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9 SCIENCE FICTION-STORIES

9 SCIENCE FICTION-STORIES

Titel: 9 SCIENCE FICTION-STORIES Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. W. Mommers und A. D. Krauß
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al­les wis­sen möch­test.« Er schwieg einen Au­gen­blick, und ich spür­te wie­der die vol­le Schär­fe sei­nes Blickes. »Aus wel­chem Kon­ver­sa­ti­ons­le­xi­kon hast du dir ei­gent­lich dei­ne An­schau­ung von der Psych­ia­trie ge­holt?«
    »Ich ver­ste­he nicht, was Sie da­mit mei­nen.«
     
    Stern zog ei­ne Schreib­tisch­schub­la­de auf und hol­te ei­ne ge­schwärz­te Pfei­fe her­aus. Er roch an ihr und dreh­te sie um, wäh­rend er mich an­sah. »Die Psych­ia­trie schält den Men­schen ab wie ei­ne Zwie­bel. Sie ent­fernt ei­ne Haut nach der an­de­ren, bis nur noch der in­ners­te, un­be­rühr­te Kern des Ichs zu­rück­bleibt. Oder ein an­de­res Bild: Die Psych­ia­trie bohrt sich wie ein Öl­boh­rer in die Tie­fe – nach un­ten, ein Stück­chen da­ne­ben und wie­der nach un­ten –, durch all den Dreck und die Fels­schich­ten, bis sie auf die rich­ti­ge Stel­le trifft. Oder: Die Psych­ia­trie nimmt ei­ne Hand­voll se­xu­el­ler Mo­ti­ve und schleu­dert sie auf die win­zi­ge Ma­schi­ne dei­nes Le­bens, so daß sie auf be­stimm­te Epi­so­den tref­fen. Noch mehr?«
    Ich muß­te la­chen. »Der letz­te Ver­gleich war ganz gut.«
    »Der letz­te war ziem­lich schlecht. Sie sind al­le schlecht. Sie ver­su­chen et­was zu ver­ein­fa­chen, das in sich und ge­ra­de durch sei­ne Exis­tenz sehr kom­plex ist. Die ein­zi­ge Dau­men­re­gel, die du von mir be­kommst, ist fol­gen­de: Nie­mand au­ßer dir selbst weiß im Grun­de, was mit dir nicht stimmt. Nie­mand au­ßer dir selbst kann ei­ne Heil­me­tho­de fin­den. Nie­mand au­ßer dir wird wis­sen, daß es ei­ne Heil­me­tho­de ist. Und so­bald du sie ge­fun­den hast, wird dir nie­mand hel­fen kön­nen, sie an­zu­wen­den.«
    »Und wes­halb sind Sie dann hier?«
    »Ich hö­re zu.«
    »Ich zah­le doch nicht je­mand einen irr­sin­nig ho­hen Stun­den­lohn, wenn er nichts tut als zu­hö­ren.«
    »Si­cher. Aber du bist über­zeugt da­von, daß ich die wich­ti­gen Din­ge her­aus­hö­re.«
    »Glau­ben Sie?« Ich dach­te dar­über nach. »Wahr­schein­lich ha­ben Sie recht.«
    »Ich tue es aber nicht. Doch das wirst du mir nie glau­ben.«
    Ich lach­te. Er frag­te mich, wes­halb. »Weil Sie mich nicht mehr Son­ny nen­nen«, sag­te ich.
    »Dich nicht.« Er schüt­tel­te lang­sam den Kopf. Wäh­rend er das tat, be­ob­ach­te­te er mich. »Und was möch­test du über dich wis­sen?
    Es scheint dich zu be­un­ru­hi­gen, da du nicht willst, daß an­de­re Leu­te da­von er­fah­ren.«
    »Ich möch­te wis­sen, warum ich je­mand um­ge­bracht ha­be«, sag­te ich ge­ra­de­her­aus.
    Es ent­setz­te ihn nicht im ge­rings­ten. »Leg dich dort drü­ben hin.«
    Ich stand auf. »Auf die Couch?«
    Er nick­te.
    Als ich mich ein we­nig ver­le­gen aus­streck­te, sag­te ich: »Ich kom­me mir vor wie in ei­nem dum­men Witz, den ich ein­mal ge­se­hen ha­be.«
    »Was für ein Witz?«
    »Ein Kerl, der so ge­zeich­net ist, daß er wie ein Bün­del Trau­ben aus­sieht.« Ich sah zur De­cke. Sie war blaß­grau.
    »Und was stand dar­un­ter?«
    »›So was hängt sich an die Ner­ven!‹«
    »Sehr schön«, sag­te er ru­hig.
    Ich sah ihn ge­nau an. Er ge­hör­te zu der Sor­te, die ganz ver­steckt la­chen, wenn sie über­haupt la­chen.
    Er sag­te: »Den könn­te ich als Ein­lei­tung für mein ge­plan­tes Buch über in­ter­essan­te Fäl­le ver­wen­den. Nein, dein Fall wird nicht dar­in vor­kom­men. Wie kamst du ge­ra­de dar­auf?« Als ich kei­ne Ant­wort gab, stand er auf und schob sei­nen Stuhl so hin­ter mich, daß ich ihn nicht mehr se­hen konn­te. »Du kannst auf­hö­ren, mich zu tes­ten, Son­ny. Ich bin wirk­lich gut ge­nug für dei­ne Zwe­cke.«
    Ich preß­te mei­ne Kie­fer so fest zu­sam­men, daß mei­ne Ba­cken­zäh­ne schmerz­ten. Dann ent­spann­te ich mich. Ich ent­spann­te mich völ­lig. Es war ein herr­li­ches Ge­fühl. »Al­so gut«, sag­te ich. »Es tut mir leid.« Er sag­te nichts, aber ich hat­te wie­der das Ge­fühl, daß er lach­te. Nicht über mich dies­mal.
    »Wie alt bist du?« frag­te er mich plötz­lich.
    »Äh – fünf­zehn.«
    »Äh – fünf­zehn«, wie­der­hol­te er. »Was be­deu­te­te das ›Äh‹?«
    »Nichts. Ich bin fünf­zehn.«
    »Als ich dich nach dei­nem Al­ter frag­te,

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