9 Stunden Angst
Verbindungstüren klettern. Ein flüchtiger Blick bestätigte dies. Ein kräftiger Mann mittleren Alters kam den Mittelgang entlang. Dieser Mann wird uns alle retten, dachte George. Auch Denning musste mitgekriegt haben, dass sich jemand näherte, aber er starrte nur weiter George an und ließ nichts von dem Schock und den Schmerzen erahnen, die er mit Sicherheit fühlte.
Schießen Sie noch einmal, hätte George fast gesagt, doch die Art, wie Denning ihn ansah, hielt ihn davon ab.
Es folgte ein weiterer Schuss, und George glaubte schon, sein unausgesprochener Wunsch hätte sich erfüllt, bis der Laptop krachend auf den Boden fiel. Denning starrte ihn immer noch an. Er musste etwas tun, irgendetwas! Denning war so gut wie erledigt. Kein Mensch konnte so etwas überleben.
»Sie da! Ist er tot?« Der Mann hatte einen amerikanischen Akzent, Südstaaten, wenn George sich nicht täuschte. Antworte ihm, George, sag ihm die Wahrheit. Er ist nicht tot. Er braucht noch eine Kugel. Schießen Sie ihm diesmal ins Herz oder zwischen die Augen. Wohin auch immer, Hauptsache, Sie drücken ab.
Denning kramte in seiner Tasche und zog das Walkie-Talkie hervor. Er hielt es an den Mund und flüsterte gurgelnd: »Wenn ich mich in fünf Minuten noch nicht wieder bei dir gemeldet habe, bringst du die Kinder des Zugführers um.«
George erstarrte.
»Sie da, ist er tot?«, fragte der Mann noch einmal, diesmal lauter und eindringlicher. Ich müsste ihm antworten, dachte George, müsste schreien: »Nein, bleiben Sie, wo Sie sind!« Er hätte auch aufspringen und angreifen können. Denning war nur zwei Meter von ihm entfernt. Wenn er sich blitzschnell auf ihn warf, hätte dieser keine Zeit, die Waffe aus der Tasche zu ziehen. Außerdem würde die Ablenkung dem anderen Mann Zeit geben, in Ruhe zu zielen und eine weitere Kugel abzufeuern. Denning konnte schließlich nicht zwei Personen gleichzeitig abwehren.
Aber George konnte sich nicht bewegen. Der vermeintliche Retter war zum potenziellen Mörder seiner Kinder geworden. Wenn George eine Waffe gehabt hätte, hätte er den Mann selbst erschossen.
»Varick.«
Dieses Wort sagte Denning, bevor er die Waffe aus der Tasche zog und dem Mann ins Bein schoss. Was hatte das zu bedeuten? War es eine Art Geheimcode oder ein Name? Es spielte keine Rolle. Der Mann sank zu Boden, schien jedoch nicht bereit, kampflos aufzugeben. Er drehte sich auf den Bauch und zielte auf Denning, doch dieser war schneller. Die Kugel traf den Mann am Handgelenk, woraufhin ihm die Pistole aus der Hand fiel.
Denning hatte wieder die Kontrolle übernommen, was George erleichtert zur Kenntnis nahm. Er saß immer noch wie erstarrt auf seinem Sitz und sah zu, wie sich Denning auf den Mann stürzte und die Hände um seinen Hals schlang. Er hätte den Angreifer problemlos erschießen können, die Waffe war nach wie vor in seiner Hand. Statt auf sein Bein hätte er auf Bauch, Brust oder Kopf zielen können, aber es war nicht seine Absicht, den Mann zu töten. Noch nicht.
Denning setzte sich rittlings auf ihn und klemmte seine Arme mit den Knien ein, während er ihm die Daumen in den Hals grub. Die Waffe hatte er wieder in der Tasche verstaut. Er starrte den Mann genauso ausdruckslos an, wie er wenige Sekunden zuvor George angestarrt hatte.
»Verstehst du denn nicht, dass es so sein soll?«, fragte er und spuckte dabei Blut auf den sich windenden Mann. »Niemand kann mich aufhalten. Ich führe Gottes Willen aus. Du hast es versucht und bist gescheitert, obwohl du dir wirklich Mühe gegeben hast, das muss ich dir lassen, Varick. Du hast dein Bestes gegeben und hättest es fast geschafft. Du bist ein Prophet, und wir werden im Jenseits zusammen sein. Aber zuerst musst du verstehen, dass all dies von Gott gewollt ist, dass ich von Gott gewollt bin. Du kannst mich nicht aufhalten. Niemand kann mich aufhalten.«
Varick. Anscheinend handelte es sich um einen Männernamen, einen Namen, den dieser Mann vor vielen Jahren von seinen Eltern erhalten hatte. Und jetzt sollte er sterben. George konnte ihn immer noch retten. Wenn er sich mit aller Kraft gegen Denning warf, brachte er ihn vielleicht aus dem Gleichgewicht und konnte nach seiner Waffe greifen. Es war müßig, darüber zu spekulieren. Er musste sich zwischen Varicks Leben und dem Leben seiner Kinder entscheiden. Und das hieß, dass Varick ein toter Mann war.
Es war ein Knirschen zu hören, als Denning Varick das Genick brach. Varicks Beine zuckten heftig, und sein letzter
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