9 SCIENCE FICTION-STORIES
M’sieu Macht?«
»Daß ich, Maximilian Macht, mit einem braunhaarigen Mädchen, das bereits verlobt ist, leben oder sterben müsse.« Er grinste schief. »Und ich weiß noch nicht einmal, was ›verlobt‹ bedeutet.«
»Das werden wir herausfinden«, sagte Virginia. »Wann sagte es das?«
»Wer ist ›es‹?« fuhr ich die beiden an. »Um Himmels willen, wovon sprecht ihr nur?«
Macht sah mich an und senkte seine Stimme: »Das Abba-dingo!« Dann wandte er sich ihr zu und beantwortete ihre letzte Frage: »Vor vierzehn Tagen.«
Virginia wurde weiß. »Es spricht also noch, es spricht. Paul, Liebling, zu mir sagte es nichts. Aber meiner Tante sagte es etwas, das ich nie vergessen konnte.«
Ich hielt sie umfaßt und versuchte ihr in die Augen zu sehen. Aber sie drehte sich weg.
»Und was sagte es?« fragte ich.
»Paul und Virginia.«
»Und?« fragte ich.
Ich erkannte sie kaum wieder. Ihre Lippen waren zusammengepreßt. Sie war nicht wütend. Es war etwas anderes – Schlimmeres. Sie war angespannt. So etwas hatten wir schätzungsweise seit mehr als tausend Jahren nicht mehr erlebt.
»Paul, begreif doch! Die Maschine gab der Frau unsere Namen – aber das geschah schon vor zwölf Jahren.«
Macht stand so plötzlich auf, daß sein Stuhl umkippte und der Ober auf uns zulief.
»Damit ist alles klar«, sagte er. »Wir gehen zusammen.«
»Wohin?« fragte ich.
»Zum Abba-dingo.«
Virginia und ich sprachen gleichzeitig. »Aber weshalb denn jetzt?« fragte ich, während sie sich erkundigte: »Wird es sprechen?«
»Es spricht immer«, erklärte Macht, »wenn man von der Nordseite kommt.«
»Und wie kommen wir hin?« fragte Virginia.
Macht runzelte die Stirn und sah sie traurig an. »Es gibt nur einen Weg. Über den Alpha Ralpha Boulevard.«
Virginia stand auf. Ich folgte ihrem Beispiel.
Und dann erinnerte ich mich. Alpha Ralpha Boulevard. Das war eine zerstörte Straße, die in den Himmel hinaufragte und über der Stadt schwach wie ein Dunststreifen sichtbar war. Früher hatte sie als Prozessionsstraße gedient, auf der die Eroberer herabkamen und auf der Tribut hinaufgesandt wurde. Aber nun war sie zerstört, seit vielen Jahrtausenden verschlossen für die Menschheit. Sie verlor sich in den Wolken.
»Ich kenne sie«, sagte ich. »Sie ist zerstört.«
Macht sagte nichts, aber er starrte mich an, als sei ich ein Außenseiter …
Virginia war sehr blaß vor Erregung und Anspannung. Sie sagte nur: »Komm!«
»Aber weshalb?« fragte ich sie. »Weshalb?«
»Du Narr«, erklärte sie. »Wenn wir schon keinen Gott haben, so haben wir wenigstens die Maschine. Sie ist der einzige Mechanismus auf der Welt, den die Instrumentalität nicht versteht. Vielleicht sagt sie die Zukunft voraus. Vielleicht ist sie gar keine Maschine. Ganz gewiß aber kommt sie aus einer anderen Zeit. Verstehst du denn nicht, Liebling? Wenn sie sagt, daß wir wir sind, dann können wir sicher sein.«
»Und wenn nicht?«
»Dann sind wir es nicht.« Ihr Gesicht war kummervoll.
»Was meinst du damit?«
»Wenn wir nicht wir selbst sind«, sagte sie, »dann sind wir nichts als Spielzeug, Puppen, Marionetten, die von der Instrumentalität geführt werden. Du bist nicht Paul, und ich bin nicht Virginia. Aber wenn das Abba-dingo, das die Namen Paul und Virginia schon zwölf Jahre vorher kannte – wenn dieses Abba-dingo bestätigt, daß wir wir selbst sind, dann ist es mir egal, ob es eine Weissagungsmaschine oder ein Gott oder ein Teufel oder sonst etwas ist. Es ist mir egal. Ich will nur die Wahrheit wissen.«
Als wir draußen waren, befanden wir uns in einem vornehmen Villenviertel. Alles lag in Ruinen. Die Bäume hatten zwischen den Mauern Wurzeln geschlagen. Blumen wucherten über den verwilderten Rasen, drangen durch die offenen Türen und breiteten sich in den dachlosen Räumen aus. Wer
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