9783944842165
Unfall. Mein Auto ist kaputt, ich musste mir einen neuen Wagen leisten, meine Tochter und ich sind verletzt. Mit diesem Pferd ist morgen Schluss, ich will mich nie wieder über sie ärgern. Sie wissen, was Schluss heißt, oder?« Er machte die Bewegung des Halsabschneidens.
»Und was sagt Ivonne?«, fragte Pias Mutter. »Vor ein paar Tagen hatte sie doch nichts Eiligeres zu tun, als Njala hier wegzuholen. Weil sie doch so an dem Tier hängt.«
»Das hatte ja auch Gründe. Aber jetzt nach dem Unfall möchte sie lieber golfen.«
Einen Golfschläger kann sie auch nicht quälen, ist vielleicht keine schlechte Idee, dachte Pia. Sie atmete tief ein und aus, wollte jetzt nicht weinen, nicht aufgeben. Das hatte sie das letzte Mal getan und das Ende war dieser schreckliche Unfall. Heute würde sie alles geben, eine Lösung finden. Njala gehörte zu ihr und dafür wollte sie kämpfen. Es reichte, dass sie sich schon in der Sache mit Sören als komplette Verliererin fühlte. Es ging hier um das Leben von Njala. Es ging auch darum, diese Sache mit erhobenem Kopf zu gewinnen. Egal wie. Sie musste sich selbst wieder im Spiegel anschauen können.
Was hatte Papa einmal gesagt? Wenn man etwas wirklich will, dann schafft man es auch. Pia glaubte, noch nie etwas so gewollt zu haben, wie jetzt Njalas Leben zu retten.
»Morgen früh ist diese Box leer.« Damit verließ Ivonnes Vater den Stall und hinterließ einen dicken Krater, den er mit seinen Worten geschlagen hatte. Es dauerte einige Zeit, bis sich der Staub gelegt hatte und sie wieder klar sehen konnten. Inzwischen war auch Herr Ommen gekommen. »Was wollte der denn schon wieder?«, fragte er und schob seine Mütze in den Nacken.
»Njala kommt weg. Ganz weg!«, sagte Pias Mutter und setzte sich auf den Stapel Holzbalken. »Richtig weg, Herr Ommen. Sie verstehen?«
Er nickte, kniff den Mund zusammen und zog gleichzeitig die Augenbrauen hoch. »Nichts zu machen?«
Pias Mutter zuckte mit den Schultern. »Nichts, denke ich.«
°°°
Pia schloss sich in ihrem Zimmer ein. Es musste einen Weg geben, irgendeinen Weg! Sie konnte nicht einmal weinen, so sehr zermarterte sie sich den Kopf.
Schließlich schrieb sie eine SMS an Jana.
Njala soll morgen sterben. Dein Onkel ist ein Schlächter!
Spinnt der? Was können wir tun? Jana
Mir raucht der Kopf und die einzige Idee ist, mit Njala zu türmen. Das kann sie aber noch nicht. Pia
Shit …
Wenn nur Papa hier wäre! Er könnte mit Dr. Tackenberg reden. Papa überredete immer alle Menschen. Wie lange würde er von Frankfurt bis hierher brauchen? Schaffte er es bis morgen? Es war ein Notfall, ein schlimmer Notfall, und dafür hatte Papa ihr seine Geheimnummer gegeben. Pia rief dort an, wartete das Geticker in der Leitung ab. Die unpersönlichste aller unpersönlichsten Stimmen sprang sie durch den Hörer an. »Guten Tag. Sie sind verbunden mit der Mailbox von Hans-Peter Dormann …«
Vorbei. Pia setzte sich auf den Boden. Das wäre die letzte Chance für Njala gewesen. Wozu hatte Papa denn eine Geheimnummer, wenn er doch nicht dranging?
Langsam stand sie auf und ging zum Hof zurück. Jede Minute mit Njala war jetzt kostbar. Über ihrem Kopf zankten sich zwei Möwen und kreischten. Dann hatte Pia eine Idee.
°°°
»Was willst du denn hier?« Ivonnes Kopf steckte in einer Halskrause. Sie musterte Pia mit hasserfülltem Blick.
»Mit dir reden. Es ist wichtig.«
Ivonne machte eine einladende Handbewegung. »Na komm schon.«
Pia folgte ihr durch das auf Hochglanz polierte Haus. Hier hätte man in jedem Zimmer vom Fußboden essen können. Pia tat Ivonne auf einmal leid. Wie konnte man in so einem sterilen Haus leben? Wahrscheinlich nicht gut, sonst wäre Ivonne ja vielleicht auch etwas netter.
Als Pia Ivonnes Zimmer betrat, schrak sie zurück. Auf Ivonnes Bettkante lümmelte Sören.
»Du bist so ein mieser Typ. Vorhin kommst du noch angekrochen und nun bist du schon wieder bei ihr? Du steckst ja doch mit ihr unter einer Decke!« Pias Stimme wurde mit jedem Wort lauter.
»Das verstehst du völlig falsch, Pia. Ich bin hier, um endlich alles ins Lot zu bringen.«
»Verräter.«
»Ivonne! Bitte sag du Pia, warum ich hier bin!«
»Das muss sie nicht. Ich weiß nur, warum ich hier bin und alles andere interessiert mich nicht. Schon gar nicht deine faulen Ausflüchte. Davon habe ich nämlich jetzt wirklich genug!« Pia stellte sich vor Ivonne auf, die zwar locker einen Kopf größer war als sie, aber trotzdem angesichts
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