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999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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erschrocken aus, dass er kurz fürchtete, es könnte zu seiner Herrin gehen und ihr reumütig alles beichten und auf Knie um Verzeihung flehen.
    »Ich muss nun gehen«, sagte er schnell, »aber ich würde dich gerne wiedersehen. Bist du morgen hier?«
    »Nein«, antwortete sie schon friedlicher, »aber am Sonntag habe ich die Erlaubnis, in die Kirche zu gehen. Wenn du mich bis dahin nicht vergessen hast, können wir uns hier wieder treffen, gegen Mittag.«
    »Wie könnte ich dich vergessen?«
    »Du hast mich nicht einmal gefragt, wie ich heiße. Und ich weiß auch nicht, wie du heißt!«
    »Das wird unser Geheimnis sein«, sagte Ferruccio, während er aufstand und ihr einen Kuss andeutete.
    Nicht einmal er wusste, was er eigentlich mit diesem Satz hatte sagen wollen; er war ihm einfach entschlüpft – aber dem Mädchen schien er zu gefallen.
    Während Ferruccio schnell zurück in die Via Veio ging und es kaum erwarten konnte, Leonora wiederzusehen, dachte er darüber nach, was ihm das Küchenmädchen da gerade anvertraut hatte. Es gab zu viele seltsame Zufälle in dieser Geschichte, die ihm ganz und gar nicht gefiel. Nun war auf jeden Fall der Moment gekommen, Rom für immer zu verlassen.

Rom
    Samstag, 21. Juli 1487
     
    Rodrigo Borgia genoss seinen Triumph. König Ferdinand von Aragonien und seine Gemahlin, Königin Isabella von Kastilien, hielten Einzug in die Petersbasilika. Begleitet wurden sie von einer Delegation edler Ritter und prächtig gekleideter Damen.
    Früher wäre Borgia in ihren Reihen geschritten, aber an jenem Tag saß er an Innozenz’ Seite und empfing die Edlen. Das Protokoll sah vor, dass die königlichen Hoheiten vor dem Papst niederknieten und er ihnen den Ring zum Kuss darbot. Und da Borgia neben dem Papst saß, würde dieser Kniefall vor dem ersten Diener Gottes auch einer Huldigung seiner Kardinalswürde vor aller Welt gleichkommen. Hinter dem Herrscherpaar erblickte er Tomás de Torquemada. Mit seinem regungslosen Gesichtsausdruck, dem massigen Körper, den Schweinsäuglein und den schmalen Lippen wäre er der perfekte Henker, dachte Borgia gehässig – fehlte nur noch das Beil auf dem Rücken. Allein die Tonsur der Dominikanermönche wies ihn noch als einen Mann Gottes aus.
    Borgia kannte Torquemada seit seiner Jugend. Der religiöse Eifer, den Torquemada bereits damals an den Tag legte, hatte ihm noch nie gefallen; er war genau wie sein Onkel Giovanni, der sein Vorgänger als Abt von Subiaco gewesen war. Dass er nun tot war, lag in Borgias Veranwortung, und dieselbe Bestrafung, schwor sich der Kardinal, würde auch Torquemada blühen. Jetzt war ihm Tomás noch nützlich, wenigstens in Grenzen, denn er lenkte seinen heiligen Zorn mehr auf die Juden als auf die Frauen. Dass die Hebräer niemandem etwas zuleide getan hatten, störte ihn in seinem Fanatismus wenig. Borgia runzelte die Stirn. Die Juden waren geschickte Geldverleiher und Kaufleute, hervorragende Ärzte und kluge Philosophen. Sie könnten gut und gerne ihre Verbündeten sein, denn beteten sie nicht bei ihrem Morgengebet: Gelobet seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du mich nicht als Weib erschaffen hast. Die Herrscher knieten nieder, und Rodrigo tat es ihnen gleich.
    Borgia hatte alles vorbereitet und Kardinalvikar Riario, dem die Rolle des Großen Zeremonienmeisters oblag, mit all seinen Forderungen ins Schwitzen gebracht. Allein die Tischordnung war ein Problem für sich. Er hatte sich den Platz links neben Ferdinand erzwungen und den Papst davon überzeugt, dass der Ehrenplatz rechts neben Isabella sei. Er war überrascht zu sehen, dass Cristoforo, der Bastard des Papstes, gegenüber der Königin Platz nahm und neben dem neuen Oberbefehlshaber des spanischen Heeres, dem Herzog von Coimbra, zu sitzen kam. Er beobachtete außerdem, dass Cristoforo der Königin einen Brief überreichte, den sie ohne ein Zeichen der leisesten Überraschung entgegennahm. Borgia spürte, wie ihn der Zorn packte. Aber er würde schon noch herausfinden, welche Angelegenheiten ihm verheimlicht worden waren – und von wem.
    Das Mittagsmahl war opulent: Römische Spezialitäten wechselten sich mit spanischen Gerichten ab. Warme Fladen, gefüllt mit Pecorinokäse, und Makkaroni an Gänsefleisch wurden nach Wachteln und Fasanen im Schinkenmantel gereicht. Nachdem das Mahl beendet war, ging man in den hinter der Basilika liegenden Gärten spazieren. Während Borgia angewidert della Rovere mit seiner neuesten Eroberung beobachtete, von

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