9 SCIENCE FICTION-STORIES
Lampenpfahl beugte und ihn kräftig abklopfte – und schwupp! im nächsten Augenblick schrie er auf wie ein junger Hund und jagte mit halsbrecherischer Geschwindigkeit den Berg hinauf. Bevor er in den Wolken über uns verschwand, hörte ich ihn etwas rufen, aber ich konnte seine Worte nicht verstehen.
Virginia sah mich an. »Willst du jetzt zurückgehen? Macht ist fort. Wir können sagen, daß ich müde geworden bin.«
»Meinst du das im Ernst?«
»Natürlich, Liebling.«
Ich lachte ein wenig verärgert. Sie hatte darauf bestanden, daß wir hierherkamen, und jetzt wollte sie umkehren und aufgeben, nur um mir einen Gefallen zu erweisen.
»Mach dir keine Sorgen«, sagte ich. »Es kann jetzt nicht mehr weit sein.«
»Paul …« Sie stand ganz dicht neben mir. Ihre Augen sahen mich besorgt an, als versuche sie, in meinem Blick zu lesen. Willst du so mit mir sprechen? dachte ich.
»Nein«, erwiderte sie in Französisch. »Ich möchte meine Gedanken aussprechen. Einen nach dem anderen. Paul, ich will zum Abba-dingo gehen. Ich muß hingehen. Es ist der größte Wunsch meines Lebens. Aber gleichzeitig sträubt sich etwas in mir, hinzugehen. Irgend etwas stimmt dort oben nicht. Lieber besitze ich dich nur zum Schein als überhaupt nicht. Es könnte uns etwas zustoßen.«
Mit rauher Stimme fragte ich: »Hast du jetzt diese ›Angst‹, von der Macht vorhin sprach?«
»O nein, Paul, ganz und gar nicht. Es ist kein erregendes Gefühl. Eher, als wäre in einer Maschine etwas zerbrochen …«
»Hör zu!« unterbrach ich sie.
Von weit oben aus den Wolken kam ein Laut wie das Wimmern eines Tieres. Ich hörte Worte. Es mußte Macht gewesen sein. Ich glaube, daß ich das Wort »Vorsicht!« verstanden hatte. Als ich ihn telepathisch suchte, verschwamm alles in der Ferne.
»Folgen wir ihm, Liebling«, sagte ich.
»Ja, Paul«, erwiderte sie, und in ihrer Stimme klang ein unergründliches Gemisch aus Glück, Resignation und Verzweiflung mit …
Bevor wir weitergingen, sah ich sie voll an. Sie war mein Mädchen.
Der Himmel wurde gelblich, und die Lichter waren noch nicht eingeschaltet. In dem reichen Licht des Himmels waren Virginias braune Locken wie von Gold überzogen, die braunen Augen wurden so dunkel wie die Iris, und ihr junges, schwermütiges Gesicht erschien mir bedeutungsvoller als jedes andere menschliche Gesicht, das mir bisher begegnet war.
»Du gehörst mir«, sagte ich.
»Ja, Paul.« Sie sah mich an und lächelte strahlend. »Daß du es gesagt hast, ist doppelt schön.«
»Wir sind nicht so frei wie die Vögel, Liebling«, sagte ich zu Virginia, »aber wir sind freier, als es die Menschen seit Jahrtausenden waren.«
Anstelle einer Antwort nahm sie meinen Arm und lächelte mir zu.
»Und jetzt«, fügte ich hinzu, »folgen wir Macht. Leg deine Arme um mich und halte dich ganz fest. Ich versuche es mit dem nächsten Pfahl. Wenn wir schon kein Abendessen bekommen, dürfen wir vielleicht umsonst eine Reise machen.«
Ich wartete, bis sie sich an mir festhielt, und schlug dann gegen den Pfosten.
Gegen welchen Pfosten?
Im nächsten Augenblick segelten die Laternenmasten verschwommen an uns vorbei. Der Boden unter unseren Füßen schien sich nicht zu bewegen, und doch jagten wir mit großer Geschwindigkeit dahin. Selbst die Untergrundbahnen konnten nicht mit solchen Geschwindigkeiten fahren. Virginias Kleid flatterte so heftig, daß es bei jedem neuen Windstoß ein klatschendes Geräusch verursachte. Im Nu befanden wir uns in der Wolke. Und im Nu hatten wir sie hinter uns.
Eine neue Welt war um uns. Die Wolken lagen unter und über uns. Hier und da blitzte der blaue Himmel durch. Wir standen still. Die Ingenieure der alten Zeiten hatten diesen Weg meisterhaft angelegt. Wir bewegten uns höher, immer höher, ohne daß uns
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