9 SCIENCE FICTION-STORIES
Sir.«
Der Verteidiger hob die Stimme.
»Noch eines! Sind Sie sicher, daß die angeblich geänderten Passagen nicht von Anfang an so lauteten, wie sie in dem Buch erschienen?«
Der Soziologe erhob sich.
»Das ist – äh – lächerlich! Ich habe die Fahnen …«
Das Sprechen bereitete ihm Schwierigkeiten, und der Anklagevertreter erhob sich, um geschmeidig einzuwerfen:
»Wenn Sie gestatten, Euer Ehren, so möchte ich als Beweismaterial die Druckerfahnen vorzeigen, die Dr. Ninheimer Roboter EZ-27 übergab. Zum Vergleich können Sie die Fahnen sehen, die EZ-27 an die Verleger zurückschickte. Wenn mein werter Kollege es wünscht, kann er das Material einsehen und vergleichen.«
Der Verteidiger winkte ungeduldig ab.
»Das ist nicht nötig. Mein werter Kollege kann die Fahnen zu jeder Zeit vorzeigen. Ich bin davon überzeugt, daß die Differenzen tatsächlich bestehen. Was ich hingegen gern vom Zeugen erfahren möchte, ist der Verbleib von Dr. Bakers Druckerfahnen.«
»Dr. Bakers Fahnen?«
Ninheimer runzelte die Stirn. Er hatte sich nicht ganz in der Gewalt.
»Ja, Professor! Ich meine Dr. Bakers Fahnen. Ihrer Aussage gemäß erhielt Dr. Baker eine gesonderte Kopie der Fahnen. Falls Sie plötzlich an Gedächtnisstörungen leiden sollten, liest Ihnen der Protokollführer die betreffende Stelle gern noch einmal vor. Oder kommt es nur daher, weil Professoren im allgemeinen so zerstreut sind?«
»Ich erinnere mich an Dr. Bakers Fahnen«, sagte Ninheimer.
»Sie wurden überflüssig, als die Arbeit der Maschine übergeben wurde …«
»Sie haben sie also verbrannt?«
»Nein. Ich warf sie in den Papierkorb.«
»Verbrannt oder weggeworfen – das ist kein Unterschied. Auf alle Fälle haben Sie sie vernichtet.«
»Ich durfte doch …«, begann Ninheimer schwach.
»Sie durften!« donnerte der Verteidiger. »Sie durften natürlich. Nur können wir jetzt auf keinen Fall mehr nachprüfen, ob Sie Ihre eigene Kopie durch ein besonders präpariertes Blatt ersetzten und dem Roboter zur Bearbeitung vorlegten …«
Der Anklagevertreter war aufgesprungen und erhob heftigen Einspruch. Richter Shane beugte sich vor und bemühte sich, seinem runden Gesicht den gebührenden indignierten Ausdruck zu geben.
»Herr Rechtsanwalt, haben Sie einen Beweis für Ihre soeben getroffene außergewöhnliche Behauptung?« fragte er.
»Keinen direkten Beweis, Euer Ehren«, sagte der Verteidiger ruhig. »Aber ich möchte doch herausstellen, daß die plötzliche Umwandlung des Klägers von einem Roboterfeind in einen Roboterbefürworter, sein ungewöhnliches Interesse an der Robotertechnik, seine nachlässige Behandlung der Druckerfahnen, sein Bemühen, das Buch bis zum Erscheinen geheimzuhalten, deutlich darauf hinweisen …«
»Herr Rechtsanwalt«, unterbrach der Richter ungeduldig, »hier ist kaum der Ort für solche Schlußfolgerungen. Nicht der Ankläger wird verurteilt. Ich muß Sie bitten, diese Angriffe zu unterlassen. Diese Äußerungen, wenn sie auch aus einer Notlage heraus entstanden, können Ihre Lage nur verschlechtern. Wenn Sie gerechtfertigte Fragen zu stellen haben, Herr Rechtsanwalt, so fahren Sie mit Ihrem Kreuzverhör fort. Aber ich warne Sie vor weiteren Ausfällen der eben gehörten Art.«
»Ich habe keine Fragen mehr, Euer Ehren.«
Robertson flüsterte erregt auf ihn ein, als er zu seinem Platz zurückkehrte.
»Um Himmels willen, was haben Sie nur angerichtet? Der Richter ist jetzt ganz und gar gegen Sie.«
Der Verteidiger blieb ruhig.
»Aber Ninheimer ist aus der Fassung gebracht. Wenn wir unseren morgigen Schachzug tun, ist er reif.«
Susan Calvin
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