemacht hatte. Auch auf den Verteidiger.
Der Verteidiger bat um eine kurze Pause vor dem Kreuzverhör und bekam fünf Minuten zugesprochen.
Er beugte sich zu Susan Calvin hinüber.
»Dr. Calvin, ist es möglich, daß Professor Ninheimer die Wahrheit sagt und Easy vom ersten Gebot beeinflußt wurde?«
Dr. Calvin preßte die Lippen zusammen. Dann sagte sie:
»Nein. Es ist einfach unmöglich. Der letzte Teil von Ninheimers Aussage ist glatter Meineid. Easy ist nicht dazu konstruiert, so abstrakte Dinge wie den Inhalt eines Lehrbuches über Soziologie zu beurteilen. Er wüßte gar nicht, daß gewisse Personengruppen durch so einen Satz geschädigt werden könnten. Dazu ist er nicht in der Lage.«
»Aber einem Laien werden wir das vermutlich nicht klarmachen können«, meinte der Verteidiger pessimistisch.
»Nein«, gab Dr. Calvin zu. »Der Beweis wäre zu kompliziert. Unsere Verteidigungslinie ist immer noch die gleiche. Wir müssen beweisen, daß Ninheimer lügt.«
»Gut, Dr. Calvin«, sagte der Verteidiger. »Ich verlasse mich auf Ihr Wort. Wir ändern unseren Plan nicht.«
Im Gerichtssaal nahm der Richter den Hammer in die Hand. Professor Ninheimer trat noch einmal in den Zeugenstand.
Der Verteidiger war
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