9 SCIENCE FICTION-STORIES
Fremdartigkeit. Und dennoch, seltsamerweise erinnerte er mich in vielerlei Hinsicht an die frühere Zeit. Hier war eine Zivilisation, die sich in ihrer gesamten Struktur und Entwicklung grundlegend von unserer unterschied; dennoch aber schienen mir Lebensweise, Beziehung zur Umwelt und Gesellschaftsform seltsam vertraut. Sie kannten Arbeit, Entspannung, soziale Fürsorge. Sie vermehrten sich mittels einer Art Polaritätsmethode.
Sie hatten auch sogenannte »schöne Künste«, die auf Energieformen und – mustern beruhten. Ich werde nicht klug daraus … Sie sagte, es sei mit unserer Literatur, Musik und Malerei zu vergleichen, und so muß ich es wohl glauben. »Nur –«, wie sie später etwas wehmütig erklärte, »– in der gegenwärtigen Ära furchtbar dekadent …«
Darin lag der Haken. Ihre soziale Struktur schien letzten Endes jegliche Vitalität zu verlieren. Damit auch das Individuum. Die Geburtenziffer sank. Ein kultureller Abstieg setzte ein. Sie hatten – nach ihren Begriffen erst vor ganz kurzer Zeit – einen Weg gefunden, sich von ihrer Sonne loszulösen und durch das Weltall zu ziehen. Zwar stießen sie nicht selten auf Planeten mit Lebensformen wie unsere, doch trafen sie keine einzige an, die ihrer annähernd glich. Sie hatten gemeint, solche Kontakte könnten ihre Gesellschaft anregen und stärken … Doch wo es Leben gibt, fehlt auch die Politik nicht. Und so hatten sich viele und bittere Kontroversen gebildet, was die Durchführbarkeit und den Wert eines Verständigungsversuches anging. Es gab eine Partei pro, eine kontra, und mehrere andere, die es in selbstquälerischer Weise vorzogen, jeden Standpunkt aufs neue zu erwägen, wie immer er auch geartet sein mochte. Unternommen aber wurde nichts. Und das hatte mir meinen bemitleidenswerten Damenbesuch eingebracht.
Die »Verständigungs«-Partei entschloß sich zur Tat, wenn auch ohne offizielle Sanktion. Sie ging vorsichtig ans Werk, im geheimen. Speziell ausgesuchte Repräsentanten, die über gewisse außergewöhnliche Arten und Grade von Sensivität verfügten, wurden auf ihre Mission vorbereitet. Mit aller Umsicht trug man die notwendigen Energiereserven zusammen. Die Chance auf irgendeinen Erfolg wurde für gering gehalten, aber … aber bitte, da saß dieses fürchterliche alte Weibsbild auf meinem Sofa und blickte mir hoffnungsvoll aus großen, jugendlich funkelnden grünen Augen entgegen!
Nun, so jedenfalls zeichnete sich die Sache in meinem Geist ab. Und sie schien reichlich unglaubwürdig!
»Muß ich wieder ’raus und es Ihnen vorführen?«
»Nein«, sagte ich schnell. »O nein, bitte nicht. Ich bin völlig überzeugt.«
»Oder werden es bald sein«, meinte sie rätselhaft. »Na schön. Dies beweist jetzt, daß zumindest eine Verständigungsbasis zwischen uns möglich ist. Man darf also hoffen … Es könnte sich daraus immerhin eine Beziehung entwickeln, die für beide Lebensformen höchst anregende Aspekte birgt.«
Nun, eines müßte ich eingestehen: die Sache war, wenn schon nicht anregend, so doch verblüffend. »Apropos Formen«, sagte ich. »Sie haben sich da eine häßliche ausgesucht. Warum nur?«
»Oh, habe ich das? Aber ich beginne erst jetzt, eure Begriffe von Anziehung zu verstehen … Diese Struktur hier –«, sie wies mit einer dürren Hand auf ihren Körper, »– nahm ich, weil niemand gewillt schien, mir in meiner eigenen, ursprünglichen zuzuhören und mich logisch zu akzeptieren. Alles, was dabei herauskam, war, daß man wild zu schreien anfing, ich sei eine Atombombe, ein Kurzschluß oder was weiß ich, oder aber man tat einfach so, als sehe
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