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90 Tage auf Bewaehrung

Titel: 90 Tage auf Bewaehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Fisher
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damit zwei Schwiegermütter überlebt. »Mein Lieblingsthema«, grinste sie breit und gab ihre erste Schwiegereltern-Kennenlerngeschichte zum Besten. Sie hatte sich schon im Vorfeld dieses Treffens den Kopf zerbrochen, wie sie möglichst seriös und gut bei ihren neuen Zweiteltern ankommen könnte. Schwarzer Rock, enger schwarzer Rollkragenpulli. Nicht zu aufgedonnert, zeigte aber trotzdem Figur und Haltung. Mutter konnte stolz sein, dass ihr Junge’ne anständige Frau abbekommt, na ja und Schwiegervater sowieso …
    »Leute, ich war da in einer Fünfzigerjahre-Familie gelandet, wo der Vater am Kopfende saß und tatsächlich nur den Männern, sich und seinem Sohn, Wein und Wasser nachgegossen hat. Die eigene Frau bekam erst gar keinen Wein und verhielt sich brav devot. Nur mir gegenüber nicht. Schnippisch fragte sie mich, ob ich denn eher ein häuslicher Typ sei, ob ich kochen und bügeln könne! Ich bitte euch, wir kannten uns gerade eine Viertelstunde! In meiner Verzweiflung begann ich, die Kirschschnäpse hinunterzustürzen, die eigentlich Tommi zugedacht waren! Och, und so nach dem dritten, vierten, fünften wurden mein neuer Schwiegervater und ich dicke Freunde.«
    Während Mutti den Tisch abräumte, dabei nicht ausließ zu betonen, dass ihr Sohn Hausmannskost über alles schätzte,
rutschte Vaterns Hand von Kerstins Hüfte auf ihren Hintern. Zwei weitere Schnäpse später stand sie mit ihrem neuen Kumpel im hauseigenen Macho-Kakerlaken-Schießkeller und ballerte besoffen auf lustige Zielscheiben.
    »Das Verhältnis hat sich nie geändert. Ich hatte einfach unterschätzt, dass die Mutter nun mal keine Kirschschnäpse mitgetrunken hat und deshalb auch nie locker werden konnte. Allerdings richtig genervt war ich von ihren Anrufen - jeden Sonntag um elf, kurz vor unserem Aufstehen und Muttis Mittagessen. Und, was gibt’s heute zu essen bei euch, Kinder? Rouladen, Eisbein, Gulasch? Also ich hätt da noch einen Topf über, falls du jetzt nicht... Also...! Ich hatte sie sehr lieb! Und sie mich auch!«
    Auch Kerstins Ehe hielt nicht. Was nicht nur an der Schwiegermutter lag. Aber immerhin - an jeder achten Scheidung in Deutschland sind die Schwiegereltern mit schuld! Weil sie sich zu sehr einmischen, eifersüchtig sind oder ihr Kind einfach nicht loslassen können oder wollen. Wobei dieses Problem eher an den Schwiegermüttern als an den -vätern liegt - sonst gäbe es ja auch nicht so unendlich viele Witze über sie.
    »Kennt ihr den?«, fragte Sabrina. »Schwiegermutter, warum stehst du denn vor unserer Haustür bei diesem schlechten Wetter? Geh doch nach Hause.«
    »Ich hab’nen besseren«, kicherte Kerstin. »Sagt die Mutter zur Tochter: Mach endlich Schluss mit deinem Freund. Ich will keinen Apotheker zum Schwiegersohn, der jederzeit Zugriff zum Giftschrank hat.«
    Während die beiden prustend über dem Tisch hingen, merkte ich wieder mal, dass mir ein Witz-Gen fehlte, aber dieses hätte ich so dringend gebraucht, nachdem ich die ersten Sekunden im Kreise seiner Familie stand.

    Von vorn: Es war Samstag, ich wählte schwarze Hose, schwarze Bluse, hohe Schuhe und freute mich. Ehrlich. Anlass war der Geburtstag einer Tante, Familienfest also. Und ich LIEBE Familienfeste! Ich bin Einzelkind und habe mich immer sauwohl gefühlt an langen und lauten Familientischen mit vielen Generationen dran! Es handelte sich wirklich um eine ausgesprochen herzliche, liebevolle, laute Familie, die seit 30 Jahren keinen Geburtstag ohne die anderen feiert, teilnimmt an jeder Einschulung, Geburt, Liebe, Trennung, jedem Jobverlust und jeder Beerdigung. Das nahm eine Tante an diesem Nachmittag wörtlich und informierte mich bis ins letzte Detail über die Todesursachen aller ihrer Hunde. Und es waren viele. Und mein Kuchen wurde auch immer mehr im Mund. Beim letzten OP-Bericht gab sie alles: »Nich, Kim, dat können Se höööören, oder? (Sie war Rheinländerin mit sehr viel Sinn für Humor.) Boa, dat Bluut is nur so jespritzt. D’r Onkel Herbecht hat heute noch Flecken in seinem Hemd. Und dat war’n juutet Hemd. Aber d’r Hund soll ja nett laiden müss’n. Is besser so, nä? Is besser so... Schmeckt’s? Dolle Tochte. Hat die Tante Anni jemacht. Dat macht die immer. Dat kann die!
    Die Tatsache, dass ich mich mehr mit den restlichen Familienmitgliedern in meiner Nacherzählung befasse, zeigt, dass es an meiner Schwiegermutter in spe einfach gar nichts zu meckern gab. Eine liebevolle, kluge, unaufgeregte, allein lebende Frau, die

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