9 SCIENCE FICTION-STORIES
gefällt.«
»Und das wäre?« fragte ich über eine jener weiten Kluften hinweg, die sich zwischen mir und ihm dauernd bildeten und wieder überbrückt wurden.
»Ich wollte es aus deinen Büchern lernen.«
»Das hast du mir nie gesagt.«
Zum zweitenmal sagte er: »Du lernst, aber du denkst nicht. Es gibt eine Art – nun, Person. Sie besteht aus getrennten Teilen, aber sie ist eine Einheit. Sie hat so etwas wie Hände, so etwas wie Beine, so etwas wie einen Mund zum Sprechen und ein Gehirn zum Denken. Das bin ich, das Gehirn dieser Person. Verdammt schwach, ich muß zugeben, aber ich habe nichts Besseres gefunden.«
»Du bist verrückt.«
»Nein, bin ich nicht«, sagte er, nicht im geringsten beleidigt und völlig überzeugt. »Den Teil, der die Hände übernimmt, habe ich schon. Sie bewegen sich, wann ich es befehle, und sie tun, was ich will, obwohl sie noch zu jung sind, um viel Gutes zu tun. Ich habe auch schon den Teil, der spricht. Und der ist wirklich Klasse.«
»Deine Sprechweise ist aber miserabel«, sagte ich. Ich kann nun mal schlecht gesprochenes Englisch nicht ausstehen.
Er war überrascht. »Ich spreche nicht von mir. Sie ist in der Hütte bei den anderen.«
»Sie?«
»Na, diejenige, die spricht. Jetzt brauche ich noch einen, der denkt, der zwei und zwei zusammenzählen kann und immer die richtige Antwort bereit hat. Und sobald wir alle beisammen sind und die Teile aneinander gewöhnt sind, bin ich dieses neue Ding, von dem ich dir erzählt habe. Verstehst du? Nur – ich wollte, ich hätte einen klügeren Kopf.«
Mein eigener Kopf summte. »Wie bist du auf diese Idee gekommen?«
Er betrachtete mich ernst. »Weshalb wachsen dir Haare in der Achselhöhle?« fragte er mich. »So etwas denkt man sich nicht aus. Es ist einfach da.«
»Was – was tust du, wenn du mir in die Augen siehst?«
»Möchtest du einen Namen dafür? Ich weiß keinen. Ich weiß nicht, wie ich es mache. Ich weiß nur, daß ich jeden dazu zwingen kann, das zu tun, was ich will. So kann ich dich zum Beispiel dazu zwingen, daß du mich vergißt.«
»Ich will nicht vergessen«, sagte ich mit erstickter Stimme.
»Du wirst es aber.« Ich wußte nicht, ob er damit meinte, daß ich ihn vergessen würde oder daß ich ihn vergessen wollte. »Du wirst mich hassen, und dann, nach langer Zeit, wirst du mir dankbar sein. Vielleicht wirst du auch eines Tages etwas für mich tun können. Du wirst so dankbar sein, daß du es gern tun wirst. Aber du wirst alles vergessen, bis auf eine Art – Gefühl. Und vielleicht meinen Namen.«
Ich weiß nicht, was mich zu dieser Frage bewegte, aber ich stellte sie ihm ganz gedankenverloren: »Und niemand wird je wissen, was zwischen dir und mir war?«
»Nein«, sagte er. »Wenn nicht … Nun, außer dem Kopf des Lebewesens vielleicht.« Er erhob sich.
»Warte doch, warte!« rief ich. Er durfte jetzt nicht weggehen, nicht jetzt. Er war ein großes, schmutziges Tier von einem Mann, aber auf irgendeine schreckliche Weise hatte er mich gefangengenommen. »Du hast mir noch nicht dieses – andere gegeben.«
»Ach das«, sagte er. »Ja.«
Er bewegte sich wie der Blitz. Ein Druck, ein Hinstrecken und ein – ein Durchbruch. Und mit einem zerreißenden Schmerz und einem Aufflammen des Triumphs, der den Schmerz überlagerte, war es geschehen.
Ich kam zu mir und konnte genau die zwei Ebenen erkennen:
Ich bin elf, atemlos von dem Schock, den das Eintreten eines fremden Ichs in mein Inneres verursacht hat. Und:
Ich bin fünfzehn und liege auf der Couch, während Stern gleichmäßig weitersprach: »… Ruhig, ruhig, deine Schenkel und Knöchel sind so steif wie deine Zehen, dein Nacken ist so steif wie dein Bauch, er ist ruhig und leicht und gar nicht vorhanden. Steif, ganz steif …«
Ich setzte mich auf und stellte die Beine auf den Boden. »Okay«, sagte ich.
Stern sah mich ein wenig verärgert an. »Es wird helfen«,
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