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999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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die Hosen gemacht vor Angst.«
    Der Kardinal fasste sich wieder an seinen Nasenhöcker und kniff die Augen zusammen, die immer kleiner wurden.
    »Ja, nun habe ich seinen Plan verstanden«, sagte Borgia ernst. »In Wahrheit wollte er den Disput um die Neunhundert Thesen nutzen, um die geheimen zu verbreiten. Und dann wäre alles zu spät gewesen, welch Aufsehen, welch Skandal … Wie ist es in Euren Besitz gelangt?«
    »Auch ich habe meine Spione und Methoden. Lasst mir wenigstens dieses kleine Geheimnis, Rodrigo«, sagte der Papst lächelnd. Innozenz zog es vor, die Umstände zu verschweigen, unter denen Fränzchen das Manuskript im Hause von Kardinal de’Rossi, dem Gastgeber Mirandolas, an sich gebracht hatte. Bestimmte Dinge taten selbst in dieser Allianz nichts zur Sache. Borgia fragte nicht weiter, aber einen Zweifel bezüglich der Echtheit des Manuskriptes hatte er schon.
    »Könnte es nicht eine kunstvolle Fälschung eines unserer Feinde sein?«, fragte der Kardinal skeptisch.
    »Es ist so echt wie Christus … nein, lassen wir ihn aus dem Spiel. Es ist so echt, wie wir, die wir hier miteinander sprechen. Mirandolas Plan war so perfekt wie seine unerhörte, ja fast dämonische Intelligenz, glaubt mir.«
    »Zweifellos. Ob sie von einem Engel oder einem Dämon kommt, ist unwichtig. Diese Ideen würden sich wie eine Seuche verbreiten, vor allem deshalb, weil sie so manchem zupasskämen, auch innerhalb der Kirche. Und alles, was wir zur Widerlegung vorbringen könnten, wäre die Verteidigung einer Todgeweihten.«
    »Wenn er es darauf anlegt, findet er viele Adepten in ganz Europa, die bereit wären, alles zu glauben – auch dass Gott die Gicht hat, nur um die römische Kirche in die Verdammnis zu stoßen.«
    »Vor allen Dingen im Deutschen Reich. Stellt Euch vor, wie viele Edelleute dort daran interessiert sind, unsere Autorität in Frage zu stellen. Wenn das Heilige Römische Reich nicht mehr existiert, sind auch die Kurfürsten von ihrem Gehorsam gegenüber dem Kaiser entbunden. Und sie würden sich ohne Zögern gegen uns wenden, nur um nicht abgesetzt zu werden. Aber Schluss jetzt, beendet Eure Lektüre und lasst uns darüber sprechen, wie wir dies alles verhindern können.«
    »Ich habe schon einige Ideen, Giovanni – seid zuversichtlich: Nur einmal im Lauf der Geschichte konnte David Goliath besiegen.«

Auf dem Weg nach Florenz
    Dienstag, 9. Januar 1487
     
    Es war bereits Abend, als die beiden Reiter die sanften Hügel von Fiesole am Horizont auftauchen sahen. Aus den Nüstern ihrer Pferde dampften Atemwolken, die in der beißend trockenen Kälte bis über ihre Köpfe stiegen. Die Reiter hielten an und blickten auf das Panorama, das sich ihnen bot: Weiter unten lag Florenz; man sah den Dom wie einen grauen Fleck, der sich vor den braunen Palästen und dem hoch aufragenden Stadtturm abhob. Die florentinische Republik: die Freiheit. Seitdem sie sich auf ihrem Territorium befanden, mussten sie sich nicht mehr verstecken.
    In Arezzo hatten sie sich getrennt: Der Kutscher hatte seinen Anteil bekommen und zusätzlich fünf Golddukaten für sein Schweigen. Damit würde er ein Gasthaus eröffnen und sesshaft werden. Ferruccio hatte die Kutsche gegen zwei robuste Maremmapferde umgetauscht, während Giovanni an der Porta Fiorentina auf ihn gewartet hatte. Da seine Liebesflucht mit Margherita, der Frau des mächtigen Steuereintreibers der Stadt, wahrscheinlich noch in aller Munde (und Ohren) war, schien es Giovanni nicht ratsam, sich dort blicken zu lassen. Allerdings sah Giovanni mit seinen abgeschnittenen Haaren und dem kurzen struppigen Bart nicht mehr aus wie der, der wenige Monate zuvor mit seiner Liebsten geflohen war.
    Nachdem sie die Stadt verlassen hatten, waren die beiden Männer dem Lauf des Arno gefolgt und hatten geschlafen, wo sich ein sicheres Versteck bot.
    Während sie nebeneinanderher ritten und über alle möglichen Themen diskutierten, hatte Giovanni die Vorzüge seines Reisebegleiters schätzen gelernt: Ritter de Mola verbarg hinter der harten Schale eines Kriegers eine sensible Seele und umfangreiche Kenntnisse der Religionen und Philosophien. Kraft und Ehrlichkeit waren rare Charaktereigenschaften, die sich selten in ein und demselben Menschen manifestierten – Giovanni fand jedoch beide in seinem Begleiter. Außerdem war de Mola fähig, sich mit Erfolg in einer dunklen und gefährlichen Welt zu behaupten. Trotzdem fühlte sich Giovanni in diesem Moment, vor der ganzen Erhabenheit der Kulisse

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