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999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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anders?«
    »Reicht Euch nicht, was bisher geschah?«
    »Nein, und ich würde es tausend Mal wieder tun.«
    »Erzählt es den Geistern derer, die Euretwegen ihr Leben verloren.«
    Die drei Bischöfe, die die Messe hielten, stimmten das Ite missa est an, und das Volk dankte im Chor mit Deo gratias – ehrlich und wahrhaftig dankbar, dass diese lange Messe endlich zu Ende war.
    In diesem Moment drehte sich Margherita um und sah ihn. Sie musste sich am Arm ihres Gatten abstützen – so hoch war ihr Herz gehüpft. Die Unpässlichkeit dauerte jedoch nur einen Augenblick, dann zeigte sie sofort wieder ihre übliche Contenance und machte einige Zeichen mit dem Kopf, als würde sie stumm beten.
    »Sie will mich sehen«, sagte Pico, »und ich will es auch.«
    »Ihr seid dem Liebeswahn verfallen«, konstatierte Benivieni, »sonst würdet Ihr nicht so sprechen. Immerhin steht dort ihr Gatte. Und wir sind in Rom. Wir riskieren Kopf und Kragen!«
    »Nein, ich riskiere weitaus mehr, wenn ich mich von ihr fernhalte. Ich erkläre es Euch später.«
    »Aber wie wollt Ihr es anstellen, sie zu sehen? Wo wollt Ihr Euch treffen?«
    »Übermorgen, zur vierten Stunde, in der dritten Kirche hinter Sankt Peter.«
    »Wie bitte? Und überhaupt: Wie konntet Ihr diese Abmachung treffen? Und wann?«
    »Jetzt. Gerade eben. Sie hat das Haupt zweimal geneigt. Das bedeutet: in zwei Tagen. Danach hat sie das Haupt viermal nach links gedreht, um mir die Stunde mitzuteilen, und dreimal nach rechts, um mir die dritte Kirche zu bedeuten. Das ist unsere Geheimsprache.«
    »Ihr seid also beide dem Liebeswahn verfallen.«
    »Das ist noch nicht alles, mein teurer Freund. Margherita hat ihre Hände gefaltet. Das bedeutet, dass einer von uns beiden in Gefahr ist. Ich hoffe nur, dass ich derjenige bin.«
    »Das sehe ich anders«, sagte Benivieni leise zu sich selbst.
    Giovanni nahm ihn am Arm und zog ihn mit sich fort. Die beiden Männer tauchten in der Menge unter. Draußen waren die Temperaturen milder als zwischen dem kalten Marmor in der schattigen Basilika.
    »Gehen wir in mein Haus«, sagte Giovanni wohlgemut, »heute bin ich glücklich, und ich möchte Euch etwas zeigen.«
    Benivieni lächelte Giovanni an; er konnte sich dem Enthusiasmus seines Freundes einfach nicht entziehen.
    * * *
    Die gekreuzten Hellebarden vor der verschlossenen Tür des Audienzsaales versperrten Kardinal Sansoni den Weg.
    »Lasst mich vorbei«, drohte er mit ärgerlicher Stimme, aber die Wächter machten keine Bewegung.
    »Ich bin der Kardinalvikar!«, fuhr er fort, nun schon weniger überzeugt von sich und deutlich hörbar verunsichert. »Ich habe das Recht einzutreten.«
    Die päpstlichen Gardisten ignorierten ihn, und Sansoni blieb nichts anderes übrig, als sich auf eine Bank zu setzen und abzuwarten.
    Bald darauf kam aus der Tür, die ihm kurz zuvor noch verwehrt worden war, ein junges Frauenzimmer heraus. Sansoni betrachtete die Fremde mit Interesse und Gier: Das enge Damastmieder schien ihre prallen Brüste kaum halten zu können, und die wilde Lockenmähne zu den rot bemalten Lippen deutete darauf hin, dass die Unbekannte keine römische Edelfrau war. Allerdings, musste Sansoni sich eingestehen, war es bei den Frauen, die sich jüngst am päpstlichen Hofe tummelten, schwierig, zwischen einer römischen Baronesse und einer Hure zu unterscheiden. Der Geschmack Seiner Heiligkeit war eindeutig zweideutig.
    »Kann ich jetzt eintreten?«, fragte er die Gardisten ärgerlich und wies mit einem unwirschen Kopfnicken auf das Frauenzimmer. Endlich öffnete sich die Schranke aus gekreuzten Hellebarden, und Sansoni trat mit seinem Stapel Papieren unter dem Arm beherzt ein.
    Innozenz VIII. naschte Dezembertrauben, die er sich von seinem sizilianischen Landgut hatte liefern lassen.
    »Eure Heiligkeit, habt Ihr geruht?«, fragte Sansoni und verbeugte sich tief. Sein Ton war nicht so unterwürfig, wie er hätte klingen sollen.
    »Mach mich nicht nervös, Sansoni! Sag mir lieber, was du von mir willst?«
    »Ich habe hier eine Liste der Richter, die über die Thesen des Grafen von Mirandola urteilen sollen.«
    »Oh, wie brav. Lass mich lesen.«
    Innozenz streckte die Hand aus, nahm die Liste und studierte gelangweilt die Namen. Bei einem hielt er spontan inne.
    »Pedro Garcia?«, sagte Innozenz verwundert. »Ah, der wurde dir höchstwahrscheinlich von den Borgias befohlen.«
    »Er wurde mir ans Herz gelegt, Eure Heiligkeit. Der Bischof von Barcelona ist in der Tat ein großer Freund seiner

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