9 SCIENCE FICTION-STORIES
keinen Maximilian Macht mehr. Er würde ›tot‹ sein, und seine inneren Teile mußten irgendwo auf dem Boden bleichen.
Virginia beharrte auf ihrem Wunsch.
Wir krochen zum Rand.
Ein Vogel jagte uns entgegen. Er zielte direkt mit dem Schnabel auf mich. Ich wich zurück. Ein Flügel traf mich und streifte meine Wange. Ich hatte nicht gewußt, daß Federn so hart sein konnten. Diese Vögel müssen beschädigte Gehirne haben, dachte ich, wenn sie Menschen auf dem Alpha Ralpha Boulevard angreifen. So benimmt man sich doch nicht echten Menschen gegenüber.
Schließlich erreichten wir, auf allen vieren kriechend, den Rand. Ich versuchte, mich mit den Fingernägeln der linken Hand in das Geländer einzukrallen, aber das steinartige Material war glatt bis auf ein paar Ornamente. Meinen rechten Arm hatte ich um Virginia gelegt. Es war mühsam, sich so fortzubewegen, da mein Körper immer noch von dem Aufprall an den Rand des Boulevards schmerzte. Als ich zögerte, kroch Virginia noch ein Stück weiter nach vorne.
Wir sahen nichts.
Das düstere Gelb hatte uns eingehüllt.
Der Wind und das Wasser schlugen uns wie mit Riesenfäusten.
Ihr Kleid wurde vom Wind geschüttelt. Ich wollte sie zurück in den Schatten des Geländers bringen, wo wir warten konnten, bis die Luftbewegung vorbei war.
Ganz plötzlich war alles um uns in helles Licht getaucht. Es war ungebändigte Elektrizität, die die Alten Blitz nannten. Später fand ich heraus, daß Blitze in Gegenden, in denen die Wettermaschinen abgeschaltet waren, ziemlich häufig vorkamen.
Das kurze, grelle Aufleuchten zeigte uns ein weißes Gesicht, das zu uns heraufstarrte. Macht hing in den Kabeln unter uns. Sein Mund stand weit offen. Er schrie uns etwas zu. Ich habe nie erfahren, ob sein Gesicht ›Angst‹ oder vollkommenes Glück ausdrückte. Jedenfalls war starke Erregung in ihm. Das helle Licht ging aus, und ich glaubte das Echo eines Rufes zu hören. Ich versuchte ihn telepathisch aufzufangen, aber alles blieb still. Nur die Gedanken eines hartnäckigen Vogels, der mir sein Neinneinneinnein! zurief.
Virginia versteifte sich in meinen Armen. Sie wand sich. Ich rief sie auf französisch an. Sie hörte nicht.
Dann rief ich sie telepathisch.
Fremde Gedanken waren da.
Virginias Botschaft war erfüllt von Abscheu und Haß: »Das Katzenmädchen! Sie will mich anrühren]«
Sie schnellte herum. Mein rechter Arm war plötzlich frei. Ich sah ihr goldfarbenes Kleid am Abgrund kurz aufschimmern. Dann fing ich ihre Gedanken auf.
»Paul, Paul, ich liebe dich. Paul, hilf mir doch.«
Je tiefer der Körper fiel, desto schwächer vernahm ich ihre Gedanken.
Die fremden Gedanken waren von K-mell ausgegangen, die wir auf dem Herweg im Korridor getroffen hatten.
»Ich wollte euch beide holen«, dachte sie. »Aber um sie kümmerten sich die Vögel nicht.«
»Was haben die Vögel damit zu tun?« wollte ich wissen.
»Du hast ihnen geholfen. Du hast ihre Jungen gerettet, als der rothaarige Mann sie töten wollte. Wir waren alle sehr gespannt, was ihr echten Menschen tun würdet, wenn ihr einmal frei seid. Jetzt wissen wir es. Die einen sind schlecht und bringen die niedrigeren Lebensarten um. Andere sind gut und schützen das Leben.«
Ich dachte: Ist das der Unterschied zwischen Gut und Böse ?
Vielleicht hätte ich besser auf der Hut sein sollen. Die Menschen verstanden nicht zu kämpfen – im Gegensatz zu den Homunkuli.
K-mell, das Katzenmädchen, traf mit der vollen Wucht ihrer Faust mein Kinn. Narkose kannte sie nicht, und die einzige Möglichkeit, mich bei dem Taifun über die Kabel zu tragen, bestand darin, daß ich bewußtlos und entspannt war.
Ich erwachte in meinem eigenen Zimmer. Ich fühlte mich wohl. Der Roboterarzt war bei mir. Er
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