9 SCIENCE FICTION-STORIES
streckte sie eine Hand aus.
»Komm, Easy!«
Der Roboter sah in ihre Richtung und streckte seinen langen Metallarm aus. Er war einen halben Meter größer als sie, aber er folgte ihr brav.
Easy setzte sich vorsichtig in einen großen Stuhl, den der Gerichtsdiener gebracht hatte. Das Holz knarrte verdächtig, aber es hielt.
Der Verteidiger begann:
»Ich möchte meinen ersten Zeugen vernehmen. Professor Simon Ninheimer, bitte.«
Der Protokollführer zögerte und sah den Richter an. Richter Shane fragte mit sichtlicher Überraschung:
»Sie rufen den Kläger als Ihren Zeugen auf 7«
»Ja, Euer Ehren.«
»Ich hoffe, Sie sind sich im klaren darüber, daß Sie ihn als Ihren Zeugen keineswegs ins Kreuzverhör nehmen können, wie Sie es mit einem gegnerischen Zeugen tun könnten.«
Der Verteidiger lächelte höflich.
»Mein einziges Ziel ist, die volle Wahrheit zu erfahren. Ich werde nicht mehr als ein paar höfliche Fragen stellen.«
»Gut«, sagte der Richter zweifelnd. »Es ist schließlich Ihr Fall. Rufen Sie den Zeugen auf.«
Ninheimer trat in den Zeugenstand und wurde darüber belehrt, daß er immer noch unter Eid stand. Er wirkte nervöser als am Vortag – fast ängstlich.
Aber der Verteidiger sah ihn wohlwollend an.
»Herr Professor Ninheimer, Sie fordern von meinem Klienten eine Summe von 750 000 Dollar.«
»Das ist – äh – die Summe. Ja.«
»Viel Geld, nicht wahr?«
»Ich erlitt auch einen großen Schaden.«
»So groß wie die Summe war er sicher nicht. Es geht lediglich um ein paar Passagen in einem Buch. Vielleicht waren sie etwas unglücklich gewählt, aber schließlich kommt es immer wieder vor, daß in Büchern eigenartige Dinge stehen.«
Ninheimers Nasenflügel bebten.
»Sir, dieses Buch sollte der Gipfelpunkt meiner Karriere sein! Statt dessen degradiert es mich zu einem unfähigen Stümper, zu einem Mann, der die Ansichten seiner Freunde und geschätzten Kollegen verdreht und der lächerliche und – äh – altmodische Standpunkte vertritt. Mein Ruf als Soziologe ist unwiederbringlich zerstört. Ich kann meine berufliche Laufbahn nicht fortsetzen, obwohl sie mein ganzer Lebensinhalt war. Der Zweck meiner Existenz wurde – äh – vernichtet.«
Der Verteidiger machte keinen Versuch, die Rede zu unterbrechen. Er sah geistesabwesend seine Fingernägel an. Dann meinte er besänftigend:
»Aber, Herr Professor Ninheimer, Sie konnten doch gewiß nicht hoffen, daß Sie für den Rest Ihres Lebens – seien wir großzügig – mehr als 150 000 Dollar verdient hätten. Und dennoch verlangen Sie vom Gericht, daß man Ihnen die fünffache Summe auszahlt.«
Professor Ninheimers Erregung steigerte sich noch. Er sagte leidenschaftlich:
»Mein Ruf ist nicht nur zu meinen Lebzeiten ruiniert. Ich weiß nicht, wie viele Generationen von Soziologen mit dem Finger auf mich deuten und mich als Verrückten hinstellen werden. Meine wirklichen Erkenntnisse wird man gar nicht lesen. Ich bin nicht nur vor meinem Tode ruiniert, sondern auch in alle Zukunft, denn es wird immer Menschen geben, die nicht glauben, daß der Roboter diese Stellen eingefügt hat …«
In diesem Augenblick erhob sich Roboter EZ-27. Susan Calvin versuchte nicht, ihn daran zu hindern. Sie saß reglos da und starrte geradeaus. Der Verteidiger stieß einen leichten Seufzer aus.
Easys melodische Stimme war klar und deutlich. Er sagte:
»Ich würde gern allen Anwesenden mitteilen, daß ich tatsächlich einige Passagen in die Druckerfahnen einfügte, die genau im Gegensatz zu dem zu stehen schienen, was zuerst …«
Selbst der Anklagevertreter war zu verblüfft von dem mehr als zwei Meter großen Roboter, der sich an das Hohe Gericht wandte, als daß er Einspruch
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