Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
Vom Netzwerk:
können.
    »Du hast eine prachtvolle Arbeit angefertigt, Eucharius, und ich werde dir immer dankbar sein.«
    Giovanni Pico lud die Kisten auf den Karren und fügte dann die Manuskripte in die drei Bände aus rotem Leder ein. In diesem Moment sah Eucharius, dass die einzelnen Blätter der Manuskripte untereinander zusammengeklebt waren, sagte aber nichts. Er hat schon genug gesehen und gehört. Er war froh, als sich der laut auf dem Kopfsteinpflaster rumpelnde Karren endlich entfernte. Bevor er in seine Werkstatt zurückging, beobachtete er eine Gruppe von Kindern beim Würfelspiel und verweilte mit Freude eine kurze Weile bei ihrem Gelächter. Doch als er schließlich sein Tor verriegelte, war er bereits tief in unheilvollen Gedanken versunken.
    * * *
    Einer der Jungen sammelte unter dem Protest der anderen die Würfel ein und steckte sie eilig in das Säckchen unter seinem Hemd. Als ein anderes Kind versuchte, an seinem Umhang zu zerren, zückte er sein Messer und tat so, als wolle er ihm ins Gesicht stechen. Ängstlich ergriff der Zwerg auf seinen krummen Beinchen die Flucht – leider hatte ihm die Natur nichts Besseres mitgeben können. Ein Dritter warf dem Missgestalteten noch ein paar Lehmbrocken nach und machte sich dann mit der ganzen Rotte davon. Kinder eben. Der Zwerg hatte sie mit seinen frisierten Würfeln betrogen, dabei aber nur wenige Taler ergaunert – sie würden gerade einmal für zwei Becher Wein reichen. Trotzdem spürte er, dass der Abend noch nicht verloren war. Der edle Herr, dem er anfangs gefolgt war, um ihn auszurauben, hatte mit Sicherheit etwas zu verbergen – sonst wäre er nicht mitten in der Nacht zu einem Buchdrucker gegangen, der auch noch Jude war. Hätte er diese Entdeckung der richtigen Person verraten, wären sicher ein paar Moneten, ja vielleicht sogar ein paar Silbertaler für ihn herausgesprungen. Auf jeden Fall mehr, als er mit seiner Gauklertruppe, die die spanischen Edelleute Roms amüsierten, in einem Monat hätte zusammenkratzen können. Andererseits – wie hätte ein Zwerg sonst überleben können? Er lief so schnell er konnte zum Pantheon, dann weiter bis zur Santa Maria sopra Minerva-Kirche, dem Sitz der mächtigen Dominikanermönche. Ein Wächter erkannte ihn und lachte ihm ins Gesicht.
    »Heiliger Strohsack, Juanito! Was machst du denn zu dieser Stunde auf den Gassen? Ziehst du immer noch mit den Dirnen umher?«
    »Nein, deine Mutter fehlt mir noch.«
    Der Soldat schlug nach ihm, aber der Zwerg war schneller: Er wich dem Schlag geschickt aus, fiel dabei aber zu Boden.
    »Lass ihn in Ruhe, Ramon«, mischte sich der andere Wächter ein, »wenn Juanito hier ist, wird er schon gute Gründe haben.«
    »Ich muss mit Don Diego de Deza sprechen«, antwortete der Zwerg, der sich wieder aufgerappelt hatte, »es ist wichtig.«
    »Los, Juanito, geh schon hoch, sein Licht brennt noch – Monsignore ist am Beten.«
    Mühsam erklomm der Zwerg den Treppenaufgang, der zu den Räumen des Prälaten führte. Unter der schweren Tür schimmerte ein schwacher Lichtschein auf den Gang. Er klopfte und wartete. Nach kurzer Zeit öffnete sich ein Guckloch, und aus dem Verborgenen wurde er von oben bis unten gemustert. Dann öffnete sich die Tür.
    Juanito musste sich nicht einmal bücken, um die Hand des Bischofs zu küssen.
    »Monsignore, wie geht es Euch?«
    »Gut, denn endlich kann ich in mein geliebtes Spanien zurückkehren.«
    Juanito runzelte die Stirn – das waren keine guten Nachrichten. Don Diego de Deza war – neben den gelegentlichen Raubüberfällen – seine Haupteinnahmequelle. Er berichtete dem Bischof regelmäßig über das, was er in den Palästen der Adeligen und des römischen Klerus sah und hörte. Es war davon auszugehen, dass seine Vertraulichkeiten bis zu den Ohren von Kardinal Don Rodrigo de Borja, dem Protektor Don Diegos, vordrangen.
    »Du hast meinen Rosenkranz unterbrochen«, sagte der Bischof streng. »Ich hoffe, du hast gute Gründe dafür.«
    Juanito nickte selbstbewusst und erzählte dann mit Hingabe alle Einzelheiten, die er gesehen hatte. Dass er in seinem Eifer gleich noch ein paar Details dazudichtete, fand er nicht weiter erwähnenswert.
    Don Diego maß den Worten keine große Bedeutung bei, aber wenn ein Jude im Spiel war, lauteten die Anweisungen ausdrücklich, nichts unerforscht zu lassen. Er schickte den Informanten mit einer Segnung und einer Goldmünze weg, für immer.
    Während Juanito in Richtung Campo de’ Fiori zurücktrottete, wo er seinen

Weitere Kostenlose Bücher