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999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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Ausland zu haben. Sogar der italienische König hatte seine Schätze in der Bank von England deponiert – in einer guten und stabilen Währung: dem englischen Pfund.
    Nun stellte sich der Soldat, der den Beamten begleitete, zwischen ihn und den Koffer und versperrte de Mola die Sicht. Giovanni konnte nur sehen, wie die kleinen verschwitzten Hände fahrig durch seine intimen Sachen wühlten. Er würde alle Kleider waschen, bevor er sie anzöge.
    Endlich wurde der Koffer zugeklappt; der kleine Mann machte eine leichte Verbeugung und schlug die Hacken zusammen.
    »Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt«, sagte er und hob seine Rechte. Giovanni war unschlüssig, ob der Beamte einen Hitlergruß andeutete oder ob die erhobene Hand als Geste der Entschuldigung zu deuten war.
    Sobald sie die Gegend zwischen Bissone und Melide überquert hatten, bereitete sich Giovanni auf den Ausstieg vor. An Gepäck hatte er nur eine schwarze Tasche aus Nappaleder und einen hellen Lederkoffer. In diesen beiden Gepäckstücken befanden sich die letzten 30 Jahre seines Lebens.
    Lugano war wie ausgestorben. Giovanni fand sofort ein Taxi, das ihn zum Hotel Villa Principe Leopoldo brachte. Vorsichtshalber hatte er im Voraus nichts gebucht – angesichts der verbotenen Preise und der Jahreszeit konnte er jedoch problemlos ein Zimmer für den ganzen Monat mieten.
    Giacomo ging auf die Terrasse, die auf den östlichen Seitenarm des Sees, in Richtung Italien, ging. Einige Minuten lang atmete er tief die feuchte Luft ein. Dann ging er in sein Zimmer zurück und ließ sich vom Empfang mit einer Nummer in Italien verbinden. Das Telefon klingelte, und er wartete, dass das Telefonat durchgestellt wurde.
    »Omega auf Basis«, sagte er und hängte auf. Dann legte er einige Papiere, zusammen mit seinem Scheckheft und etwas Bargeld, in den Zimmersafe und legte sich erschöpft aufs Bett.
    Nun blieb ihm nur noch zu warten. Wenn nichts dazwischenkäme, würde er am Montagmorgen auf die Bank gehen und das Buch holen.

Florenz
    Mittwoch, 24. Januar 1487
     
    Kurz vor zwölf Uhr mittags läuteten die Glocken eine Santa Reparata ein. Sie begann mit den Glocken des Santa-Maria-del-Fiore-Turms, dessen weißer Marmor in der kalten Wintersonne erstrahlte. Die Glocken im nahegelegenen braunen Marinella-Turm des Signoria-Palazzos, die im Angriffsfall die Garde herbeiriefen, antworteten prompt. Dann läutete die Volognana-Glocke der Bragello-Residenz. Normalerweise läutete sie nur bei den Enthauptungen, um dann, wenn der Kopf rollte, einen Schlag auszusetzen. Als Nächstes setzte das Geläut der San-Lorenzo-Kirche ein, dann die Glocken von Santa Maria Novella und Santa Trinità – so lange, bis ganz Florenz von den Glockenklängen erfüllt war. Die Menschen strömten auf die Straßen: Die Neugier war stärker als die Vorsicht; außerdem gingen alle davon aus, dass das Glockengeläute freudige Nachrichten verkündete.
    Von der Terrasse seiner zypressenumsäumten Villa in Fiesole konnte Giovanni auf Florenz blicken und die Wogen der Menschenmassen spüren, die in Richtung Zentrum strömten, um die Neuigkeiten zu erfahren. An allen strategischen Punkten der Stadt waren Boten positioniert. Giovanni war so versunken in diesen Anblick, dass er den Diener nicht bemerkte, der ihm einen Boten mit einer Missive von Lorenzo de’ Medici ankündigen wollte. Seit Tagen hatte Giovanni diesen Moment gefürchtet. Atemlos brach er das rote Siegel und las den Sendbrief: Der mächtige Herrscher von Florenz lud ihn zu einem Festmahl ein, und dort würde Lorenzo ihn sicher beiseitenehmen und über seine Flucht aus Rom ausfragen, dessen war sich Giovanni sicher.
    Der Bote fragte unterwürfig, ob Giovanni ihm die Ehre erweisen würde, ihm seine Antwort anzuvertrauen. Giovanni nickte, setzte sich an den Sekretär und schrieb sie schnell auf ein Blatt, das sein Wappen trug. Er faltete es zusammen, band eine Kordel darum, ließ den Siegellack schmelzen und brachte sein Siegel auf.
    Als sich der Bote entfernt hatte, nahm er die Missive nochmals zur Hand. Diese Einladung war das unglückseligste Ereignis, das er sich vorstellen konnte. Die Glocken von Florenz zeugten davon. Dann schrieb er eine weitere Nachricht, die er seinem verlässlichsten Diener gab und diesen anwies, sie so schnell wie möglich dem Adressaten zu überbringen.
    * * *
    Die Fassade des herrschaftlichen Palazzos schien zu brennen: Das dunkle Bossenwerk war von dem Schein Hunderter Fackeln erleuchtet; die größten von

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