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999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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Erkenntnis weitergeben – und den freien Willen ihrer Mitmenschen in die rechten Bahnen lenken: Wenn die Welt erst begriffen hatte, was Giovanni und seine Mitstreiter ihr sagen wollte, würde sie die gesellschaftliche Grundordnung, wie sie vor dem großen Betrug geherrscht hatte, wiederherstellen: Es würde das Prinzip der Gleichheit aller Menschen herrschen, ohne Unterscheidung von Nationen, Religionen oder Rassen. Die Rechte der Frauen würden gestärkt und den Töchtern Evas wieder Ehre erwiesen werden, wie einst, die Gelehrten in einer universellen Sprache sprechen lassen. Jetzt aber, wo Giovanni sich seinem Ziel so nahe fühlte, bedrohten ihn gefallene Engel, die alles daransetzten, um ihn daran zu hindern, seine Mission zu Ende zu bringen.

Mailand
    Mittwoch, 21. September 1938
     
    Elena, Liebste! Du hast mir so gefehlt!«
    »Oh, Volpino mio, du mir auch, du mir auch!«
    Giovanni Volpe hatte noch nie die Liebe einer Frau erfahren, außer der käuflichen, die man hastig für ein paar Lire im Bordell bekommen konnte. Sie war schön, seine Elena, noch schöner als die Frauen, die von einem gewissen Boccasile für die Zeitschrift Mode gezeichnet wurden (Giovanni kaufte sich die Illustrierte für die einsamen Nächte und masturbierte damit). Nach der langen Zugreise endlich in Mailand angekommen, war er gleich zu ihr geeilt. Es war noch heiß, als er endlich bei ihr ankam, und er war total verschwitzt, aber Elena schien sich daran nicht zu stören. Ihre enge Umarmung war so sinnlich, dass er sofort eine Erektion bekam. Lächelnd schmiegte sie sich noch enger an ihn. Giovanni hätte sie gerne sofort genommen – auf dem Sofa hier und jetzt – aber er traute sich nicht. Er war im Umgang mit ihr noch immer unsicher; mit der Zeit würde sich das allerdings legen, hoffte Giovanni.
    Sie hatten sich an San Ranieri in der florentinischen Del-Moro-Bar neben der Buchhandlung kennengelernt. Ihm war genauso heiß wie jetzt gewesen, und vor lauter Nervosität hatte er ohne Unterlass an seiner Nagelhaut gezupft. Er bereute es, dem deutschen Konsul jenen Vorschlag unterbreitet zu haben. Mittlerweile war die Situation so verfahren, dass er nicht mehr wusste, wie er aus der Sache heil wieder herauskommen sollte. Aus dem Augenwinkel hatte er die blonde üppige Frau bemerkt. Sie hatte ihm gefallen, Giovanni konnte sich jedoch nicht vorstellen, dass sie stehen bleiben würde, um ihn nach dem Weg zu fragen.
    »Entschuldigen Sie, sind Sie aus Florenz?«
    Giovanni war von ihrem Aussehen und dem Ton ihrer Stimme so verzaubert, dass er nur nicken konnte und seine Sorgen sofort vergaß.
    »Ich suche die Basilika Santa Maria Novella – können Sie mir sagen, wie ich dort hinkomme?«
    Er hatte sich vor lauter Aufregung verschluckt, da er mit einem einzigen Schluck seinen Cidre hinuntergestürzt hatte. Panisch hustend sprang er auf, während Elena sich setzte.
    »Danke, aber es wäre vollkommen ausreichend gewesen, wenn Sie mir einfach nur den Weg gezeigt hätten«, sagte sie lächelnd, als er sich wieder ein wenig beruhigt hatte.
    Giovanni konnte sich nur noch daran erinnern, dass er irgendetwas Banales gestammelt hatte; dann war er in ihren Augen versunken. Als sie sich vorstellte, bekam Giovanni sofort Angst, sie wieder zu verlieren.
    »Elena Russo«, sagte sie, »angenehm. Wissen Sie, ich bin zum ersten Mal in Florenz. Ich arbeite in der Präfektur in Mailand und habe mir ein paar Tage frei genommen. Und Sie? Was machen Sie hier? Außer husten und Damen den Weg erklären?«
    Elena lächelte und tat dies auch den ganzen restlichen Nachmittag über. Sie lächelte sogar, als er ihr vom Tod seiner Eltern und von seinen Träumen erzählte. Seiner Lebensgeschichte lauschte sie mit großen Augen und stellte ihm so viele Fragen, dass Giovanni sich ihres Interesses an ihm sicher war … Seit diesem ersten zufälligen Treffen trafen sie sich regelmäßig, und Giovanni verliebte sich nicht nur immer mehr in Elena – mit ihr lernte er die Liebe kennen. Nicht die literarische Liebe, die der Dichter und Poeten, der Philosophen und Schriftsteller – sondern die wirkliche Liebe, die aus Küssen, sich vereinenden Körpern und ganzer Hingabe besteht. Es war, als sei er durch Elena ein zweites Mal geboren worden, ohne den Makel des abgelehnten Waisen, dafür aber mit der Hoffnung auf ein gemeinsames Leben mit ihr. De Mola, seinem Meister, hatte Giovanni nichts erzählt. Warum er ihm diese Leidenschaft verheimlichte, wusste er selbst nicht. Vielleicht

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