9 SCIENCE FICTION-STORIES
waren. Aber sie war mehr als das. Sie war meine neugefundene Liebe in einer – in unserer – neugefundenen Welt. Sie war meine Mademoiselle von Martinique. Die Botschaft kümmerte mich nicht. Sie war verrückt. Wir hatten an der Tür mit der Aufschrift ESSEN gesehen, daß die Maschine nicht mehr funktionierte.
»Einundzwanzig Minuten«, dachte ich. »Etwa sechs Stunden sind schon vergangen. Wenn wir hier bleiben, befinden wir uns vielleicht in großer Gefahr.«
Mit weitausholenden Schritten gingen wir den Alpha Ralpha Boulevard hinab. Wir hatten das Abba-dingo gesehen und lebten immer noch. Ich hatte zumindest nicht das Gefühl, tot zu sein. Aber dieses Wort war für uns so lange ohne Bedeutung gewesen, daß man sich nur schwer etwas Konkretes darunter vorstellen konnte.
Die Rampe führte jetzt so steil abwärts, daß wir wie Pferde dahinsprangen. Der Wind blies uns mit unvorstellbarer Gewalt ins Gesicht. Ja, das war es – Wind, vent. Aber dieses Wort schlug ich erst viel später nach.
Wir sahen nie den ganzen Turm – nur die Wand, an der die alte Düsenbahn uns abgesetzt hatte. Das übrige blieb von Wolken umhüllt, die wie zerfetzte Lumpen flatterten.
Der Himmel war auf einer Seite rot und auf der anderen schmutziggelb.
Große Wassertropfen begannen auf uns herabzupeitschen.
»Die Wettermaschinen sind kaputt«, schrie ich Virginia zu.
Sie wollte antworten, aber der Wind trug ihre Worte weg. Ich wiederholte, was ich über die Wettermaschinen gesagt hatte, und sie nickte mir fröhlich und glücklich zu, obwohl der Wind ihre Haare nach hinten wehte und die Wassertropfen ihr goldfarbenes Kleid durchnäßten.
Es war ihr gleichgültig. Sie hielt sich an meinem Arm fest. Sie strahlte mich an, als wir nach unten gingen und uns gegen den steilen Weg stemmten. Ihre braunen Augen waren voller Leben und Zuversicht. Sie merkte, daß ich sie beobachtete und drückte ihre Lippen auf meinen Arm, ohne den Schritt zu verlangsamen. Sie gehörte für immer mir, und sie wußte es.
Das Wasser von oben – Regen, wie ich später erfuhr, trommelte immer stärker auf uns ein. Plötzlich kamen Vögel herunter. Einer von ihnen, ein riesiges Tier, kämpfte mühsam gegen den Wind an und flatterte mit seinen großen Schwingen vor meinem Gesicht. Er krächzte mir warnend entgegen, doch dann trug der Wind ihn weiter. Kaum war der eine fort, als der nächste mich rammte. Ich sah auf ihn herab, aber schon nahm auch ihn der Wind mit. Nur ein telepathisches Echo blieb zurück: Neinneinneinnein!
»Was ›nein‹?« dachte ich. Aber auf den Rat eines Vogels darf man nicht allzuviel geben.
Virginia packte meinen Arm und blieb stehen.
Ich hielt ebenfalls an.
Vor uns lag das eingebrochene Ende des Alpha Ralpha Boulevards. Häßliche gelbe Wolken schwebten in dem Spalt wie giftige Fische, die ihre unerklärliche Bahn ziehen.
Virginia schrie etwas.
Ich konnte sie nicht verstehen, deshalb beugte ich mich tiefer zu ihr herunter. So weit, daß ihr Mund mein Ohr berührte.
»Wo ist Macht?« schrie sie.
Vorsichtig brachte ich sie zur linken Seite des Weges, wo uns das Geländer etwas Schutz gegen die rasenden Winde gewährte. Aber keiner von uns konnte sehr weit sehen. Virginia kniete am Rand nieder. Ich ging neben ihr zu Boden. Das Wasser peitschte uns auf den Rücken. Die Helligkeit um uns hatte sich in ein schmutziges Gelb verwandelt.
Noch konnten wir sehen, aber nicht sehr weit.
Ich wollte im Schutz des Geländers sitzen bleiben, aber sie drängte mich vorwärts. Sie wollte, daß ich etwas wegen Macht unternähme. Das ging einfach über meine Kräfte. Wenn er Schutz gefunden hatte, war er sicher, aber wenn er sich noch auf den herausragenden Kabeln befand, würden ihn die Winde bald herunterstoßen. Und dann gab es
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