9 SCIENCE FICTION-STORIES
Hebel zur Seite. Zwei glatte blaue Pillen rollten in seine Hand. »Ein wenig Penicillin kann nicht schaden. Hol dir in sechs Stunden noch eine Dosis.«
»He, Emil!« rief Barr plötzlich. »Das mit den fünf Tagen kann nicht stimmen.«
Migliardo warf einen Blick auf die Repetieruhr an der Wand. »Fünf Tage, eine Stunde, sechzehn Minuten und einunddreißig Sekunden.«
»Diese Uhr muß falsch gehen«, murmelte Barr. »Es ist bestimmt schon ein Monat vorbei.«
»Sie läuft synchron mit dem kristallstabilisierten Zeitmesser vom Steuerdeck«, erklärte Jelinek. »Eine genauere Zeitangabe gibt es gar nicht.«
»Ich traue es Phillips ohne weiteres zu, daß er sie auf langsam stellt«, murmelte Barr. »Diese Tricks kenne ich bei ihm. Wenn wir dann die Hälfte geschafft haben und allmählich nicht mehr können, sagt er uns, daß wir die Reise fast hinter uns haben. Und kommt sich mächtig schlau dabei vor.«
»Hör mal, Iron«, sagte Craddock und schwebte zum Tisch zurück, »was soll das alles denn? Nicht einmal im Spaß klingt es sehr angenehm.«
»Es ist aber kein Spaß. Ich weiß, daß wir schon länger als fünf Tage unterwegs sind.«
Craddock hielt sich an der Tischkante fest und steckte seine Beine durch die Schlingen. »Wir haben keine Funkverbindung – wie wollte er uns denn auf den Irrtum aufmerksam machen?«
»Und wofür, glaubst du, ist diese schwenkbare Parabolantenne gut?« fragte Barr sarkastisch.
»Um die Entfernung der Raketensonden abzumessen, wenn wir auf dem Mars landen.«
»Hat man uns gesagt, jawohl«, spöttelte Barr. »Und weshalb zeigt sie dauernd nach der Erde?«
»Wie soll ich das wissen?« erwiderte Craddock heftig. »Vielleicht nimmt sie andere Entfernungsmessungen vor.«
»Entfernungsmessungen! Mit der Energie, die das Ding braucht? Mach dich nicht lächerlich.«
Migliardo schluckte das letzte Stück Schokolade hinunter. »Das Ding braucht nicht viel Energie.«
Barr sah ihn verächtlich an. »Deshalb bist du auch Zweiter Ingenieur auf dieser Kiste anstatt Erster. Die Energie wird auf den Meßgeräten nicht angezeigt. Ich wunderte mich schon, weshalb der Reaktor nicht mit voller Leistung lief. Diese Antenne da braucht einen Teil für sich – und sie holt ihn sich durch eine Leitung, die nicht an das Meßgerät angeschlossen ist. Alles Schwindel!«
»Hör mal, Iron«, meinte Migliardo friedlich. »Warum sollten sie so was wohl tun?«
»Warum haben sie eine Wand des Steuerdecks versiegelt und außer Reichweite angeordnet?« fragte Barr. Er drehte sich herum und sah Jelinek an. »Du weißt mehr als die anderen, was sagst du dazu?«
»Es hieß, daß man uns einen Sicherheitsfaktor zusätzlich zu den reichlich bemessenen Treibstoffvorräten und der außergewöhnlich starken Schiffskonstruktion geben wollte.«
»Warum sagte man uns nicht, worin er besteht?«
»Als Psychologe kann ich dir verraten, daß ein Sicherheitsfaktor, den man kennt, kein Sicherheitsfaktor mehr ist. Du fängst an, ihn mit einzukalkulieren. Aber wir müssen uns völlig auf ihn verlassen können, wenn alles andere schiefgeht. Deshalb ist es besser, wenn wir nicht zu genau wissen, worin er besteht. So ist das nun mal.«
»Es ist wie der Glaube an Gott«, sagte Migliardo.
Jelinek nickte. »Ja, eine reine Glaubensangelegenheit.«
Barrs Lippen kräuselten sich. »Quatsch! Ich will wissen. Gott überlasse ich denen, die ihn brauchen. Ihn kann man mit unseren Meßgeräten nicht feststellen. Verlaßt euch darauf, dieses Geschwätz mit dem Sicherheitsfaktor ist der gleiche Unsinn. Sie sagten uns nicht, worin er besteht, weil es ihn gar nicht gibt. Diese versiegelte Wand ist Betrug. Wenn wir sie öffnen, werden wir sehen, daß sie leer ist.«
»Barr …«, sagte Migliardo angespannt.
Jelineks ruhige Stimme unterbrach ihn.
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