9 SCIENCE FICTION-STORIES
Kostümen zu kleiden und mit Kosmetika aufzumöbeln. Das Endergebnis war, daß sie, anstatt wie eine einfache alte Hexe auszusehen, nun wie eine skandalös aufgetakelte, durch und durch verderbte, mutmaßlich betrunkene alte Hexe aussah.
Das Roma hat in seiner langen Geschichte, die bis zu den Tagen des Alkoholverbots zurückreicht, bestimmt schon alle Typen und Verfassungen erlebt. Ich bezweifle jedoch nicht, daß wir eins der übelsten Paare seit Eröffnung des Lokals waren.
»Das – äh – das ist meine Oma«, erklärte ich den schmutzig grinsenden Bekannten, an denen ich mich auf unserem Weg hinein nicht vorbeidrücken konnte. »Oma ist gerade zu Besuch da aus dem hintersten Hinterwald. Entschuldigt uns einen Augenblick, ja? Oma hat einen Doppelten dringend nötig.«
Das schien unbestreitbar. Wir nahmen schließlich an einem Tischchen hinten bei der Küche Platz und blieben dort bis zum Ende des Auftritts. »In Ordnung«, sagte meine alte Hexe, als Venus de Lite mit üblicher Hast ihren Strip im blauen Rampenlicht beendete. »Das Muster habe ich. Nur – es gibt da eine Anzahl Unterschiede zwischen der da und dem Bild in Ihrem Geist. Das Alter, die Chemikalien …«
Venus rauschte unter wildem Applaus ab. Die Lichter gingen an, und der Conferencier stolperte auf die Bühne, um uns mit seiner neuen Version alter Kalauer zu beglücken. Ich überlegte … Je schicker die Puppe, desto größer vermutlich der Grad der Illusion. »Wo Sie auf Widersprüche stoßen«, sagte ich meiner alten Hexe, »halten Sie sich einfach an meine Phantasie, ja?«
»Gemacht, gemacht«, erwiderte sie strahlend, und während sie meine Hand tätschelte, bedachte sie mich mit einem Augenaufschlag. Ich nahm ein verächtliches Gemurmel wahr, das von den umliegenden Tischen stammte. »Soll ich?« meinte sie. »Vielleicht machen Sie besser die Augen zu. Ich …«
»Nein, nicht hier!« Ich packte sie beim Arm und zerrte sie hoch. An den Nachbartischen schenkte man uns ungeteilte Aufmerksamkeit, und das Gemurmel hatte jetzt einen ominösen Klang angenommen. »Kommen Sie. Um Himmels willen, verschwinden wir!« Ich war nicht eben überzeugt, daß es funktionieren würde; aber ein gerammelt volles Nachtlokal eignet sich kaum dafür, es auszuprobieren.
»Leichenfledderer!« war eine der entrüsteten Bemerkungen, die ich aufschnappte, als ich die alte Vettel hinauszerrte.
Auf der Rückfahrt war sie still und nachdenklich. So auch ich, zumal mir der zweifelhafte Status meines Rufes und gesunden Menschenverstandes einiges zu denken gab …
Daheim zeigte sie sich kurzangebunden und geschäftig. Ich mußte ihr helfen, Konserven und anderes Zeug aus dem Kühlschrank zu schaffen und aufzustapeln. »Ist besser so …« Und mit typisch häuslicher Veranlagung fügte sie hinzu: »Sie hätten sich Energie und Material gespart, wenn Sie dort nicht gleich davongelaufen wären. Ich brauche eine ganze Menge, um den Wechsel durchzuführen. Mein eigener Vorrat ist knapp, und ich muß ihn mir für später aufheben.«
»Oh, geht in Ordnung. Fühlen Sie sich wie zu Hause.« Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Sache ins Traumhafte abglitt. Sie wissen ja, wie es manchmal bei Träumen ist? Handlung und Aufbau sind rein phantastisch. Man weiß, das Ganze ist barer Unsinn. Bei einiger Willensanstrengung könnte man aufwachen und dem ein Ende bereiten. Trotzdem läßt man den Dingen ihren Lauf, nur um zu sehen, was herauskommt … So etwa war mir jetzt.
»Oh, richtig, noch eins«, sagte meine Hexe. »Wie steht es mit den Augen? Ihr geistiges Bild von diesem billigen Flittchen in jenem zweitrangigen Lokal war ja reichlich ausgeschmückt, aber ich fand
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