9 SCIENCE FICTION-STORIES
hochgradigem Sake gor. Und als dritte Fußnote zur uralten Feststellung »Gott schickt das täglich’ Brot, der Teufel die Köche« werden Marsleute sich dessen entsinnen, was an Bord meines eigenen Schiffes passierte, der Charles Partlow Säle …
Die Säle startete Mitte August von Brady Station, planmäßige Ankunft in Piano West Anfang Mai. Wir nahmen, zumal nicht sonderlich in Eile, die energiesparsame Route zum Mars – ein Weg, zeitlich gesehen etwa so lange wie die menschliche Schwangerschaftsperiode. Unsere Ladung bestand zum größten Teil aus Tien-Shen-Tannensetzlingen und mehreren Tonnen einer arktischen Grassaat – welche für die maria bestimmt waren, um die dort heimischen blauen Wanzenbeerenreben auszurotten. An Bord hatten wir das Registrierungs-Minimum von sechs Mann und drei Offizieren. Schiffsarzt war ich selbst, Paul Vilanova. Den Captain stellte Willi Winkelmann, der härteste Bursche im ganzen All und vermutlich auch der fetteste. Als Schiffskoch fungierte Peter Morgan.
Das Kochen an Bord eines Raumers ist ein Job, der einem alles abverlangt, Biochemie, angewandte Mykologie, Eilzugstempo-Landwirtschaft, Diätetik und Kalanisationslehre zusammengenommen. Der Koch hat darauf zu achten, daß jeder Mann an Bord nicht weniger als fünf Pfund Wasser, zwei Pfund Sauerstoff und anderthalb Pfund Trockennahrung bekommt. Dies besagt nicht nur ein Paragraph im Gewerkschaftsvertrag; es ist zugleich die Aufstellung von dem Mindestmaß an Futter, das ein Mensch braucht, um leben zu können.
Zwölf Tonnen Wasser, Sauerstoff und Nahrungsmittel hätten die Laderäume zum Bersten angefüllt – und damit einem kleinen Schiff wie der C. P. Säle jeglichen Grund genommen, die Nase nach dem Mars zu strecken. Dadurch aber, daß man einer Kultur von Chlorella-Algen unsere verbrauchte Luft, unser Wasser und die anderen Ausscheidungen überließ, würden uns drei Tonnen Stoffwechselprodukte von Brady Station nach Piano West und zurück bringen. Rezyklieren hieß die Losung. Jedes einzelne Kohlehydrat-, Fett-, Eiweiß- oder Mineralmolekül, das die Mannschaft nicht nährte, nährte die Algen. Und diese nährten uns.
Jeglicher Abfall wurde darauf verwendet, unseren flüssigen Humus zu düngen. Selbst die Bartstoppeln von unseren 2,680 Rasuren und die Reste von unseren 666 Haarschnitten en route und retour würden den Algen in den Chlorella-Tanks zum Fraß vorgeworfen werden: das menschliche Haar ist reich an Aminosäuren.
Die Algen – vom Koch getrocknet, hierauf mit Methylalkohol gereinigt, um den Geruch zu tilgen und den Rückstand verdaulicher zu machen, schließlich auf hunderterlei Arten maskiert und gewürzt – dienten als Schablone für ein Fleisch-Kartoffel-Gericht, das nie ganz ausging. Unsere Luft und unser Wasser waren gleichermaßen unsterblich. Jedes einzelne 5auerstoffmolekül wäre am Ende unserer Reise vertraut mit den Zahnhöhlen aller Männer an Bord. Jeder einzelne Wassertropfen hätte vor der Landung unseres Schiffes mit den Gefäßknäueln aber auch aller Nieren in intimer Beziehung gestanden. Ebenerdige Politiker sprechen von uns zu Recht als einem ganz eigenen Schlag … Wir sind Leute, die sich nicht den Luxus von Zimperlichkeit leisten können.
Obwohl ich an Bord als Schiffsarzt eingetragen bin, greife ich im All nur selten nach dem Messer. Meine Arbeit ähnelt mehr der eines Mädchens für alles. So gehört es zu meinen Pflichten, als Klagemauer, Moralapostel, Hüter des medizinischen Whiskys und Vereitler gegenseitigen Mord- und Totschlags zu fungieren. Für gewöhnlich ist der Koch derjenige, der den
Weitere Kostenlose Bücher