9 SCIENCE FICTION-STORIES
Tagen. Er war immer auf der kleinen Lichtung, wartete im Schatten und nahm, was er aus den Büchern brauchte. Mich ließ er unbeachtet. Er erwähnte nie das nächste Treffen. Ob er täglich kam, um auf mich zu warten, oder ob er nur kam, wenn ich hinging, weiß ich nicht.
Er ließ mich Bücher lesen, die mir nichts sagten, Bücher über Evolution, Gesellschafts- und Kulturorganisationen, Mythologie …
Und soviel wie möglich über Symbiose. Ich unterhielt mich nicht mit ihm. Manchmal sprachen wir kein Wort, und außer seinen überraschten Ausrufen war nichts zu hören.
Er entriß mir die Bücher, wie er Beeren von einem Strauch riß – alle auf einmal. Er roch nach Schweiß und Erde und den grünen Säften, die er im Wald beim Vorbeistreifen aus den Blättern preßte.
Wenn er etwas aus den Büchern lernte, so merkte man es seiner äußeren Erscheinung nicht an.
Es kam ein Tag, an dem er neben mir saß und an etwas herumzurätseln schien.
Er sagte: »Kennst du ein Buch, das über solche Dinge Bescheid gibt?« Er wartete lange und dachte nach. »Zum Beispiel Termiten. Sie fressen das Holz, und kleine Bakterien in ihrem Magen verdauen es. Und die Termiten fressen nur das, was die Bakterien übriglassen. Was ist das?«
»Symbiose«, erinnerte ich mich. Ich erinnerte mich nur an die Worte. Lone holte den Inhalt aus den Worten und warf die Worte weg. »Zwei Lebensarten, die voneinander abhängen und ohne einander nicht existieren können.«
»Ja. Gibt es ein Buch über vier oder fünf dieser Arten?«
»Ich weiß nicht.«
Dann fragte er: »Was ist das? Man hat einen Sender mit vier oder fünf Empfängern, und jeder Empfänger macht etwas anderes. Einer gräbt, einer fliegt, einer macht Lärm, aber jeder nimmt seine Befehle von einer Zentrale entgegen. Jeder hat seine eigene Energie und seine eigene Aufgabe. Wenn man statt Sender und Empfänger verschiedene Lebewesen nimmt, was ist das?«
»Wo jeder Organismus ein Teil des Ganzen ist, aber trotzdem getrennt lebt? Nein, ich glaube nicht … Wenn Sie nicht gesellschaftliche Organisationen meinen, wie ein Team oder eine Gruppe von Leuten, die Befehle von einem Boß entgegennehmen.«
»Nein«, sagte er sofort, »nicht so. Wie ein einziges Tier.« Er machte eine Geste, und ich verstand.
»Sie meinen eine Gestalt -Lebensform?« fragte ich. »Das ist Phantasterei!«
»Darüber gibt es wohl keine Bücher, was?«
»Nicht daß ich wüßte.«
»Ich muß mehr darüber erfahren«, sagte er schwerfällig. »Es gibt so etwas. Ich möchte wissen, ob so etwas schon einmal da war.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, wie es so etwas geben sollte.«
»Aber ich lüge nicht. Ein Teil, der Dinge holt, ein Teil, der nachdenkt, ein Teil, der alles herausbringt, und ein Teil, der spricht.«
»Spricht? Nur Menschen sprechen.«
»Ich weiß«, sagte er und stand auf, um wegzugehen.
Ich suchte und suchte nach so einem Buch, aber ich konnte nichts dergleichen finden. So ging ich wieder zu Lone und sagte ihm Bescheid. Er schwieg sehr lange und betrachtete die blaue Hügelkette am Horizont. Dann sah er mich wieder mit seinen brennenden Augen an und suchte.
»Du lernst, aber du denkst nicht«, sagte er und sah wieder zum Horizont.
»Das ist bei allen Menschen so«, meinte er schließlich. »Es geschieht direkt vor ihren Augen, und sie sehen nichts. Es gibt Gedankenleser. Es gibt Menschen, die Dinge bewegen können, ohne sie zu berühren. Es gibt Menschen, die sich kraft ihres Verstandes selbst fortbewegen können. Was es nicht gibt, ist ein Mensch, der sie alle zusammenbringt – wie ein Gehirn, das alle Nerven vereinigt, die Seh-, Geschmacks- und Gefühlsnerven.«
»Ich bin so ein Mensch«, schloß er. Dann saß er wieder lange stumm da. Ich glaubte schon, er habe mich vergessen.
»Lone«, sagte ich, »was machen
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