90 Tage auf Bewaehrung
Menschenrechte.
Denn, machen wir uns nichts vor: Spitz- und Kosenamen sind wie ein Stigma, das einen auch öffentlich gern mal der Lächerlichkeit preisgibt und an einem klebt wie Pech.
Ist es nicht das Peinlichste überhaupt, wenn der Bayernchef seine Gattin »Muschi« nennt? Nein, wir reden hier nicht vom Fußballverein, sondern vom Regierungschef. MUSCHI - ich würde sterben! Was genau meint er mit dem Wort Muschi, in welchem Zusammenhang steht es - für ihn? Für uns?
Gut, von Prinz Charles wussten wir, dass er Camillas Tampon sein wollte. Und seine Ex Diana wurde beim Liebesgeflüster am Telefon belauscht. Ein Rittmeister namens James Gilbey nannte sie in diesem Gespräch 14 Mal sein »Tintenfischchen«. Die halbe Welt hat darüber lauter gewiehert als alle Pferde von Prinzessin Anne zusammen.
Es ist aber nicht so, dass nur in England blaublütige Königskinder ihren verbalen Unsinn treiben: Hierzulande gibt’s ja die Familie von Hohenzollern - deren Mitglieder haben schon einige merkwürdige Namen. Zum Beispiel: Ferfried oder besser bekannt als »Foffi«. Diesen sensationellen, beeindruckenden und standesgemäßen Nonsensnamen hat ihm eigentlich nur eine noch nicht blaublütige, unglaublich reiche, vorbestrafte Witwe, Kosename »Sweety«, geben können.
Da bin ich mit meinem »Schatz« doch eigentlich ganz harmlos. Okay, das ist nicht besonders kreativ, aber ich unterscheide mich da nicht von etwa 60 Prozent aller Deutschen, die ihren Liebsten »Schatz« nennen. Dicht gefolgt von »Hase«, »Hasi« oder »Bärchen«. Während Männer ihre Mädels mit »Maus«, »Engel« oder »Mausi« rufen. Es gibt aber auch wahre pulitzerpreiswürdige Namen: »Bonsai-Adonis«, »Nugatprinz«, »Daddy-Musch«, »Elfenpopöchen«, »Krawallbiene« und »Wohnungswechsel«. Letzteres klingt schon so sinnlich, sozusagen Erotik pur. Allerdings würde mir als »Krawallbiene« in bestimmten Situationen nicht mehr viel gelingen.
Schwere Verliebtheit und Kosenamen stehen in einem direkten, kausalen Zusammenhang. Rosarote Wolken verkleben Gehirnmassen zu zuckerwatteähnlichem Matsch. Die meisten Kosenamen kommen aus dem Tierreich. Nun gut, Tier und Mensch gleichen sich ja in vielen Fällen erheblich.
Meine Analytikerin Frau S. findet Kosenamen, glaube ich, sehr albern, erzählte letztens aber (ja, manchmal spricht sie sogar) von einer Statistik, aus der hervorgeht, dass Kosenamen-Beziehungen stabiler seien. Sie zeugen irgendwie von verspielter Zuneigung und liebevoller Zugewandtheit.
Die Frage ist nur, ob man eine Beziehung will, in der aus »Mausi« und »Schatzi« später »Mutti« und Vati« werden. Stellen Sie sich vor, er raunt ihr ins Ohr: »Machs mir, Muddi«. Ich möchte brechen.
Wenn zwei sich streiten, sollten sie nicht die unfaire Waffe eines Kosenamens einsetzten: Ein gehauchtes »Eselchen« erinnert während flammender Liebesstunden an flauschige Ohren und sanfte Blicke. Ein »Du blöder Esel« während eines Streits verunglimpft eine ganze Tierrasse. Genauso ist es mit extrem intimen Kosenamen, die eigentlich das heimische Schlafzimmer nicht verlassen sollten: »Pupsi« vielleicht, oder »Bumsi« oder »Ficknudel«, »kleine Sau«, »Bumshengst«…, na Sie wissen schon (hab ich mir nicht ausgedacht!). Hilfe, ich möchte mal kurz an dieser Stelle klären, dass meine Generation und ich diese Achtzigerjahre-Pornosprache nicht mehr verwenden. Auch wenn ich das bei aller Liebe zu Retro auch über John-Travolta-Saturday-Night-Fever-Schlaghosen gesagt habe.
Kosenamen sind etwas ganz Besonderes: Sie erinnern an Liebe, Kindheit, Fürsorge, komplette Ahnungslosigkeit und verspielten Irrsinn: Mein Vater nennt mich immer nur »Tochter«, mir rutscht da schon manchmal ein gut gelauntes »Alter« heraus. Als Kind war ich für ihn »Schnullerbacke« oder »Julchen«. Meine Kusine nennt mich manchmal heute noch »Schnulle« - dann geht mir das Herz auf, und ich bin wieder sechs und glücklich.
Kosenamen beflügeln ja nicht nur die Phantasie des Namensgebers.
Sabrina zum Beispiel hat entweder zu oft »Ein Fisch namens Wanda« gesehen, oder sie hat eine interessante Sexualität: Wenn ein Mann sie »Fifi«, »Fufu«, »Lili« oder »Lulu« mit einem leicht französischen Akzent nannte, kroch sie
schon mal auf allen vieren mit hängender Zunge voraus ins Schlafzimmer.
Besonders gemein war’s entweder bei Aldi an der Kasse, in einem überfüllten Bus oder bei seinen Eltern! Bei dem Wort »Lulu« sah sie sofort aus wie ein
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