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999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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Söhne Eurer Söhne – was würdet Ihr tun?«
    »Ich würde es hüten, als sei es das wichtigste aller Geheimnisse, und ich würde nur an meinen vorbestimmten Erben das Wissen darüber weitergeben«, erwiderte der Kardinal ohne zu zögern.
    »Auch das ist richtig. Und seht, so verhält es sich auch bei uns: Wir, die Kirche, sind eine Familie, Rodrigo, und ich bin der 213. Sohn. Ich bin der Hüter des Geheimnisses unserer Macht und unseres Ruins.«
    Borgia versteifte sich, und während Leidenschaft und Besonnenheit, die typischen Charaktereigenschaften seines Blutes, miteinander kämpften, versuchte er, in den Worten und Augen des Papstes den Hinweis auf eine Falle zu finden. Aber, bei Gott, Innozenz schien ehrlich zu sein.
    »Ich schlage Euch jetzt einen Pakt vor, Rodrigo. Ihr könnt dieses Zimmer verlassen, so frei, wie Ihr gekommen seid, und vergessen, was ich Euch gesagt habe. Solltet Ihr aber hier verweilen, öffne ich Euch die Siegel des Erbes, das jeder Papst seinem Nachfolger hinterlässt – mit all seinen Geheimnissen. Wenn Ihr mich überlebt, schwöre ich bei meinen Söhnen und meinem ewigen Heil, dass Ihr der nächste Papst sein werdet.«
    Der spanische Kardinal kniff seine Augen zusammen, bis sie nur noch zwei Schlitze waren. Entweder war Innozenz wahnsinnig geworden, oder seine Träume wurden gerade Wirklichkeit. Möglicherweise auch beides. Er faltete die Hände, aber nicht um zu beten. Seine Gedanken rasten, und es war nicht einfach, sie im Zaum zu halten. Er zwang sich jedoch zu Bedacht.
    »Ich möchte Euch zwei Fragen stellen, Giovanni, und dann werde ich meine Entscheidung treffen«, entgegnete Borgia mit fester Stimme. Ihr habt mir nur eine verschwommene Beschreibung des Geheimnisses geliefert, das Ihr mir aufdecken wollt. Gestattet mir die Frage: Warum wollt Ihr es mit jemandem teilen? Und: Warum gerade mit mir? Warum nicht mit Eurem Verbündeten della Rovere, der jetzt gewiss Höllenqualen erleidet, weil er mich in Privataudienz bei Euch weiß?«
    Innozenz lächelte, wenn er an die Qualen von della Rovere dachte, die dieser wahrscheinlich gerade wirklich durchlitt, weil jemand ihn heimlich unterrichtet hatte. Hauptsächlich lächelte er jedoch, weil er wusste, dass Borgia seine Entscheidung getroffen hatte.
    »Ihr tut gut daran, immer noch zu argwöhnen, aber ich hoffe, Ihr werdet meine Gründe dafür verstehen«, setzte der Pontifex an. »Das Geheimnis ist kein Geheimnis mehr, aber derjenige, der es entdeckte, ist sich des enormen Werts seiner Entdeckung nicht bewusst. Außerdem – und das ist noch viel wichtiger – wurde die Nachricht noch nicht verbreitet.
    Ich hoffe, Ihr versteht, was ich sage. Wenn Ihr schon kein Vertrauen habt, so habt, ich bitte Euch, wenigstens Geduld!«
    Borgia verschränkte die Arme vor seiner Brust.
    »Und all das«, Innozenz lächelte, »dank … eines Juden, denkt nur. Seht, ich bin seit einiger Zeit krank, und ich glaube, ich leide an einer leichten Form der französischen Krankheit. Wenn sie jedoch ausbricht, werde ich weder mich selbst noch die Kirche verteidigen können. Ihr kennt die Wirkungen dieses Morbus auf den Geist, nicht wahr? Er ruft Halluzinationen, Wahnsinn und Visionen hervor. In diesem Fall würde es nicht nur für mich eine große Gefahr darstellen, sondern für die gesamte Christenheit auf Erden. Darum brauche ich einen Verbündeten. Ihr habt mich gefragt, warum ich Euch auserwählt habe, und es ist richtig und redlich, dass ich Euch antworte. Ihr kennt die Antwort bereits, sie liegt nahe: Keiner meiner Söhne hat Eure Qualitäten, und della Rovere ist schon mächtig genug – außerdem machen seine Angewohnheiten ihn angreifbar und erpressbar für die vielen neugierigen Novizen, die um ihn herumscharwenzeln. Ihr hingegen könnt nur gewinnen und habt nichts zu verlieren: Folglich seid Ihr der, den wir brauchen, die Kirche und ich. Wenn Ihr bei Gesundheit bleibt und Ihr schließlich den Schlüssel des heiligen Petrus in den Händen haltet, werdet Ihr Euch schon zu benehmen wissen, ich bin mir sicher. Nun sagt mir: Bleibt Ihr? Hört Ihr mich weiter an?«
    Rodrigo Borgia stand auf, kreuzte die Hände auf dem Rücken und begann, unruhig im Zimmer umherzugehen. Er hatte seine Entscheidung bereits getroffen – und er wollte gleich beginnen, sich wie ein Papst zu benehmen. Dann setzte er sich wie die spanischen Ritter, mit einem Bein baumelnd, auf den Eichentisch.
    »Ihr ruft mich zum Kampf. Gut, so sei es. Und wenn ich Euch überlebe, werde ich mich

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