90 Tage auf Bewaehrung
nie zu ihren Haaren gepasst hatte), und er schenkte ihr sein sündhafte teures Opernglas, was ihm sowieso immer extrem uncool und tuntenhaft vorgekommen war.
Damit hatte ich aber noch nicht mein Galerie-Problem gelöst. Da ich aber um die Erleichterung von Sabrina und ihrem Freund wusste, war mir klar, dass ich unserer Liebe damit nicht schadete und seine Gefühle auch nicht verletzte, wenn ich meine Galeriebesuche auf ein Minimum reduzierte. Ganz im Gegenteil: Für ihn war meine Mühe um Karten und mein junges Wissen aus dem Internet Liebesbeweis genug.
Denn ob Sie es glauben oder nicht: Irgendwie hat er gewusst, dass ich mich nur sehr oberflächlich für Kunst interessiere.
TIPP
Klar macht es Spaß und Sinn, am Anfang ganz auf seinen Schatz eingehen zu wollen, seine Welt, seine Interessen und Leidenschaften kennen zu lernen. Das ist schön und erweitert den eigenen Horizont. Außerdem möchte man ja auch jede Sekunde gemeinsam wie ein großes Abenteuer erleben und auskosten. Aber verbiegen Sie sich nicht! Letztendlich kann man dazulernen, bleibt aber doch immer derselbe Mensch und riskiert unter Umständen nur viele Blasenentzündungen. Und es ist gesund und verständlich, seinen Teil des Lebens zu behalten und zu kultivieren. Denken Sie immer daran, dass Sie das Programm, das Sie am Anfang fahren, in diesem Tempo niemals durchhalten können. Irgendwann kommt jeder an den Punkt, wo er nicht
mehr Interesse vorgaukeln kann oder will. Dann halten wir es doch lieber wie in der Anti-Fett-Margarine-Werbung: Ich will so bleiben, wie ich bin. Du darfst …
My home is my castle - oder...
... zeige mir, wie du lebst, und ich sage dir, wie du tickst!
Das trifft es eigentlich immer. Fragen Sie mal Ihre Freundinnen nach Männerwohnungen! Von Bruchbude bis Palast ist wahrscheinlich alles dabei. Gut, der Palast vielleicht seltener - aber auch das soll schon vorgekommen sein. Würde ich ja auch gern mal erleben. So einen Multimillionär, stilistisch voll auf der Höhe, mit Häusern in Miami, London, Paris - nee, besser noch Côte d’Azur - Südafrika ist ja auch gerade sehr angesagt. Ach so, Berlin natürlich. Stadtwohnung am Ku’damm und in Mitte und ein Landsitz im Grunewald. Ist doch nicht zu viel verlangt, oder?
Die Häuser und Wohnungen sind natürlich alle von schwulen Inneneinrichtern gestylt, die Möbel durchdesignt und gerade auf der letzten Messe mit Preisen überschüttet - sozusagen die Antiquitäten der Zukunft!
Allein beim Anblick meiner Küche zerplatzen alle meine Freundinnen vor Neid - völlig wurscht, ob auch nur eine von ihnen kochen kann. Allein das Öffnen der Schubladen mit einem minimalen Fingerdruck, das sanfte Herausgleiten und völlig geräuschlose Schließen hat orgiastische Qualitäten! Wow, wow, wow - immerhin befinden sich da 40 Kilo teuerstes Porzellan und Silber drin.
Der Kamin ist der Mittelpunkt eines jeden Zimmers, und
will ich Musik hören, drücke ich ein kleines Knöpfchen an der Wand - an jeder Wand! Natürlich Flatscreens überall - im Klo ist er leider ein bisschen klein ausgefallen! Selbstverständlich wohnt in jedem unserer Anwesen das sehr nette Butlerehepaar - sie macht den Haushalt, er den Rest. Der französische Koch, der mich morgens nach dem gewünschten Härtegrad meines Frühstückseis fragt und nach der Auswahl des Dinners am Abend, reist gelegentlich auch mal mit. Vor allem, wenn wir in unser Haus nach Long Island reisen und den Präsidenten zu einem gemütlichen und sehr privaten Essen erwarten.
21, 22, 23…, mein Blutdruck beruhigt sich gerade wieder etwas! So was gibt’s - aber nicht in meinem Leben. Nö, die Realität ist echt härter.
Da war mal einer, der wohnte in seinem Büro. Auf anderthalb Zimmern. Wir mussten pünktlich vor zehn aus der gemeinsamen Lusthöhle und Schlafstätte ein funktionales Büro zaubern. Punkt zehn kam nämlich seine Sekretärin. Klappcouch, kein Bett. Teppich, wahrscheinlich aus den Siebzigern. Fliesen im Badezimmer eher aus den Sechzigern. Schüssel - Fünfzigerjahre! Der Urinstein auch aus der Zeit. Die Küche war so verkeimt, dass ich unter spontaner Appetitlosigkeit litt, sobald ich sie nur betrat. Sie war aber auch so klein, dass sie mit vier unabgewaschenen Tellern und zwei dreckigen Gläsern komplett überfordert war. Und dazwischen überall Technik, Technik, Technik. Zeugs, was Jungs irre glücklich macht! Fernseher, Videorekorder, Kabel - wie kann ein Mensch so viele Kilometer Kabel sammeln, rote, gelbe, schwarze, weiße
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